Viele der weiterführenden Schulen in Essen stellen am Freitag Großleinwand und Beamer auf – in zahlreichen Häusern gibt es „Public Viewing“ in der Aula ab 13.30 Uhr, wenn Deutschland spielt. Unterricht fällt dafür meistens aus.
Die sechste oder auch siebte Stunde fällt dafür meistens aus.
Schulen im WM-Fieber – Fußballgucken statt Unterricht, das ist neu. „In den Siebziger Jahren wäre das nicht vorstellbar gewesen“, bekennt Theo Reidick, stellv. Leiter der Gesamtschule Borbeck. Auch in seinem Haus gibt es auf dem Schulhof ein offizielles Fußball-Gucken für Schüler, dazu wird gegrillt. Reidick: „Die WM-Euphorie ist seit der Weltmeisterschaft in Deutschland sicherlich stark gestiegen.“ Er glaubt außerdem: „Lehrer und Schüler sind heute vielleicht näher zusammengewachsen als noch vor Jahrzehnten.“ Außerdem ist das „Public Viewing“ an Schulen das Ergebnis technischen Fortschritts: Beamer-Geräte, die das Fernsehbild tageslichttauglich auf eine Großfläche projezieren, sind schließlich erst wenige Jahre verbreitet.
Am Grashof-Gymnasium (Bredeney) hat die Schülervertretung (SV) ein „Public Viewing“ in der Aula vorbereitet. Es dürfen kommen alle Schüler der Stufen fünf bis zehn. Am Leibniz-Gymnasium (Altenessen) ist schon nach der fünften Stunde um 12.30 Uhr Schluss für alle – dann wird in der Aula Fußball geguckt. Auch Lehrer sind selbstverständlich dabei. Gleiches hört man vom Mädchengymnasium Borbeck (Fußball reine Männersache? Lange her!) und vom Maria-Wächtler-Gymnasium (Rüttenscheid). Hier und da sind Eltern herzlich zum Zuschauen eingeladen, alle Schulleiter stellen aber ausdrücklich fest: Es ist kein „Public Viewing“ im wörtlichen Sinne („Öffentliches Schauen“), sondern eine Schul-Veranstaltung. Heißt: Fremde dürfen nicht hinein.
Das NRW-Bildungsministerium stellt es den Schulen frei, ob sie Fußball gucken oder nicht. Wichtig ist aber: „Unterricht, der deswegen ausfällt, muss nachgeholt werden“, betont ein Sprecher.
Am Goethe-Gymnasium wird die Spiel-Übertragung in die Abiturienten-Verabschiedungsfeier auf dem Schulhof eingebaut, an der Gesamtschule Holsterhausen wird ebenfalls geschaut – obwohl fast alle Schüler sowieso freitags ab spätestens 13.25 Uhr frei haben. „Aber das Gemeinschafts-Erlebnis“, sagt Leiterin Ulrike Pelikan, „wollen sich viele nicht entgehen lassen.“