Essen. Der „Kletterpütt“ auf Zeche Helene gilt als nicht mehr zeitgemäß, auf Zollverein soll es einen Neuanfang geben. Warum das nicht so leicht wird.
Seit fast 30 Jahren unterhält die Sektion Essen des Deutschen Alpenvereins ein Kletterzentrum im denkmalgeschützten Hauptgebäude der früheren Zeche Helene. Doch die Tage des mittlerweile maroden „Kletterpütts“ in Altenessen sind gezählt, denn den Alpenverein zieht es an einen neuen, allerdings nicht gerade unkomplizierten Standort: Auf dem Welterbe Zollverein – genauer: auf dem Kokerei-Gelände – soll im größten der drei Ventilatorenkühler eine neue Kletterhalle entstehen, gleichzeitig will der Alpenverein hier auch sein Vereinsheim unterbringen.
Die Stiftung Zollverein unterstützt das Projekt, das auf eine Initiative von Oberbürgermeister Thomas Kufen zurückgehen soll. Denn eigentlich wollte der Alpenverein lieber neu bauen. „Die Stadt Essen konnte uns für unser Vorhaben aber keine geeignete Fläche in Aussicht stellen, der OB hat dann aber den Kontakt zur Stiftung Zollverein vermittelt“, berichtet Detlef Weber, Vorsitzender des 5000 Mitglieder starken Alpenvereins.
Stiftung Zollverein begrüßt „grundsätzlich“ die Pläne
„Grundsätzlich begrüßen wir diese Chance zu einer Umnutzung, die ja auch eine Belebung des Ortes wäre“, sagt Stiftungssprecher Markus Pließnig. Nach- und Umnutzung sei generell eines der zentralen Themen auf dem Welterbe-Gelände. Doch es gibt ein Problem: Quasi kein Stein darf umgedreht werden, ohne dass der Denkmalschutz wohlwollend nickt, ein Umstand, der schon manches Neue verhindert hat. Direkt neben den Ventilatorenkühlern sollte zum Beispiel einst ein großes Gründerzentrum entstehen, was schließlich scheiterte. Eine Machbarkeitsstudie, die die Stiftung noch in diesem im Frühjahr vorlegen will, soll Aufschluss geben, was geht und was eben nicht.
Die drei Quader mit ihrer bröckeligen Allerweltsfassade aus Beton und den rostigen Ventilatoren wirken auf den ersten Blick nicht wie Denkmäler – so wie die gesamte so genannte „weiße Seite“ der Kokerei. Sie ist geprägt von eher wenig beeindruckenden industriellen Zweckbauten und bildet einen Gegensatz zur „schwarzen Seite“, den gewaltigen Ofenbatterien. Doch der Ensembleschutz des Welterbe-Geländes Zollverein greift dennoch auch hier. „Außen darf nichts verändert werden“, betont Rafael Woznica, Mitarbeiter der Standortentwicklung der Stiftung.
Innen hingegen schon, und darauf setzt der Alpenverein seine Hoffnungen. Denn um auf der rund 700 Quadratmeter großen Grundfläche eine Kletterwand unterzubringen und noch eine Geschäftsstelle zu integrieren, muss natürlich sehr viel verändert werden. Einen mittleren einstelligen Millionenbetrag, schätzt Detlef Weber, werde der Alpenverein investieren müssen, zu einen großen Teil aufzubringen von den Mitgliedern. Für einen Verein eine sehr beachtliche Investition. Grundsätzlich hat Weber schon grünes Licht bekommen, aber bevor es konkret ans Bauen geht, ist noch ein weiterer Mitgliederbeschluss nötig.
Auf Helene sei man ans Ende der Kletterhallen-Nutzung gekommen
Auf Zeche Helene sei man jedenfalls ans Ende des Nutzungs-Zyklus gekommen. Die 1996 eingeweihte Anlage sei zu klein, klettersportlich eher unattraktiv und vom Sicherheitsstandard her nicht mehr zeitgemäß, sagt Weber. Nur der Bestandsschutz mache es möglich, die Kletterwand weiter zu nutzen. Jens Schwan, beim Essener Alpenverein zuständig für die Kletteranlagen, verweist auf die Jugendarbeit, die in Gefahr gerate, wenn man nicht bald neue Perspektiven bieten könnte. 200 bis 300 junge Kletter-Aktive gebe es, es könnten mehr sein, wenn die Infrastruktur stimme.
Variable, immer wieder neu gestaltbare Klettermöglichkeiten gelten als essentiell, um junge Leute an die lokalen Sektionen des Deutschen Alpenvereins zu binden, und zwar „indoor“ wie auch „outdoor“. Kommerziell geführte Kletterhallen gebe es zwar in Essen und der weiteren Umgebung, aber sie seien nicht alle geeignet und auf Dauer zu teuer, heißt es.
Niederlage gegen den Naturschutz hat den Alpenverein hart getroffen
In diesem Zusammenhang hat es den Alpenverein hart getroffen, dass es dem Naturschutz vor einigen Jahren gelang, den Verkauf eines alten Steinbruchs an der Laupendahler Landstraße zwischen Werden und Kettwig an den Alpenverein zu verhindern. Die Sektion im benachbarten Duisburg habe durch die spektakuläre Kletteranlage im alten Meidericher Hüttenwerk (Landschaftspark Nord) seinerzeit enormen Auftrieb bei der Mitgliederzahl erlangt. Das möchten die Essener auch gerne und erhoffen sich Impulse vom Umzug und Neubeginn auf Zollverein.
Selbst wenn planerisch und finanziell alles glatt geht, dürfte es aber noch Jahre dauern, bis die ersten sich an den Wänden der Ventilatorenkühler empor hangeln. Zollverein-Sprecher Pließnig rät dann auch ab, schon jetzt über ein Fertigstellungsjahr zu spekulieren. Wenn man bedenkt, was auf Zollverein schon alles sehr lange auf sich warten ließ bzw. sich irgendwann ganz zerschlug, ist das vermutlich weise.
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