Auf Dutzenden von Seiten hatte die Bahn AG den „Fahrplan Loveparade“ zwischen Samstag 8 und Sonntag 10 Uhr erfasst. Doch die blauen Blätter flatterten am Nachmittag in großen Stapeln herum wie Altpapier; Die Todesfälle von Duisburg hatten sie zu Makulatur gemacht.

Zumindest am Essener Hauptbahnhof war die Anreise des Paraden-Publikums lange wie geplant abgelaufen. Dutzende von Service- und Sicherheitskräften standen auf den Bahnsteigen Richtung Duisburg verteilt und sorgten dafür, dass sich an den überfüllten Bahnen die Türen schlossen, damit die Züge so schnell wie möglich aus dem Bahnhof rollten.

Gegen 16 Uhr gab es die befürchtete Nachricht aus Duisburg: Weil dort am Hauptbahnhof Menschen über die Gleise eine Abkürzung zum Festivalgelände suchten, ließ die Bundespolizei die Strecke sperren. Vom überfüllten Bahnsteig strömten die Besucher Richtung Freiheit, weil die Bahn ihnen dort Busse versprochen hatte. Die kamen kurz darauf auch und wurden mit Jubel von denen begrüßt, die ausgeharrt hatten. Ein Teil der Besucher war schon wieder Richtung Gleis 1/2 zurück gestürmt, weil es hieß: Die Züge rollen.

Als die ersten Nachrichten von den tödlichen Unfällen in Duisburg einliefen, war der Fahrplan vollends über den Haufen geworfen. Die Rückreise der Besucher würde viel früher und massiver einsetzen als geplant - und sich zudem noch überschneiden mit dem immer noch andauernden Anreiseverkehr.

Jetzt bekamen die Service-Teams in den orangefarbenen Leibchen einen klaren Kampfauftrag: So schnell wie möglich sollten die Reisenden aus dem Bahnhof geschleust werden, um Panik und Überfüllungen zu vermeiden.

„Ein Zugverkehr nach Duisburg ist nicht möglich.“ „Der Bahnhof Duisburg wird zur Zeit nicht angefahren“, hießen gegen 20 Uhr die häufigsten Durchsagen auf den Gleisen. Und, eine glatte Notlüge: „Der Veranstalter der Loveparade hat die Veranstaltung für beendet erklärt.“

Die Bahnhofsmission alarmierte weitere ehrenamtoliche Helfer, die Reisende auf den Bahnsteigen über die Möglichkeiten zur Weiterfahrt informieren sollten. Doch das erwies sich als fast unmöglich: Die Zugführer wussten oft bis zur Abfahrt selbst nicht, wohin die Reise gehen würde. „Wo kann ich denn noch hin?“, fragte der Lokführer einer S-Bahn per Handy am Leitstand. Inzwischen war die Strecke nach Duisburg fast ständig gesperrt. Schließlich lenkte er seinen Zug nach Oberhausen.