Essen.
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat einen 66-jährigen Priester mit sofortiger Wirkung beurlaubt, da die Staatsanwaltschaft wegen sexuellen Missbrauchs gegen den Geistlichen ermittelt. Opfer soll ein 16-Jähriger sein.
Die Staatsanwaltschaft Essen wirft dem Essener Domkapitular Rainer A. sexuellen Missbrauch zum Nachteil eines 16-Jährigen vor. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat den 66-Jährigen Priester von allen seinen Diensten beurlaubt. „Wir haben den Erlass eines Strafbefehls beantragt“, bestätigte Oberstaatsanwalt Wilhelm Kassenböhmer das Verfahren. Weder Staatsanwalt noch Bistum machten am Donnerstag aber Angaben zur Person.
Die Tat ereignete sich einen Tag nach Weihnachten in der Wohnung des Geistlichen. „Aber das war nicht der typische Fall: Priester missbraucht Kind“, sagt Stephan Holthoff-Pförtner, Rechtsbeistand von Rainer A. Zum Verhängnis sei dem Geistlichen geworden, dass er dem 16-jährigen Türken kurdischer Herkunft auf dessen Wunsch Geld gegeben habe. Als dessen Familie das Geld entdeckt habe, habe ein Angehöriger Anzeige erstattet.
Priester muss sich auf innerkirchliches Verfahren einstellen
Über den Strafbefehl, der eine Geldstrafe in Höhe von mehr als 90 Tagessätzen vorsieht und dazu führen würde, dass A. vorbestraft wäre, ist bislang nicht entschieden. „Der Täter muss aber geständig sein, sonst würde es bei diesem Delikt niemals einen Strafbefehl geben“, erläuterte Presserichter Gerd Richter vom Amtsgericht in Essen. Die Entscheidung soll in der kommenden Woche fallen.
Rainer A., der Kulturhauptstadtbeauftragter und Vorsitzender des Kunstvereins im Bistum Essen ist und bis Dezember 2008 acht Jahre lang als Offizial das kirchliche Gericht leitete, muss sich auch auf ein innerkirchliches Verfahren einstellen. Nicht nur kirchliche Titel und Ämter könnten dabei aberkannt werden, sondern auch Pensionsansprüche.
Gemäß der „Verfahrensordnung bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche“ ist A. auf jeden Fall bis zur Aufklärung und zum Abschluss aller Verfahren beurlaubt. Er selbst habe, so das Bistum, auf alle Ämter verzichtet.
Das kirchliche Verfahren sieht aber nicht nur Sanktionen gegen den Täter wegen der Straftat vor, sondern auch eine „seelsorgliche Begleitung des Opfers“ und seiner Angehörigen durch einen Bischöflichen Beauftragten. Dies dürfte im vorlegenden Fall nicht nur wegen des Strichermilieus äußerst schwierig werden, sondern auch, weil das Opfer muslimischen Glaubens ist.