Essen-Altenessen. Abgesperrte Toiletten und festgefahrene Kommunikation. Neslihan und Eyyüphan Duy fordern Planungssicherheit für das „deinKult“-Café.
Die Kündigung scheint vorerst abgewendet, doch das Ehepaar Duy kommt nicht zur Ruhe. Monatelang schon schwelt der Streit um ihr Café, das „deinKult“ in Altenessen. Man wolle sie loswerden, mutmaßen Neslihan und Eyyüphan Duy, und dann ihr Café übernehmen.
Warum, fragen sie, sollte ein Vermieter plötzlich die Schlösser zu den barrierefreien Toiletten austauschen, wohl wissend, dass manche Cafébesucher darauf angewiesen sind? Warum sollte er zur Räumung des Getränkelagers auffordern, ohne Ersatz anzubieten? Warum sollte er damit drohen, Gegenstände der Mieter zu entsorgen, obwohl es keine Lagerkapazitäten gibt, auf die ausgewichen werden könnte?
All das nämlich sei vorgefallen, schildern die Duys, und auch ihr Rechtsanwalt Heiko Pleines. Die schriftliche Räumungsaufforderung vonseiten der Noch-Eigentümerin der Immobilie, der KD 11/13 gGmbH, sowie die Ankündigung, Gegenstände zu entsorgen, liegen der Redaktion vor.
Essener Immobilie der KD 11/13 gGmbH ist weiterhin nicht verkauft
Die aktuelle Situation hat eine lange Vorgeschichte, die hier kurz wiedergegeben werden soll: Im Juli 2023 erhielten die Duys eine Kündigung ihres Mietvertrags für die Café-Räumlichkeiten, mit Wirkung zum 31. Dezember 2023. Doch während die Mietverträge der im Gebäude ansässigen Vereine ohnehin zum Jahresende ausliefen, hatten die Duys für die Dauer von acht Jahren gemietet, ihr Vertrag läuft regulär bis November 2027.
Als Reaktion auf die Kündigung mobilisierten sie Café-Besucher und Politiker und engagierten einen Rechtsanwalt, der die Unwirksamkeit der Kündigung darlegte. Daran ändere auch die wirtschaftliche Lage der Vermieterin KD 11/13 gGmbH nichts, die angegeben hatte, das Gebäude aus finanziellen Nöten heraus verkaufen zu müssen, sagt er. Mehrere Gespräche später, auch die Stadtspitze war mittlerweile involviert, schien eine Lösung in Sicht. Die Stadt erbot sich, notfalls als Zwischenmieterin zugunsten der dort ansässigen Vereine einzuspringen, oder das Gebäude gar selbst zu kaufen.
Ein Verkauf hat bislang allerdings nicht stattgefunden. Jedenfalls habe man davon keine Kenntnis, teilt Stadtsprecherin Silke Lenz auf Anfrage mit. Die Schreiben, die das Ehepaar Duy erreichen, schickt weiterhin der Geschäftsführer der KD 11/13 gGmbH, Tuncer Kalayci. Die Duys sollten „dem künftigen Eigentümer“ ihren Mietvertrag vorlegen, heißt es darin unter anderem. Auch sollten sie und andere Mieter aufgrund der Vorbereitung für die Gebäudesanierung alle Gegenstände entfernen, die sich „außerhalb der angemieteten Räume“ befinden. Warum das in vielerlei Hinsicht problematisch sei, erläutert Eyyüphan Duy: Zu Mietbeginn seien einige zugesagte Räumlichkeiten nicht fertig bzw. im vereinbarten Zustand gewesen. Deshalb sei man nach Absprache ersatzweise auf andere Räume ausgewichen – das betreffe unter anderem das Getränkelager.
