Dortmund/Essen. .
Vor dem Landgericht Dortmund beginnt im Herbst ein Prozess gegen drei kroatische Staatsangehörige aus Essen und Dortmund, die in Verdacht stehen, eine Bande von Kinder und Jugendlichen beim Taschendiebstahl dirigiert und kontrolliert zu haben.
Seit 2009 war im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeiinspektion Dortmund eine steigende Anzahl von Taschendiebstählen mit anschließendem EC-Karten-Betrug an Geldautomaten aufgefallen. Ein Abgleich mit den Erkenntnissen der Kommissariats 33 der Dortmunder Polizei ergab ein ähnliches Bild, sagt Oberstaatsanwältin In Holznagel zur Ausgangslage der Ermittlungen. Auch im Stadtgebiet Dortmund war es zu einer Vielzahl von Diebstahlshandlungen mit anschließendem Computerbetrug gekommen.
Opfer waren meist ältere Frauen. Viele befanden sich auf dem Weg in den Urlaub und führten deshalb Koffer, Handgepäckstücke und auch höhere Geldbeträge sowie Bankkarten aller Art mit sich. Die Diebstähle wurden meist beim Einstieg in die Züge oder auf dem Weg zum Bahnsteig vorgenommen und von den Geschädigten in der Regel nicht bemerkt. Tatverdächtige waren – soweit man ihrer hatte habhaft werden können - vornehmlich weiblichen Personen im Kinder- und Jugendalter.
Eine Ermittlungskommission machte sich an die Arbeit und nahm Tatorte und Tatverdächtige ins Visier auf der Suche nach den Hintermännern. Denn dass es Hintermänner geben musste, lag angesichts des „modus operandi“ auf der Hand: Die jungen Täterinnen traten bei den Diebstahlshandlungen koordiniert mit bis zu 4 Personen auf.
Bargeldschaden rund 500 Euro pro Fall
Sie waren mit Jacken oder Zeitschriften zur Abdeckung der Diebstahlshandlungen ausgestattet. Sie hatten Taschen mit Kleidungsstücken oder anderen Utensilien wie Haarspangen, Haarbändern, Sonnenbrillen, Basecaps, Hüten, ja sogar Perücken bei sich, um nach der Tatausführung schnell ihr Aussehen verändern zu können. Lange Haare waren vor den Diebstahlshandlungen zu Zöpfen gebunden. Nach den Taten wurden die Zöpfe rasch geöffnet und die Kleidungsstücke wurden gewechselt. So blieben die Taten vielfach unbemerkt.
Verdeckte Ermittlungen bestätigten bald den Verdacht, dass sich jeweils noch weitere, männliche Bandenmitglieder im näheren Umfeld des Tatortes aufhielten. Sie beobachten das Umfeld nach möglichen Zivilfahndern, gaben heimlich Anweisungen und entschieden darüber, ob die Täterinnen noch weitere Straftaten begehen mussten oder nach Hause kommen dürfen.
Am 23.März vollstreckten Einsatzkräfte der Bundes- und Landespolizei in den frühen Morgenstunden in Dortmund und Essen fünf Haftbefehle. Unter den Festgenommenen befanden sich auch drei mutmaßliche Drahtzieher der Bande, drei Männer im Alter von 23, 24 und 40 Jahren, sämtlich aus Kroatien stammend.
Festgenommen wurde auch eine 17 Jahre alte Bosnierin, die im Beisein Ihrer Verteidigerin eine Vielzahl von Taten einräumte und den Hergang schilderte. Die 17jährige wurde bereits im Juni 2010 zum Jugendschöffengericht in Dortmund angeklagt. Gegenstand der nunmehr gegen die Hintermänner erhobenen Anklagen sind mehr als 50 Fälle bandenmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs, in wechselnder Tatbeteiligung. Allein der Bargeld-Schaden beläuft sich auf durchschnittlich 500 Euro pro Fall.