Essen. Timm Beckmann und die „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“ verlassen Essen. Die Mixshow wechselt in die Nachbarstadt. Wie es nun weitergeht.
„Nie wieder zweite Liga“ lautet der alte Schlachtruf im Sport. In Essen muss man künftig ohne Timm Beckmanns erstklassige „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“ auskommen. Ein Verlust für die hiesige Kleinkunst-Szene, wie sich nun beim ausverkauften Abschiedsabend auf Zollverein erfreulich unnostalgisch, dafür hochkarätig zeigte.
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Als das Format 2016 in der Altenesser Zeche Carl startete, hatte der renommierte Musikkabarettist Timm Beckmann vor allem zwei Dinge im Sinn: Die alten Grenzziehungen zwischen U und E sollten in dieser Show aufgehoben sein, die Akteure aus Klassik und (Musik)-Kabarett nicht nur neben, sondern auch miteinander auf der Bühne agieren. Dass die „Fills“, die symphonische Late-Night-Band mit Musikern der Essener Philharmoniker, als steter Gast jeder „Liga“-Ausgabe auch mal ganz unorthodox Titel von Jimi Hendrix oder den „Foo Fighters“ anstimmten, dürfte den ein oder anderen zudem sogar neugierig gemacht haben auf das klassische Konzertprogramm.
Aus den zwei Shows pro Quartal wurden irgendwann sogar drei Auftritte, als die Brost-Stiftung das Sponsoring übernahm. Weil die Förderung nun satzungsgemäß ausläuft (Corona-bedingt gab‘s sogar noch eine Verlängerung) hat Beckmann in Essen lange nach neuen, notwendigen Unterstützern gesucht - und für 2024 erst einmal viele Absagen kassiert.
Von der Zeche Carl ins Oberhausener Ebertbad
Weil sich das spezielle Konzertformat mit mehreren Solisten und Ensembles pro Abend in der kleinen Zeche Carl nach Beckmanns Angaben über Eintrittsgelder allein nicht wirtschaftlich darstellen lässt, zieht die „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“ nun ins größere Oberhausener Ebertbad, wo die vom WDR aufgezeichnete und zeitversetzt ausgestrahlte Mix-Show schon in der Vergangenheit regelmäßig gastierte. So mancher Liga-Fan sicherte sich in der Pause der letzten Essener Vorstellung (diesmal auf Zollverein) schon Tickets für die nächsten Auftritte am 12. und 13. März 2024.
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Ob es 2025 eine Rückkehr nach Essen gibt, dürfte nicht nur an einer möglichen neuen Standortlösung, sondern vor allem an der Unterstützung von Stiftungen oder Unternehmen liegen, die sich für das Format stark machen möchten. „Natürlich fällt uns der Abschied aus Essen schwer“, sagt Beckmann. Doch die Förderung sei notwendig, um den Künstlern halbwegs akzeptable Gagen und den Zuschauern erschwingliche Eintrittspreise zu ermöglichen. Denn auch das gehört zum Konzept der „Liga“: Auf gutem Niveau für breite Publikumsschichten zugänglich sein.
Wie das klingt, präsentierte der Gastgeber am Klavier gleich zu Beginn des Abschieds-Abends gemeinsam mit den „Fills“ und dem sprechenden Pop-Titel: „Enjoy the Silence“ von Depeche Mode, sozusagen als Einstimmung auf Liga-lose Zeiten in Essen. Die Essener Tastenartistin Anke Pan nutzte die vorerst letzte Chance für ein „Heimspiel“ und begeisterte das Publikum mit drei der „12 Etüden op. 10“ von Frédéric Chopin, von der bei Pianisten wegen ihrer rasenden Arpeggios gefürchteten „Nr. 1, C-Dur“ bis hin zur finalen „Revolutionsetüde“ mit funkensprühender Verve.
Es geht um Rabenmütter und die heilende Wirkung von Meerschweinchen
Jene nahm Beckmann dann zum Anlass, die fußballerischen Qualitäten der französischen und deutschen Nationalhymne zu vergleichen – unpatriotisch eindeutig. Und dann begleitete Anke Pan den nächsten Stargast Thomas Pigor, der romantischen Duktus mit lakonisch-trockenen Wortwitz kombinierte. Während sein Spielpartner Benedikt Eichhorn am Klavier böse über „NRW“ schwadronierte, um später mit Pigor gewitzt über Rabenmütter zu lästern.
Mit Queen, Mozart und Sting ging‘s dann in die zweite Halbzeit. In der das saukomische Duo Mackefisch in feinem Harmoniegesang etwa die heilende Wirkung von Meerschweinchen hochleben ließ und mit den vielbeschäftigten „Fills“ pointiert über Generationengerechtigkeit sinnierte. Hübsch ausgelassen dann das Grande Finale, bei dem alle Beteiligten eine fabelhafte Parodie Kölscher Karnevalsstimmung als närrischen Ausklang ablieferten.
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