Essen-Werden. Das Haus Wunderbar in der Altstadt von Werden ist neue Heimat des Essener Ernährungsrates. Was sich der Verein für 2024 alles vorgenommen hat.
Im frisch renovierten Fachwerkhäuschen „Haus Wunderbar“ in der Werdener Rittergasse entstehen immer mehr Angebote rund um die Themen Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit, Gesundheit und soziales Miteinander. Christiane Gregor vom Trägerverein „Leben in Vielfalt“ freut sich über eine weitere „wunderbare“ Idee, denn nun hat auch der Ernährungsrat Essen hier eine Heimat gefunden.
Doch wer oder was ist das eigentlich, ein Ernährungsrat? Zunächst einmal handelt es sich um höchst engagierte Aktivisten, die sich selbst aber durchaus selbstironisch als „Ökospinner“ auf die Schippe nehmen können.
Essener Aktivisten wollen für die gesunde Sache werben
Das sind Menschen wie Barbara Schormann-Lang, die überhaupt keine Lust mehr haben, im Supermarkt Lebensmittel mit total schlechtem Gewissen zu kaufen: „Die Zutaten für unser Essen tausende von Kilometern rund um den Globus transportieren? Nicht mit uns.“ Das verbiete sich schon allein deswegen, weil die heutigen Lebensmittelsysteme verantwortlich sein für ein Drittel der Treibhausgasemissionen: „Der Gedanke an die Zukunft unserer Enkelkinder motiviert uns unheimlich.“
Werbung wolle man machen für die gesunde Sache, erläutert Barbara Schormann-Lang: „Wir möchten unseren Enthusiasmus teilen, unsere Freude an diesem Ehrenamt. Wir sind stolz darauf, was wir bereits geschafft haben. Aber wir sind echt noch zu wenige.“ Denn hinter dem Slogan „Gesunde Ernährung“ stecke so vieles, vor allem aber jede Menge Arbeit. Es gehe um Umwelt- und Klimaschutz, aber auch um soziale Teilhabe.
Statt Trend: Regionalität soll zukünftig Normalität sein
Energisch fordert der Ernährungsrat, dass gesunde Lebensmittel für alle Bevölkerungsschichten kostengünstig zugänglich sein müssen. Regionalität solle zukünftig kein „Trend“ mehr sein, sondern Normalität. Und schließlich müsse der Nachwuchs wieder lernen, wie das ist, einem Salat beim Wachsen zuzusehen. Um ihn dann mit Genuss zu verspeisen.
Der Ernährungsrat möchte vor allem drei Felder gezielt beackern. Die „Essbare Stadt“ könnte dem Örtchen Andernach nacheifern, berichtet Barbara Schormann-Lang: „Dort wächst in der ganzen Stadt Gemüse und Obst zum Selbstpflücken. Eigentlich kann man überall Essbares anpflanzen.“ Deshalb wurden und werden Essener Schulen und Kindergärten mit Hochbeeten und Obstbäumen beschenkt.
Schlaraffenband entlang des Ruhrtalradwegs bietet Naschorte
Zukünftig könnte ein „Schlaraffenband“ zum Beispiel entlang des Ruhrtalradwegs sogenannte „Naschorte“ anbieten. Die rastenden Radler könnten dort essbare Blüten, Beeren, Kulturkräuter, aber auch Wildkräuter naschen und bekommen frisches Trinkwasser. Hölzerne Bänke und Tische laden zum Verweilen ein. Erklärende Schilder und QR-Codes sorgen dafür, dass auch Bildungsarbeit betrieben wird.
Workshops in der Lehrküche
Die Hochbeete hinter dem „Haus Wunderbar“ sollen im neuen Jahr bepflanzt werden mit Essbarem. Zukünftig soll es hier auch Workshops zu gesunder Ernährung geben, für Kinder, aber auch für Erwachsene. Eine „Lehrküche“ für Schulkinder gewährt erste Einblicke in gesunde Ernährung und nachhaltiges Kochen.
Der Ernährungsrat Essen ist eine offene Bewegung, in der sich jeder Mensch einbringen kann. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten sind unter www.ernaehrungsrat-essen.de zu erhalten.
Susanne Giepen beschäftigt sich mit der städtischen Ernährungsstrategie. Wie können UN-Nachhaltigkeitsziele wie „nachhaltige Städte“ oder „bessere Ernährung“ auf die Kommune heruntergebrochen werden? Anfang Oktober sei der Startschuss für ein nachhaltiges urbanes Ernährungssystem in Essen gefallen, so Susanne Giepen: „Die Ernährungswende funktioniert nur in kleinen, auch wirklich umsetzbaren Schritten. Wir müssen den Leuten zeigen, wie ein Landwirt arbeitet. Den Bezug zu den Produzenten schaffen. Miteinander essen, auch mit unterschiedlichen Kulturen.“
Derweil hängt sich Karin Schmidt bei der „Zukunftsküche“ rein, denn noch viel zu viele Mahlzeiten aus Kantinen und Mensen landen in der Tonne. Der Ernährungsrat ist aktiv eingebunden beim EU-Projekt „SchoolFood4Change“. Das Essen an Schulen sollen sich ändern – hin zu frischen Zutaten und mehr Bio. Deutlich weniger Fleisch soll auf den Teller, auch weniger Verschwendung produziert werden. In Zusammenarbeit mit Großküchen und Caterern sollen diese ambitionierten Ziele umgesetzt werden, erklärt Karin Schmidt: „Die Transformation findet an den Kochtöpfen statt.“
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