Essen. Parteivorstand entscheidet am 18. März. Dass Julia Klewin (40) den Vorzug vor Michael Schwamborn (62) bekommt, bezweifeln nur wenige.
Knapp 19 Monate vor der Kommunalwahl in Nordrehin-Westfalen lichtet sich bei der Essener SPD der Nebel um die hiesige OB-Kandidatur: Julia Klewin oder Michael Schwamborn – vor dieser Wahl stehen die 17 Vorstandsmitglieder der hiesigen Sozialdemokraten, wenn sie sich am 18. März zur nächsten Sitzung treffen. Und wer in die Partei hineinhorcht, erfährt schnell: Die wenigsten zweifeln daran, das Klewin das Rennen als Kandidatin macht.
Hier die 40-jährige Oberstudienrätin, dort der 62-jährige Elektromeister im Ruhestand
Denn bei den Genossen klingt das nach einem allzu ungleichen Duell neu gegen alt: Hier die 40-jährige Oberstudienrätin, dort der 62-jährige Elektromeister im Ruhestand. Hier die forsche Rüttenscheider Ratsfrau, die an diesem Freitagnachmittag in 32 Sekunden auf der Social Media-Plattform Instagram ihre Bewerbung ankündigte, dort der Karnaper Ratsherr, der schon vor Monaten eine allzu lange E-Mail herumschickte.
„Es ist Zeit für einen neuen Kurs, für frische Ideen und echten Fortschritt. Deshalb möchte ich Oberbürgermeisterin werden, um Essen wieder auf Kurs zu bringen“, sagt sie in die Kamera. Und er beschreibt sich als „Oberbürgermeister mit Herz, Hand und Verstand, der die Menschen berührt, erreicht, der zuhört und anpackt.“ Klewin, verheiratet mit dem SPD-Europa-Abgeordneten Jens Geier, ist vergleichsweise neu in der Ratspolitik, Schwamborn ein alter Hase, allerdings mit dem Makel, die SPD einst zugunsten eines politischen Intermezzos beim Essener Bürger Bündnis (EBB) verlassen zu haben.
Wer beim Vorstand das Rennen macht, soll ein Unterstützungs-Votum des Parteitags im Mai erhalten
Weitere Kandidatinnen oder Kandidaten werden zumindest beim Vorstands-Votum am 18. März nicht zur Wahl stehen, betont der Vorsitzende der Essener Sozialdemokraten, der Krayer Landtagsabgeordnete Frank Müller: Er hatte nach eigenem Bekunden im Vorfeld mit einer ganzen Reihe von Bewerberinnen und Bewerbern gesprochen, solchen, die empfohlen, und solchen,die sich selbst ins Spiel gebracht hatten. Manche zogen von sich aus zurück, anderen signalisierte der Parteichef, dass sie mit ihren Vorstellungen auch der beruflichen Einbindung womöglich die Aufgabe unterschätzten.
So bleibt es beim Duo. Wer immer dort das Rennen macht, soll dann im Mai bei einem SPD-Parteitag ein ausdrückliches Unterstützungs-Votum bekommen. Auch wenn dort formell jeder andere Sozialdemokrat noch antreten könnte, vorausgesetzt, er oder sie würde von einem der Ortsvereine nominiert.
Ein schweres Erbe für die SPD-Kandidatur: Bei der OB-Wahl 2020 blieb das „rote Wunder“ aus
Wer immer im Herbst 2025 für die Sozialdemokraten ins Rennen um den OB-Posten geht, tritt ein schweres Erbe an: Beim letzten Urnengang 2020 verlor SPD-Bewerber Oliver Kern gleich im ersten Wahlgang deutlich gegen Amtsinhaber Thomas Kufen von der CDU. Für die Genossen war dies umso demütigender, als Kern zuvor im Zweikampf gegen den in der Bevölkerung beliebten Christdemokraten großspurig „ein rotes Wunder“ vorausgesagt hatte.
Nicht unwesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis dürfte die Frage des Wahltermins haben, denn im Gespräch ist, die NRW-Kommunalwahl getrennt von der Bundestagswahl stattfinden zu lassen. Mit der Bundestagswahl zusammengelegt würde dann wahrscheinlich nur der Stichwahl-Termin in all jenen Kommunen, in denen niemand die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte.
Dass der erste Wahlgang der Kommunalwahl vielleicht nicht mit der Bundestagswahl zusammenfällt, lässt Essens SPD-Chef Müller nach eigener Aussage verwundert zurück: „Ich kann das nicht verstehen.“ Kein Wunder: Bundestagswahlen bescheren recht hohe Wahlbeteiligungen, von denen zumindest in der Vergangenheit stets SPD und CDU zulasten der kleinen Parteien profitierte. Ob dies auch 2025 noch gälte, würde sich erweisen müssen. Fakt ist: Auch die ausgesprochen magere Wahlbeteiligung an den Stichwahlen ist allen Beteiligten ein Dorn im Auge, weil sie die Legitimation der Gewählten ein wenig infrage stellt.
Für die SPD ist die OB-Kandidatur nur eine wichtige Personalie auf dem Weg ins Wahljahr 2025. Die andere ist die der Kandidatur für den Nord-Wahlkreis für den Bundestag. Dort hat der langjährige Abgeordnete Dirk Heidenblut angekündigt, sich nicht erneut zur Wahl stellen zu wollen. Ambitionen für eine Bewerbung werden Ingo Vogel nachgesagt, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Rat der Stadt. Nominiert wird im September.