Essen-Katernberg. Im Repaircafé versuchen Ehrenamtler, Staubsauger, Kaffeemaschinen und anderes zu reparieren. Das gelingt in etwa der Hälfte der Fälle.

Im Bürgertreff Kon-Takt in Essen-Katernberg wird heute gewerkelt, geschraubt und gelötet. Nebenbei wird Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. In dem Raum hat sich bereits eine Schlange gebildet. An einer Rezeption werden Lampen, Kinderspielzeug und Kaffeemaschinen zunächst einer Wartenummer zugeordnet. Wer hier wartet, hofft darauf, dass sein Gerät von den Ehrenamtlern wieder fit gemacht wird.

Ulrich Marx arbeitet schon seit einiger Zeit ehrenamtlich im Repaircafé. Daheim habe ihm das Reparieren und Werkeln immer viel Freude bereitet. Auch in dem Ehrenamt fühlt er sich gut aufgehoben. „Ich finde es hier einfach toll“, sagt der 59-Jährige.

Essener Ehrenamtler kritisieren kundenunfreundliches Produktdesign

Bezahlen muss hier niemand für eine Reparatur. Trotzdem sind Spenden gerne gesehen. „Das System funktioniert gut. 90 bis 95 Prozent packen etwas in die Spendenbox“, sagt Marx. Eine erfolgreiche Reparatur gelinge aber nicht immer. Ungefähr die Hälfte der Geräte können nicht mehr gerettet werden. Laut Marx liege das aber nicht an der Kompetenz der Mitarbeitenden, sondern an dem oft kundenunfreundlichen Produktdesign: „Ich vermute mittlerweile, dass die Hersteller das absichtlich machen. Besonders Kaffeemaschinen und Staubsauger machen es uns besonders schwer.“ Trotzdem stellen sie sich jeder Herausforderung: „Andere Menschen retten Lebensmittel vor der Tonne. Wir versuchen das Gleiche mit den Geräten.“

Längst nicht alle Besucher kommen wegen der technischen Expertise ins Repaircafé. Manche schätzen auch den Austausch. Marx hat hier in seiner Zeit als Ehrenamtler neue Freundschaften geknüpft, wie er erzählt. „Vor allem, wenn weniger los ist, quatschen wir viel miteinander – das macht das Ganze aber auch aus.“ Einen richtigen Chef gebe es nicht und neue Gesichter seien immer gerne gesehen: „Alle, die Lust aufs Reparieren hat, sind herzlich willkommen.“

Essenerin will eine weggeworfene Kaffeemaschine reparieren lassen

Ulrich Marx werkelt auch zu Hause gern. Seit einigen Jahren arbeitet er ehrenamtlich im Repaircafé.
Ulrich Marx werkelt auch zu Hause gern. Seit einigen Jahren arbeitet er ehrenamtlich im Repaircafé. © Jonas Joisten | Jonas Joisten

Sonja Hennings ist zum ersten Mal im Repaircafé zu Gast. Die mitgebrachte Kaffeemaschine ist ihr eher zufällig in die Hände gefallen. „Ein Bekannter wollte die schon wegwerfen. Ich wusste aber, dass ich damit ins Repaircafé muss“, sagt die 34-Jährige. Für sie ist klar: „Wegschmeißen kann man ja immer noch.“ Der Vorbesitzer habe sich sofort eine neue Maschine geholt. „Ich finde es nicht gut, dass so viele sofort die Gegenstände wegschmeißen“, fügt sie hinzu. Die Reparatur würde sich in diesem Fall nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit lohnen: Neu kostet das Gerät laut Hennings über 500 Euro.

Weitere Repaircafés in Essen

Katernberg: erster Sonntag im Monat, 15 bis 18 Uhr im Kon-Takt Bürgertreff, Katernberger Markt 4

Innenstadt: zweiter Donnerstag im Monat, 17 bis 20 Uhr beim BUND und ADFC, Kopstadtplatz 12

Rüttenscheid: dritter Samstag im Monat, 15 bis 18 Uhr in der Villa Rü, Girardetstr. 21

Borbeck: jeden Donnerstag, 9 bis 12.30 Uhr bei WIK, Schacht Neu-Cöln 12

Werden: dritter Samstag im Monat, 15 bis 18 Uhr im Haus Fuhr, Heckstr. 16

Altenessen: jeden Mittwoch, 9 bis 15 Uhr, Arbeit & Bildung Essen, Karolingerstraße 92, telefonisch Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr

Für Fahrräder: Rad-Team Leibniz, jeden Dienstag von 17.15 Uhr bis 19 Uhr (nicht in den Schulferien), Leibnizgymnasium, Stankeitstraße 22

Auch Andreas Nagel ist zum ersten Mal vor Ort. Er hat einen Akku-Staubsauger mitgebracht. „Ich habe den Akku in den Sauger gesteckt und auf einmal ging gar nichts mehr“, sagt der Essener. Besonders aus finanziellen Gründen sei für ihn die Reparatur sinnvoll. Auch die Atmosphäre gefällt dem 59-Jährigen gut: „Ich komme auf jeden Fall wieder, sobald noch etwas kaputtgeht.“

Kunststoffverkleidung verhindert Reparatur der Hörspielbox für Kinder

Helmut Bury (l.) versucht, die Hörspielbox für Guido Kleineheilmanns Kinder zu reparieren.
Helmut Bury (l.) versucht, die Hörspielbox für Guido Kleineheilmanns Kinder zu reparieren. © Jonas Joisten | Jonas Joisten

Ein weiterer Besucher hat eine Hörspiel-Box für Kinder mitgebracht. Die Verkleidung aus Kunststoff ist zwar praktisch, erschwert aber die Reparatur. Guido Kleineheilmann aus Essen möchte das Gerät an sein drittes Kind weitergeben. „Die Box war fast jeden Abend im Einsatz. Die eine oder andere Gute-Nacht-Geschichte war da auf jeden Fall dabei“, sagt er.

Helmut Bury ist die Konstruktion unbekannt. Mithilfe einer Video-Anleitung schaffen es die beiden Männer, die Box zu öffnen. Schnell ist das Problem gefunden: „Der Kontakt ist kaputt“, erklärt Bury. Eine schnelle Lösung gibt es dafür aber vorerst nicht. Der Kontakt müsse wohl ausgetauscht werden.

Die Schwierigkeit beim Öffnen sei wohl vom Hersteller beabsichtigt, vermutet Bury: „Das soll man dann alles neu kaufen.“ Das Repaircafé gebe es genau aus diesem Grund: Es gehe darum, den Geräten ein zweites Leben zu schenken. Das spare eben nicht nur Geld, sondern auch Ressourcen.

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