Essen. Nach knapp vierwöchigem Alltagsbetrieb wird der für knapp 60 Millionen Euro renovierte Hauptbahnhof am Samstag mit einem Festakt offiziell eröffnet. Nach anfänglich massiver Kritik an der geplanten Gestaltung des Bahnhofs vor und während der Bauarbeiten hat die Stadtspitze nun offensichtlich ihren Frieden mit dem Projekt geschlossen.

„Essen hat ein neues Aushängeschild, wir können die Kulturhauptstadt-Gäste würdig begrüßen“, sagte Hans-Jürgen Best, bisher einer der skeptischen Rathaus-Verantwortlichen in Sachen Bahnhofsumbau. „Wenn man eine realistische Messlatte angesichts der beschränkten finanziellen Möglichkeiten anlegt, dann ist das, was erreicht worden ist, vorzüglich. Wer sich nur einen Ford Focus leisten kann, kann keinen Maybach erwarten.“

Auch Baudezernentin Simone Raskob lobt die Bahnhofshalle als hell und freundliche. „Es ist nicht der Jahrhundertbahnhof geworden, aber die Aufenthaltsqualität hat sich für die Bahnkunden deutlich erhöht. Ohne die Kulturhauptstadt hätten wir das alles nicht bekommen.“ Die Planer der Bahn seien zu loben, dass sie die Renovierung in so kurzer Zeit pünktlich zum Kulturhauptstadtjahr fertiggestellt haben. Wenn erst einmal die Vorplätze mit hochwertigen Granitplatten belegt seien, dann hätte Essen insgesamt ein schmuckes Eingangstor für die Stadt.

Stadt drängt auf schönere Bahnsteig-Böden

Verhaltener äußert sich Oberbürgermeister Reinhard Paß. „Mit dem Ergebnis kann man leben“, stellt Paß nüchtern fest - und kritisiert im Rückblick die langen Debatten um einen komplett neuen Bahnhof: Die früheren Pläne einer gigantischen, beeindruckenderen Lösung „haben uns lange den Blick für das Machbare verstellt“.

Deutlich Kritik gibt es von den Stadtoberen allerdings noch zur Gestaltung der Bahnsteige. „Wir erwarten, dass die Bahn im nächsten Jahr den Bodenbelag auf den Bahnsteigen nachbessert“, sagen Raskob und Best. Nach Informationen des Planungsdezernenten hat die ausführende Firma ein falsches Material für den aus Teer bestehenden Belag verwendet. Das Material sei zu porös, so dass Flecken kaum entfernt werden können. Zudem sei es falsch verlegt worden, so dass sich in der Mitte der Bahnsteige Regenwasser sammele. Die Bahn befindet sich derzeit im Gutachterstreit mit der Firma.

Bahnhof ist zum Einkaufszentrum mutiert

Ein harter Gegner der Neugestaltung des Bahnhofs bleibt allerdings die Stadtkultur-Initiative „Essen 2010“, die der Bahn AG vorwirft, sie habe mit überwiegend öffentlichem Steuergeld „ein Einkaufszentrum mit Gleisanschluss“ zur Erhöhung ihrer Privat-Rendite geschaffen. „Das ist ein Skandal, der gerade den Petitionsausschuss des Bundestages beschäftigt“, sagt Axel Wiesener, einer der Initiativ-Sprecher. Von den 60 Millionen Baukosten seien nur 16,7 Millionen (knapp 30 Prozent) von der Bahn getragen worden, der Rest sei vom Bund (35,2 Millionen) und von NRW (5,1 Millionen) entrichtet worden.

„Es gibt in der ganzen Halle keinen öffentlichen Raum für nicht-konsumierende Reisende mehr“, schimpft Axel Wiesener von der Initiative. „Man hat eine Ladenstraße gebaut, an der Reisende auf langen Wegen gezwungen werden, vorbeizulaufen, weil das Reisezentrum außerhalb der Halle verlegt wurde. Ob der Verkauf von Schuhen in einem Bahnhof sinnvoll ist, ist doch nun wirklich höchst zweifelhaft.“

Immerhin lobt Wiesener die Ausführungsqualität: Die satinierten Glaswände und die Fliesen seien ganz ordentlich.