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Nie zuvor traten so viele Menschen aus der Kirche aus, selten war das Vertrauen an einem solchen Tiefpunkt. Das Thema bewegt: Hier schreiben Leser, warum sie in der Kirche bleiben oder warum sie ausgetreten sind.

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Von DerWesten

Der Glaube an Gott, der aktuelle Zustand der Amtskirchen, die Welle an Kirchenaustritten - die Themen bewegen unsere Leser. Das merkt man an der regen Beteiligung an unserer WAZ-Aktion: Warum sind Sie aus der Kirche ausgetreten? Warum bleiben Sie der Kirche treu?, waren unsere Fragen. Unserer Leser setzten sich mit beeindruckender und teils bewegender Intensität auseinander. Vielen Dank dafür. Einen Überblick über die wichtigsten Meinungsäußerungen:

Ich bin raus:

„Ich bin als gläubiger Christ vor einigen Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten. Sie ist nicht die allein selig machende Kirche. Selig machen kann nur der Sohn Gottes allein. Der Papst bezeichnet sich anmaßend als Stellvertreter Christi auf Erden, hat sich jedoch stattdessen an die Stelle von Christus gesetzt. Zahlreiche Irrtümer der römisch-katholischen Kirche stimmen nicht mit der Bibel überein, beispielsweise: Anrufung der Heiligen , Fegefeuer ,Maria als Mittlerin ,Zölibat etc. Grundsätzlich hat sich an der Beurteilung Martin Luther’s bezüglich der katholischen Kirche bis heute nichts geändert.“ Reinhard Ilmer

„Auch wenn das Bistum künftig mit den Gläubigen und den Zweiflern „anders umgehen will“ - dies wäre eine erneute Lüge gegenüber den Schäfchen; denn die egoistische und herzlose 2000 Jahre dauernde Einstellung wurde erst kürzlich wieder von Overbeck im Fernsehen bekräftigt!!!“ Karin Anita Kulmakorpi

„Die Glaubensinhalte sind nicht glaubhaft. Die Sexualmoral der Kirche ist nicht vorhanden. Es ist seit Jahrtausenden ein prunkender,frauenverachtender Männer-Verein. Eine gute Predigt ist in der katholischen Kirche eher selten.“ möchte aus beruflichen Gründen anonym bleiben

„Ich bin bereits vor fast einem Vierteljahrhundert ausgetreten, obwohl ich aus einem katholischen Elternhaus stamme und vom katholischen Kindergarten über die katholische Volksschule bis zum Abitur auf dem bischöflichen Gymnasium in diesem Bereich unterwiesen wurde. Meine Gründe sind aber bis heute aktuell: Glaube an etwas Überirdisches sind des Menschen des 21. Jahrhunderts unwürdig. Die Kirche hat historisch viel Blut an ihren Fingern: Kreuzzüge, Hexenverbrennung, Entvölkerung fast ganzer Kontinente im Namen der Bekehrung. Die Kirche segnet Waffen, Kriege und Soldaten. Sie stellt sich als Wohltäter dar, etwa bei Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, etc., ist in diesen Fällen aber ein Geschäftsbetrieb. Sie ist auch heute für den millionenfachen Hunger- bzw. AIDS-Tod durch Festhalten an zweifelhaften Dogmen der Geburtenkontrolle verantwortlich. Sie ist intolerant: Unsere pluralistische und tolerante westliche Gesellschaft haben wir nicht durch die Religion, sondern trotz der Religion geschaffen. Dank sei der Aufklärung!“ Johannes Koch

„Wir haben kein Problem uns zum Kirchenaustritt zu bekennen: Es ging nicht um den Glauben, wir sind Christen; es ging keinesfalls um die paar Euro Kirchensteuer; es ging einfach um die verlogene katholische Kirche, um ihre Frauenfeindlichkeit, um ihre Selbstgerechtigkeit, um ihr Machtgehabe und ihr realitätsfremdes Leben, um ihre Menschenverachtung. All das im Namen Gottes ? Niemals !! Wenn wir nicht vor vier Jahren ausgetreten wären, wären wir heute ausgetreten!! Die katholische Kirche hat unseren Glauben bestärkt, aber nur insofern, dass ehrlicher ist, wenn man nicht mehr Mitglied dieser „Gemeinschaft“ ist.“ Manfred und Iris Hentrich

