Essen. Die Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg mitten im Essener Zentrum ist reibungslos über die Bühne gegangen. Bereits nach 15 Minuten hatten zwei Kräfte des Kampfmittelräumdienstes das fünf Zentner schwere Relikt entschärft.

Es ist gespenstisch still am Bismarckplatz. Der Hauptverkehrsknotenpunkt der Essener City liegt lahm. Wo sonst schwere Sattelschlepper über die Straße donnern und sich gestresste Autofahrer durch den Berufsverkehr hupen, hört man am Mittwochmorgen sogar die Vögel zwitschern.

Polizei und Ordnungsamt haben die Zufahrtsstraßen rund um den Bismarckplatz weiträumig abgesperrt, und auch die U-Bahnen 17 und 18 stehen still. Bauarbeiter hatten am Montag im Keller des alten Verwaltungsgebäudes der Deutschen Bahn eine britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Um das fünf Zentner schwere Relikt zu entschärfen,ist ein riesiger logistischer Aufwand nötig.

Essen eine der meist bombardierten Städte

Norbert Geldermann vom Essener Ordnungsamt verteilt markierte Stadtpläne an seine Mitarbeiter. Gemeinsam mit der Polizei sichern sie die Zufahrtsstraßen ab. Fotos: Arnold Rennemeyer
Norbert Geldermann vom Essener Ordnungsamt verteilt markierte Stadtpläne an seine Mitarbeiter. Gemeinsam mit der Polizei sichern sie die Zufahrtsstraßen ab. Fotos: Arnold Rennemeyer © WAZ

Das Handy von Norbert Geldermann steht nicht still. Bei dem Leiter des Sachgebiets Gefahrenabwehr des Essener Ordnungsamtes laufen an diesem Vormittag alle Strippen zusammen. Zunächst verteilt er markierte Stadtpläne an seine Mitarbeiter. Sie sichern mit Unterstützung der Polizei die Zufahrtsstraßen zum Bismarckplatz ab. „Essen war eine der meist bombardierten Städte im Ruhrgebiet. Da ist ein Bombenfund nichts Ungewöhnliches. Die Situation ist heute allerdings außergewöhnlich, da der Blindgänger direkt in der Innenstadt gefunden wurde und das natürlich organisatorisch aufwändiger ist“, sagt Geldermann. Er vermutet noch zahlreiche weitere Bomben im Stadtgebiet. „Ob Krupp-Gebiet oder damals bei der Sternbrauerei: Wo alte Gebäude saniert werden, findet sich oft etwas“, sagt Geldermann.

Innerhalb von nur 20 Minuten schafft es das Team, den Bismarckplatz komplett leer zu fegen. Währenddessen ist auf der gegenüberliegenden Seite eine kleine Völkerwanderung im Gang. Die Siemensmitarbeiter werden evakuiert und strömen zur unfreiwilligen Pause in die Essener Innenstadt. Etwa 800 sind es, schätzt ein Mitarbeiter, der sich auf anderthalb Stunden Sonne statt Büroluft freut. Auch die Anwohner der Baedekerstraße müssen für die Dauer der Entschärfung ihre Häuser verlassen. Da die Bombe von dicken Mauern umgeben ist, müsse der Gefahrenradius nicht allzu weit abgesteckt werden, erklärt Geldermann.

Nach nur 15 Minuten ist der Spuk vorbei

Die Polizei pickt noch ein paar verirrte Fußgänger auf und lotst sie aus dem Gefahrenbereich. Als schließlich noch Andreas Heller von der EVAG sein Okay gibt – der U-Bahn-Verkehr ist eingestellt – kann es losgehen.

Mike Wener und Frank Stemmel vom Kampfmittelräumdienst der Düsseldorfer Bezirksregierung machen sich nur wenige hundert Meter weiter in den Katakomben des Verwaltungsgebäudes an die Arbeit. Vor rund 60 Jahren war die Bombe durch einen Lichtschacht in den Keller des Gebäudes gefallen. Erst als Bauarbeiter, die den Trakt derzeit kernsanieren, den Fußboden freilegten, kam das gefährliche Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg ans Tageslicht. Nur 15 Minuten benötigen die beiden Männer, dann ist der Spuk vorbei. „Die einzige Schwierigkeit war der abgeschabte Zünder. Da wurde es ein bisschen knifflig. Ansonsten lief aber alles problemlos. Diese Art von Bombe entschärfen wir häufig. Einer drückt, einer dreht und dann passt das“, sagt Frank Stemmel. Das Fundstück wird nun zunächst in ein Zwischenlager gebracht, ehe es seine letzte Reise in einen Zerlegebetrieb nach Detmold antritt.

Kaum haben die beiden Entschärfungsspezialisten Erfolg gemeldet, rollt ein paar Meter über ihnen der Verkehr wieder an. Über Lautsprecher informiert die Feuerwehr, dass die Evakuierung aufgehoben ist - und mit ihr auch die himmlische Ruhe im Schatten der Bismarckstatue.

Blindgänger in nur 15 Minuten entschärft

Einsatzbesprechung: Polizei und Ordnungsamt stimmen den Ablauf ab. Foto: Arnold Rennemeyer
Einsatzbesprechung: Polizei und Ordnungsamt stimmen den Ablauf ab. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Dazu gehörte auch die Verteilung von markierten Stadtpplänen, die Norbert Geldermann vom Ordnungsamt an seine Mitarbeiter ausgab.  Foto: Arnold Rennemeyer
Dazu gehörte auch die Verteilung von markierten Stadtpplänen, die Norbert Geldermann vom Ordnungsamt an seine Mitarbeiter ausgab. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Die alte Bundesbahndirektion am Bismarkplatz wird zurzeit kernsaniert. Foto: Arnold Rennemeyer
Die alte Bundesbahndirektion am Bismarkplatz wird zurzeit kernsaniert. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Was Otto da wohl zu sagen würde? Foto: Arnold Rennemeyer
Was Otto da wohl zu sagen würde? Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Die Bombe war am Montag bei Bauarbeiten im alten Verwaltungsgebäude der Bahn am Bismarckplatz gefunden worden. Foto: Arnold Rennemeyer
Die Bombe war am Montag bei Bauarbeiten im alten Verwaltungsgebäude der Bahn am Bismarckplatz gefunden worden. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Für die Entschärfung musste der Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt weiträumig abgesperrt werden. Foto: Arnold Rennemeyer
Für die Entschärfung musste der Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt weiträumig abgesperrt werden. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Die sonst pulsierende Verkehrsader lag etwa 45 Minuten komplett lahm. Foto: Arnold Rennemeyer
Die sonst pulsierende Verkehrsader lag etwa 45 Minuten komplett lahm. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Gespenstische Eindrücke...  Foto: Arnold Rennemeyer
Gespenstische Eindrücke... Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
...am  Bismarckplatz. Foto: Arnold Rennemeyer
...am Bismarckplatz. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Mike Wehner (l.) und Frank Stemmel vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung entschärften die fünf Zentner schwere Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Arnold Rennemeyer
Mike Wehner (l.) und Frank Stemmel vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung entschärften die fünf Zentner schwere Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
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