Essen. Der durch die Wirtschaftskrise verschärfte Konkurrenzdruck in der Essener Hotellerie nimmt nach Einschätzung von Branchenexperten in den nächsten Jahren nochmals deutlich zu - Konsequenz: Sinkende Zimmerpreise und schlechtere Belegung.
Vor allem die finanziell eher schwachbrüstigen Einzelhoteliers müssen sich auf harte Jahre einstellen. Dieser Ansicht ist der Wuppertaler Christian Schollen, Geschäftsführer der bundesweit tätigen Schollen Hotelentwicklung GmbH.
Grund ist nach seiner Analyse des Hotelmarktes in Essen der geplante Zuwachs an neuen Hotelbetten, mit dem die Nachfrage von Übernachtungsgästen erst einmal nicht mithalten könne. Denn alle Hotelvorhaben zusammen summierten sich nach seiner Berechnung auf 1200 neue Zimmer mit 2400 Betten. „Auch wenn man unterstellt, dass nur 600 dieser Zimmer mit 1200 Betten innerhalb der nächsten vier Jahre verwirklicht werden, bedeutet dies ein Anstieg des Bettenangebots um 35 Prozent im Vergleich zu 2008 - dies wäre dann mehr als der Zuwachs in den gesamten vergangenen 20 Jahren“, sagt Christian Schollen.
Privathoteliers werden in Mitleidenschaft gezogen
In Nordrhein-Westfalen hat sich der Hotelmarkt seit 1988 besonders dynamisch in der Landeshauptstadt Düsseldorf entwickelt. Alleine in den fünf Jahren von 2003 bis 2008 stieg die Bettenzahl dort um 30 Prozent, in Essen jedoch nur um zehn Prozent.
Doch jetzt holt die Kulturhauptstadt des Jahres 2010 auf - mit mehreren Projekten: Anfang 2010 eröffnet das Vier-Sterne-Superior-Hotel an der Messe mit 248 Zimmern; die Billighotel-Kette Motel One engagiert sich im Herold-Haus mitten in der Innenstadt; ThyssenKrupp ist weiterhin fest entschlossen, ein 190-Zimmer-Vier-Sterne-Haus nahe ihrer neuen Essener Zentrale zu bauen; ein weiteres Vier-Sterne-Hotel soll im neuen Uni-Park zwischen Limbecker Platz und Universität entstehen. Zudem soll das neue Hochhaus an der Kruppstraße nahe Hauptbahnhof nicht nur Büroräume bieten, sondern auf 11 000 Quadratmetern auch ein Hotel, dessen Betreiber bereits gefunden sein soll.
In Mitleidenschaft gezogen werden von dem Bettenboom vor allem Privathoteliers. „Als Einzelkämpfer können sie diesem Druck oft nicht über einen längeren Zeitraum standhalten“, meint der Hotelmarktanalyst. Dies gelte vor allem für Häuser im Modernisierungsstau oder in einer benachteiligten Lage. Selbst Ketten- und Markenhotellerie werde angesichts einer so dynamischen Entwicklung des Hotelangebots erst einmal Schwierigkeiten bekommen.
Vernastaltungspotenzial besser ausschöpfen
Gleichwohl sieht Schollen die Hoteltrends insgesamt für Essen durchaus positiv, wenn sich nach einiger Zeit die Nachfrage wieder stabilisiert - was er angesichts der derzeit schwunghaften Stadtentwicklung (Einkaufszentrum, Kongresszentrum, ThyssenKrupp-Quartier) als wahrscheinlich einstuft. Denn der Zuwachs an guten Hotels sei Voraussetzung, um übernachtungs-intensive Großveranstaltungen mit ausländischem Publikum nach Essen zu locken. Die neuen Hotels stärkten Essen als „Hotelstandort Nummer eins in der Metropolregion Ruhr“ und als „internationales Messe- und Kongress-Ziel“.
Die Hotelbranche muss darauf hoffen, dass Essen sein Veranstaltungspotenzial aus eigener Kraft künftig besser ausschöpft, weil wohl auch noch die Zahl der bisher üblichen Übernachtungen auswärtiger NRW-Besucher in Essen bei ausgebuchten Messen und Hotels in Düsseldorf abnehmen wird - denn dort wurde das Bettenangebot ja schon stark gesteigert.