Essener Cafébetreiber sollen kurzfristig ihr Getränkelager räumen
Eine schriftliche Anfrage lässt der Geschäftsführer der KD 11/13, Tuncer Kalayci, unbeantwortet, erklärt aber auf telefonische Nachfrage, dass es keine Neuigkeiten in Sachen Verkauf gebe. „Alles ist in der Schwebe.“ In dem Schreiben sei deshalb vom „künftigen Eigentümer“ die Rede, weil dessen Interesse „sehr konkret“ sei und man sich wünsche, dass er das Gebäude kaufe. „Ob es dazu kommt, wissen wir nicht.“
Auf das Getränkelager angesprochen, sagt Kalayci, dieses sei baufällig und müsse schon deshalb geräumt werden. Auf konkrete Nachfrage erklärt er, den genauen Zustand nicht zu kennen, da der Cafébetreiber den Zugang zu den Räumlichkeiten verwehre. Auch der Interessent habe sich daher die Flächen noch nicht ansehen können. Die Verantwortung für die verfahrene Situation sieht Kalayci aufseiten der Cafébetreiber: „Von unserer Seite gibt es kein Konfliktpotential. Das Entgegenkommen von KD 11/13 ist da, die andere Seite ist nicht bereit, sich zu öffnen.“ Es bestehe weiterhin Gesprächsbereitschaft.
„Das entspricht nicht der Wahrheit“, sagt Neslihan Duy. Im Februar sollte ein Gesprächstermin zwischen KD 11/13, dem Kaufinteressenten und den Duys koordiniert werden. Dieser kam letztlich nicht zustande, auch, weil Neslihan und Eyyüphan Duy nur in Begleitung ihres Anwalts teilnehmen wollten. Das dokumentieren vorliegende Mails.
Dazu sagt Tuncer Kalayci, ein „ungezwungenes Gespräch“ sei im Beisein eines Anwalts nicht möglich, weshalb der Kaufinteressent den Termin abgesagt habe. Alle in dem Gebäude ansässigen Vereine seien froh über die Aussicht, dass womöglich ein Käufer gefunden sei und das Gebäude saniert werden könne, ergänzt er. „Alle lassen sich auf den Prozess ein.“ Nur die Cafébetreiber würden die Pläne „konterkarieren“.
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Diese aber vermissen „ehrliche Kommunikation und vernünftige Informationen“, sagen sie. Ihr Café sei als Treffpunkt für die verschiedensten Menschen bekannt, funktioniere mit seinen zahlreichen Projekten und Aktionen, unter anderem auch in der Integrations- und Jugendarbeit, als „Kitt der Gesellschaft“. „Warum will man das nicht unterstützen?“, fragt Eyyüphan Duy. „Warum macht man es uns so schwer?“
Vor einigen Wochen hätten Handwerker ohne vorherige Terminabsprache Flächen auf der Terrasse und an den Fenstern vermessen wollen. Eine weitere Begegnung mit Handwerkern, die erst aufdringlich und dann beleidigend geworden seien, ist als Strafanzeige bei der Polizei erfasst. Und nun also die Sache mit den abgesperrten Toiletten.
Kaufinteressent ist ein bekannter Essener Filmemacher
Tuncer Kalayci spricht von einem „Missverständnis“. Es könne sich dabei nur um eine kurzfristige Sicherungsmaßnahme handeln, etwa weil sich Leute dort unbefugt aufgehalten hätten. Doch die Türen sind laut Neslihan Duy seit dem 5. März durchgängig verschlossen gewesen. Anfang April hat sich daran noch nichts geändert.
Ein an alle Mieter gerichtetes Schreiben vom 7. März 2024 schließt mit dem Hinweis, man könne sich bei „Gesprächsbedarf mit dem künftigen Eigentümer“ an Hamid Merhi wenden. Dieser ist bekannt, hat sich als Filmemacher einen Namen gemacht. Fragen rund um den Verkauf will er aber weder telefonisch noch schriftlich beantworten. Über seinen Mitarbeiter Pascal Wernner lässt er mitteilen: „Die Verhandlungen laufen noch, wir können Ihnen bisher nichts Definitives sagen.“ Geplant sei, „dass die Vereine alle in den Büros bleiben und dass es auch einen Café- und Saalbetrieb geben wird. Die genauen Lösungen müssen aber noch gefunden werden“.
Wer das Café nach diesen Plänen künftig betreiben soll und ob man sich dazu mit den Duys ausgetauscht habe, lässt er offen. „Weitere Fragen kann nur Herr Merhi in einem persönlichen Gespräch beantworten, der erst ab Mitte/Ende Mai wieder verfügbar ist.“
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