Essen. Eine Woche vor Beginn der Impfaktion beklagen die Experten vor Ort eine Kakophonie von sich widersprechenden Impfempfehlungen. Durch die Verunsicherung sinke die Impfbereitschaft, beklagt etwa der Essener Feuerwehrchef Ulrich Bogdahn.

Ulrich Bogdahn, Feuerwehrchef der Essener Feuerwehr. Foto: Kerstin Kokoska
Ulrich Bogdahn, Feuerwehrchef der Essener Feuerwehr. Foto: Kerstin Kokoska © waz

„Das führt zur Verunsicherung und senkt am Ende die Impfbereitschaft”, sagt Feuerwehrchef Ulrich Bogdahn. Und Dr. Barbara Freynik, Leiterin des Jugendärztlichen Dienstes, sagt: Trotz der Diskussion um die Nebenwirkungen sei Pandemrix in NRW auf Sicht „der einzig verfügbare Impfstoff”. Hier einige Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Wer muss sich impfen lassen? Niemand. Die Impfungen sind grundsätzlich freiwillig, auch bei Polizei und Feuerwehr. Feuerwehrchef Bogdahn sagt: „Ich werde mich nicht impfen lassen. Aber meine Mitarbeiter können sich unabhängig von mir entscheiden. Ich rechne allerdings damit, dass viele meiner Mitarbeiter auf Grund ihrer medizinischen Kenntnisse aus dem Rettungsdienst sich gegen eine Impfung entscheiden werden” - obwohl die Impfung für „Berufsgruppen zur Sicherstellung von Sicherheit und Ordnung” vorrangig durchgeführt werden soll.

12.000 Impfdosen pro Woche

Wer kann sich impfen lassen? Jeder. 12.000 Impfdosen pro Woche stehen in Essen ab Montag zur Verfügung. Damit kann bis Januar ein Viertel der Bevölkerung geimpft werden - weit mehr als empfohlen. Neben den Klinik-Ärzten haben sich 100 Essener Ärzte freiwillig für die Impfaktion gemeldet. Bis Donnerstag soll die erste Ration Impfdosen in den Essener Apotheken angekommen sein.

Wer soll sich impfen lassen? Alle, die ein hohes Infektionsrisiko haben (Gesundheitswesen, Polizei, Feuerwehr), chronisch Kranke und Schwangere. Kinder unter sechs Monaten sollten nicht geimpft werden. Die Impfkommission legt die Entscheidung darüber, ob Kinder geimpft werden, in die Hand der Kinderärzte: Sie sei letztendlich eine „ärztliche Entscheidung”, sagt Barbara Freynik vom Jugendärztlichen Dienst.

Gynäkologen bereitet Entscheidung Bauchschmerzen

Die Mediziner müssten mögliche Gegenanzeigen sowie das konkrete Infektionsrisiko bewerten. Freynik: „Im Hintergrund steht ja auch die Haftungsfrage.” Gynäkologen macht die Impf-Entscheidung noch mehr Bauchschmerzen: Es gibt keine klinischen Studien über Nebenwirkungen bei Schwangeren. Die Kommission rät ihnen deshalb zur Impfung mit einem Präparat ohne Wirkverstärker. Aber: „Dieser Impfstoff ist in Deutschland zur Zeit noch nicht zugelassen.” Nicht nur deshalb haben viele Ärzte ein Problem mit ihrer Impf-Empfehlung. Freynik: „Die Pandemie schafft Leidensdruck. Den Medizinern ist das alles ein wenig zu schnell gegangen.”

In welcher Reihenfolge wird geimpft? Als erste Gruppe werden Klinik- und Betriebsärzte ab nächste Woche Impfungen anbieten für Beschäftigte im Gesundheitswesen mit Kontakt zu Patienten. Als nächste Gruppen sind Polizisten und Feuerwehrleute dran. Es folgen Kinder ab sechs Monaten und Erwachsene mit chronischen Krankheiten, Schwangere und Wöchnerinnen. Danach werden Impfungen angeboten für die Angehörigen von Kindern unter sechs Monaten. Nächste Gruppen: Personen im Alter von sechs Monaten bis 24 Jahren, dann Menschen zwischen 25 und 59, zuletzt Menschen ab 60 Jahren.

Eine Impfung reicht

Macht eine Doppelimpfung Sinn? Ja, und zwar für Personen im Gesundheitswesen, chronisch Kranke und Menschen ab 60 Jahren, sagt die Impfkommission. Sie hätten sowohl bei der Schweinegrippe als auch bei der saisonalen Grippe ein höheres Krankheitsrisiko. Die Impfstoffe könnten gleichzeitig injiziert werden.

Reicht eine Impfung? Ja, jedenfalls bei Menschen zwischen 18 und 60 Jahren. Darüber gibt es bereits Studien.