Ich bleibe drin

„Ich halte der katholischen Kirche trotz der vielen negativen Schlagzeilen die Treue: Ich sehe mich selbst als einen Teil dieser Kirche, als einen lebendigen Baustein. Als dieser Baustein kann ich mit anderen gemeinsam an dem Reich Gottes bauen. Ich bin so vermessen zu glauben, dass es bei diesem Bau auch auf mich ankommt!“ Barbara Peters

„Kirchliche Amtsträger mit Fehlverhalten darf es nicht geben, sie hat es aber zu allen Zeiten gegeben. Die berühmteste Gestalt ist Petrus, der den Herrn dreimal verleugnete. Nur weil manches nicht in Ordnung ist, trete ich nicht aus! Nach einem Streit lassen Eheleute sich auch nicht gleich scheiden. Ich bleibe. Die Kirche hat auf Grund ihrer zu befreienden Botschaft nicht nur in früherer, sondern auch in jüngster Zeit großartige und vorbildliche Persönlichkeiten hervorgebracht (z.B.Elisabeth von Thüringen, Dietrich Bonhoefer, Mutter Theresa usw.). Außerdem bin ich davon überzeugt, dass ich innerhalb der Kirche es leichter habe, Kritik äußern und Verbesserungsvorschläge machen zu können.“ Gr. Heinrichs

„Natürlich bleiben wir in der Kirche. Gottes Bodenpersonal ist und war kirchengeschichtlich nie ohne Fehler. Die tiefe Krise ist auch hausgemacht. Die Kirche beschenkt aber auch reich und das täglich. In der Gemeindearbeit zeigt sich Nächstenliebe pur im unermüdlichen Einsatz etwa der Caritas in Form von Kranken- und Seniorenbesuchen. Das Thema Armut inmitten unserer reichen Gesellschaft nehmen viele Ehrenamtler engagiert ernst. In der Jugendarbeit lernen Kinder und Jugendliche täglich Respekt, Kreativität, Engagement und Eigenverantwortung. In der Seelsorge werden persönliche Nöte und Krisen begleitet. Selbstverständlich in der Kirche zu bleiben, sonntags in der Kirche die Eucharistie, die Kommunion (Gemeinschaftsmahl) zu feiern, ist ein wertvoller Schatz in unserem Leben.“ Arnd Brechmann

„Mit Freuden schreibe ich, warum ich in der Kirche bin und es auch bleibe. Kindheit, Jugend und Erwachsenenzeit waren von der Kirche positiv geprägt. Freizeitaktivitäten - Musik - Auf-Fahrt-Gehen - Ausgelassenheit - Ernst - Meditation - die Welt entdecken: das alles verdanke ich kirchlichen Gruppen und manch gutem Priester. Die Kirche hat meinen Horizont geweitet und mich bis heute neugierig gemacht auf Lebenszusammenhänge. Natürlich gab’s Enttäuschungen.Vielleicht wünscht man sich als Priester mehr den „Don-Camilo-Typ“ als den bürokratischen Vorschriftenerfüller. „Die da oben“ - Rom oder Bistum, sind nicht so wichtig, wie die Kirche vor Ort. Darum: Haut rein, liebe Kirchenfreunde. Spuckt in die Hände.Macht den Kahn wieder flott. Er hat es allemal verdient.“ Jochen Kabisch

„Wenn immer behauptet wird, die Kirchen würden zu wenig auf die Menschen zugehen, so gilt aber genauso zutreffend das Gegenteil: Jeder einzelne muss auch auf die Kirche zugehen. Ich habe das mit meiner Anmeldung am Bischöflichen Abendgymnasium getan. Wie sich später herausstellen sollte, war es eine meiner ganz wichtigen und nachhaltig wirkenden Entscheidungen meines Lebens. Meinen hervorragenden Lehrern wie der kath. Kirche bin ich für die vielen richtungsweisenden Anregungen auch heute noch sehr dankbar. Heute weiß ich, welch ein Schatz an religiösen und humanen Werten uns vermittelt wurde.“ Elmar Eissing

„Ich bin seit meiner Geburt Mitglied der katholischen Kirche und fühle mich dort gut aufgehoben. Wer über die Kirche schimpft, sollte sich einmal fragen, was er zur Verbesserung getan hat. Nur meckern, hilft nicht, ich muss mich auch einbringen. Nach dem leider viel zu frühen Tod meines Mannes habe ich durch meinen Glauben, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, was die Amtskirche sagt, Kraft und Stärke, auch bei anderen Mitgliedern der Kirche, gefunden.“ Rosemarie Buers