Essen. Am 10. November begannen die Studentenproteste an der Universität Duisburg-Essen (UDE) mit der Besetzung der beiden Hörsäle an Schärfe zu gewinnen. Am Donnerstag tagt die Kultusministerkonferenz in Bonn, um über den langen Wunschzettel der Schüler und Studierenden zu beraten.

WAZ-Mitarbeiter Sinan Sat sprach mit Professor Dr. Franz Bosbach, Prorektor für Studium und Lehre der UDE, über die Situation an der Hochschule und die Forderungen der Studenten.

Heute konferieren in Bonn die Kultusminister der Republik. Was erwarten Sie von der Konferenz?

Ich denke die Kultusministerkonferenz wird sich zu den Anliegen der Studierenden äußern. Eine grundsätzliche Unzufriedenheit bezüglich der Studienbedingungen, die parallel zu der Kritik am Bologna-Prozess existiert, dürfte auch den Ministern nicht neu sein.

Halten Sie die Kritik an der Umsetzung des Bolonga-Prozesses, mit Einführung des BA-/MA- Systems für gerechtfertigt?

Mit pauschalen Aussagen muss man vorsichtig sein. Das sind wir Wissenschaftler aber immer. Die Kritik bezieht sich ja nicht grundlegend gegen den Bachelor und Master. Keiner, auch keiner unserer Studenten, will den Prozess rückgängig machen und zurück zum Diplom und Magister. Es geht vielmehr darum, wie die Studiengänge jetzt konzipiert sind. Unser Kernanliegen ist es, den Studierenden eine angenehme Studiensituation zu gewährleisten. Allerdings sind viele Details, die Gegenstand der Kritik sind, zurückzuführen auf politische Vorgaben. Wir müssen uns an diese Vorgaben halten.

Was können Sie denn konkret an der UDE ändern?

Wir können uns zunächst mal auf das Studienangebot konzentrieren und die Rahmenbedingungen verbessern. In anderen Bereichen sind wir machtlos. Da ist die Politik gefragt. Man darf nicht vergessen, dass wir ein Strukturproblem haben. Die Zahl der Studierenden, die auf einen Professor fallen, hat sich seit 1975 fast verdoppelt, von 35 auf 68 Studenten pro Hochschullehrer. Seit Jahren leiden wir hier unter einer Überbelastung. Über kurz oder lang muss sich die Politik damit beschäftigen.

Hausgemachte Probleme haben wir auch. In der Konstruktion der Bachelor-/Master-Systeme und der Curriclumsentwicklung sind in der ersten Phase sicherlich auch Fehler gemacht worden. Zu hohe Prüfungsdichten und zu eng gepackte Präsenzveranstaltungen beispielsweise. Wir denken hier aber schon länger darüber nach, was man verbessern kann. Wir haben Umfragen gemacht und dabei Dozenten und Studenten gefragt was gut läuft und was nicht. Als nächstes werden die Ergebnisse ausgewertet und Konzepte zur Verbesserung erstellt.

Masterplatzgarantie und kostenloses Studium sind Kernelemente der studentischen Forderungen. Wie realistisch ist das?

Das Thema Gebühren ist natürlich immer in der Diskussion. Ich kann ihnen garantieren, dass, wenn wir die Beiträge in dieser Höhe nicht erheben würden, wir einen klaren Wettbewerbsnachteil in Duisburg und Essen hätten. Alles andere ist eine politische Frage. Plakative Forderungen, wie die nach der Masterplatzgarantie, zeigt die Unsicherheit der Studenten. Sie wissen nicht, ob sie mit dem BA einen Arbeitsplatz finden, ob sie sich etablieren können und ob sie später zurück an die Uni können, um den Master nachzuholen. Gerade das ist aber das Idealbild von Bologna, und das wollen wir auch erreichen. Wir sind in der Tat in einer Anlaufphase, in der die Industrie registrieren muss, dass es Bologna gibt und ihre eigene Einstellungspolitik verändern.

Die Studenten fordern auch mehr Mitbestimmungsrecht bei der Wahl des Rektorats, der Satzung und der Haushaltsbestimmung der Uni. Ist das realistisch?

Derzeit halte ich das für utopisch. Das Verantwortungsprinzip ist wichtiger als das Partizipationsprinzip. Im übrigen sitzen in allen Gremien auch studentische Vertreter.