Essen. Der Herr über 13 Autohäuser, privat Besitzer von Schloss Baldeney, wird sich in die Niederungen des Strafrechts herab begeben müssen. Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Friedrich Winkelmann erhoben.
Sie lautet auf Betrug, Subventionsbetrug, Steuerhinterziehung und Bankrott, bestätigte Bernd Bienioßek, Sprecher der ermittelnden Bochumer Staatsanwaltschaft, auf WAZ-Anfrage. Vor allem geht es um Winkelmanns Unternehmen MTW Motor Group GmbH, für das er im Mai 2008 am Amtsgericht Essen den Insolvenzantrag gestellt hatte. Aus Sicht von Anklägerin Katrin Drifthaus viel zu spät. Denn schon im August 2007 sei ihm die Überschuldung der Firma bekannt gewesen.
Zusammen mit seinem Steuerberater, einem 40-Jährigen aus Horst, dem die Anklägerin Beihilfe zu Winkelmanns Taten vorwirft, soll der 65 Jahre alte Werdener seine Bilanzen geschönt haben. Fahrzeuge seien in der Buchhaltung teurer aufgeführt worden, als es ihrem Wert entsprach. Auch die Bilanzsumme sei durch Luftbuchungen unzulässig um rund zehn Prozent auf 80 Millionen Euro erhöht worden. Dies alles, um den wahren Wert der MTW-Gruppe nicht zu offenbaren.
Als Betrugsopfer stuft die Staatsanwaltschaft auch das Land NRW und die Commerzbank ein. Winkelmann habe Ende 2007 bei der Bank einen durch eine Landesbürgschaft abgesicherten Kredit über 1,8 Millionen Euro beantragt und erhalten. Die schlechte Lage der Firma soll er verschwiegen haben. Durch die Insolvenz bekamen beide ihr Geld nicht zurück. Den Millionenbetrag soll er benötigt haben, nachdem seine Firma durch die Umstellung eines Prämiensystems des Autoherstellers Kia Probleme bekam. Seine Hausbank Sparkasse Essen habe weitere Kredite verweigert, weil Winkelmann ihr Unterlagen über die wirtschaftliche Lage der Firma verweigerte. Nach Erkenntnis der Ermittler hatte Winkelmann 2006 einen Fehlbetrag von 6,6 Millionen Euro nicht angegeben, 2007 von 8,9 Millionen Euro.
Winkelmann und sein Steuerberater weisen die Vorwürfe zurück und belasten sich gegenseitig. Ein schnelles Urteil wird deshalb in dem ab Herbst zu erwartenden Prozess vor dem Landgericht Bochum nicht zu erwarten sein. Die Anklage markiert für Winkelmann, der vom 1. August bis 11. November 2009 in U-Haft saß, einen tiefen Fall. Nachdem er in Stadtwald eine Lehre als Tankwart absolviert hatte, begann 1968 in Werden an der Velberter Straße sein steiler Aufstieg zum mächtigen Autohändler. Die Firma Mitsubishi zeichnete ihn mehrfach als „Dealer of the year“ (Händler des Jahres) aus. An 13 Stellen im Ruhrgebiet siedelte er Filialen an, 191 Mitarbeiter beschäftigte er.
Als angesehener Mann galt er, tummelte sich auf dem gesellschaftlichen Parkett. Da wunderten sich nur wenige, als er 1998 Schloss Baldeney kaufte und mit seiner „Lifestyle Group“ die dortige Gastronomie betrieb. „Vielleicht“, so sagte Winkelmann 2006, „werde ich eines Tages noch selbst im Schloss wohnen“. Jetzt taucht aber auch diese geschäftliche Aktivität in der Anklage auf, weil er das Unternehmen an einen Strohmann verkauft und die Insolvenz zu spät angemeldet haben soll. Ob all diese Vorwürfe zutreffen, wird das Bochumer Landgericht zu entscheiden haben.