Essen. .
Ihre Macher sagen, dass die Kohlenwäsche selbst das stärkste Exponat des neuen Ruhr-Museums auf Zollverein ist. In dem neuen Augenstern der Essener Kulturszene gehen Architektur, Geschichte und Kunst eine einzigartige Symbiose ein - und zeigen, wie einzigartig das Ruhrgebiet ist.
Als das Ruhrland-Museum 1984 sein neues Haus an der Alfredstraße bezog, war für die Zukunft vieles denkbar - nicht aber, dass man sich eines Tages in der Kohlenwäsche der damals noch arbeitenden Zeche Zollverein wiederfinden würde. Und doch - genau so ist es gekommen. Am Freitag konnten die stolzen und ein bisschen ergriffenen Macher das neue „Ruhr Museum“ pünktlich präsentieren.
55 Millionen Euro wurden verbaut, um das Gebäude, das eigentlich eine große Maschine ist, in ein funktionierendes Museum zu verwandeln, Geld, das zu 90 Prozent vom Land und der EU kam. Ab Sonntag sind auf drei großzügigen Ebenen 5000 eigene Exponate und 1000, teils spektakuläre Leihgaben zur Geschichte und Gegenwart des Ruhrgebiets zu bewundern. Um es vorweg zu nehmen: Dieses Haus ist ein großer Wurf geworden, qualitätvoll bis in die Details, populär und doch wissenschaftlich. Ein Museum für alle.
„Stärkstes Exponat ist die Kohlenwäsche selbst“
Dabei war die Aufgabe alles andere als leicht. „Das stärkste Exponat ist ja die Kohlenwäsche selbst“, brachte es Prof. HG Merz auf den Punkt, der das das Gestaltungskonzept erarbeitete Die verbliebenen gewaltigen Maschinen sollten weder verleugnet werden noch durften sie natürlich den eigentlichen Stücken die Schau stehlen. Der Spagat ist entgegen der Bedenken von Denkmal-Puristen gelungen. Die Ausstellung übernimmt die Raumstrukturen, schafft mal große Erzähl-Strecken, mal kleine, fast intime Kabinette, in denen Exponate Platz finden, die nichts oder wenig mit dem Ruhrgebiet zu tun haben. Man vergisst gelegentlich, dass in Essen bedeutende archäologische und naturkundliche Sammlungen existieren, die zum Teil erst in der Kohlenwäsche zur vollen Geltung kommen.
In der Abteilung für Sozialgeschichte des Ruhrgebiets haben die Macher um Museumsdirektor Ulrich Borsdorf erneut ihr Händchen für das Plakative und das Leise gleichermaßen bewiesen. So hat etwa die original Kommissar-Schimanski-Jacke endlich einen Platz gefunden, einige Meter weiter bewegt ein durch jahrzehntelange harte Arbeit hauchdünn gewordener Ehering einer Arbeiterfrau, drapiert auf einem kleinen weißen Kopfkisssen - das ist Kitsch, aber schöner.
Mittelalterliche Star-Exponate gibt es auch: etwa ein karolingisches Evangeliar aus dem 8. Jahrhundert und den Kelch des heiligen Ludger aus Werden. Und mit den vier Öfen aus dem „Küchen-Karrussel“, eine Art Wahrzeichen des früheren Ruhrland-Museums, sind auch alte Bekannte zu entdecken. Die dazugehörigen Küchen, die die soziale Schichtung verdeutlichten, sind allerdings nicht wieder erstanden.