Essen. Auf dem Weihnachtsmarkt werden Figuren einer Firma verkauft, deren Chef bekennendes Mitglied bei Scientology ist. Nach Wissensstand des Essener Vereins "Sekten-Info NRW" gebe es keine Hinweise, dass Werbung für die Sekte betrieben werde.

Ein Stand auf dem Weihnachtsmarkt am Willy-Brandt-Platz (vor Galeria Kaufhof) ist in die Diskussion geraten. Dort werden so genannte „Kumquats“-Handpuppen verkauft. Sie werden in einer Firma in Süddeutschland hergestellt, deren Inhaber bekennendes Mitglied der Psycho-Organisation „Scientology“ ist. Wer die Puppen kauft, unterstützt offenbar „Scientology“ indirekt. Stadt und Marktveranstalter „Essen Marketing“ kennen das Problem, sehen aber keinen Handlungsbedarf.

Handpuppen namens Kumquats

Ortstermin: Dienstagmittag, Willy-Brandt-Platz. Es regnet, doch immer neue Busladungen von Besuchern strömen herbei. Aus den Lautsprechern tönt „Macht hoch die Tür“, die Leute essen Poffertjes mit Eierlikör für drei Euro. Glühwein fließt, die Menschen lachen. Eine Damengruppe geht an Stand Nummer 147 vorbei, schaut in die Auslagen: „Wie süß!“ rufen sie. Dort werden Handpuppen verkauft mit dem lustigen Namen „Kumquats“, die größten kosten 139 Euro, die kleinsten 39,90. Besonders beliebt: Puppe „Lucy“ mit orangefarbenen Haaren und fröhlich grün-orange karierten Anziehsachen.

Dabei sorgen die Puppen deutschlandweit seit Jahren für Ärger - jetzt auch in Essen, nachdem bekannt wurde: Der Chef der Herstellerfirma „Bodrik“ im schwäbischen Ölbronn (60 km von Stuttgart entfernt) ist bekennender Scientologe. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass angeblich 15 Prozent des Verkaufserlöses der „Kumquats“ an die Psycho-Organisation gehen würden. Ein Sprecher der Firma - auch er ist Mitglied bei Scientology - bestreitet das: „Völliger Quatsch. Bei uns finden regelmäßig Finanzprüfungen statt, es sind noch nie Unregelmäßigkeiten festgestellt worden.“

Religions- und Meinungsfreiheit

Sabine Riede vom Essener Verein „Sekten-Info NRW“ stellt klar: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass am Stand direkte Werbung für Scientology gemacht wird.“ Sie betont aber: „Jedes Scientology-Mitglied ist zu hohen Spenden und zur Mission verpflichtet. Wer die Puppen kauft, unterstützt damit Scientology ganz sicher indirekt.“ Veranstaltet wird der Weihnachtsmarkt von der „Essen Marketing GmbH“. Sprecher Carsten Hein: „Auch für Scientologen gilt Religions- und Meinungsfreiheit. Die Betreiber von Weihnachtsmarkt-Ständen müssen uns nicht ihre religiöse Orientierung darlegen.“ Detlef Feige, Sprecher der Stadt, stellt klar: „Uns gefällt die Sache auch nicht. Wir können dem Betreiber aber wegen seiner Scientology-Aktivitäten nicht den Stand verbieten. Sonst klagt er und bekommt Recht.