Essen. Die Kultur des eingewanderten Antisemitismus ist ein massives Problem und muss begrenzt werden. Das sollte nun endlich klar geworden sein.
Die Islamisten-Demo vor einer Woche in Essen war eine einzige Kampfansage an Freiheit und Demokratie, aber ein Gutes hatte sie: Die skandalöse antisemitische Veranstaltung könnte als Augenöffner für die Größe der Gefahren wirken, die durch die ungeregelte Einwanderung bereits entstanden ist. Das bemühte Schönfärben, das Ignorieren oder Leugnen unliebsamer Realitäten dürfte nun schwieriger werden, wenngleich man nach den Erfahrungen der letzten Jahre skeptisch bleiben sollte. Wenn der erste Schock verdaut ist, war die Verdrängungsbereitschaft bisher stets groß.
Bei der Kritik an der Migrationspolitik geht es nicht nur um Überforderung der Sozialsysteme
Festzuhalten ist: Bei der Kritik an der Migrationspolitik geht es nicht nur um die Überforderung der Sozialsysteme, um die finanziellen und sozialen Kosten der Unterbringung und der Integrationsversuche, die Städte wie Essen schwer belasten. So wichtig dieses Thema ist, es geht um mehr.
Viele Einwanderer vor allem aus dem arabisch-muslimischen Raum sind in Kulturen der Gewalt sozialisiert worden, in denen auch der militante Antisemitismus völlig selbstverständlich und unhinterfragt gelebt wird. Manchen gelingt es, sich hier von diesen Hypotheken zu befreien, vielen anderen aber leider nicht, was durch Umfragen klar belegt ist. Wobei auffällt, dass dies wenig mit Spracherwerb, Bildung und anderen formalen Kriterien der Integration zu tun hat, von denen Politik und Gesellschaft sich bisweilen Wunderdinge erhoffen. Die Prägungen liegen tiefer und sind deshalb schwer zu ändern.
Antisemitismus ist nicht auf migrantische Communitys beschränkt
Nun mag man einwenden, dass der Überfall auf Israel und die militärische Reaktion auch in der Mehrheitsgesellschaft alte Ressentiments verstärkt hat, deren antisemitischer Grundcharakter oft nur mühsam kaschiert wird. Es stimmt: Unter Rechtsradikalen leben widerwärtige völkische Klischees weiter, im linken Spektrum hat sich im Zuge der „postkolonialen“ Ideologie eine absurde Verklärung der Hamas-Mörder als „Freiheitskämpfer“ entwickelt, die jüdische Opfer kalt in Kauf nimmt.
Umso wichtiger wäre es aber, nicht fortwährend neue Problemfälle ins Land zu lassen, die im Bezug auf Juden kulturell gefestigte Feindbilder mitbringen. Zumal der Hass ja in der Regel noch eingebettet ist in eine generell antiwestliche Grundhaltung, eine Verachtung aller Werte von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Das schien auch Oberbürgermeister Thomas Kufen zu umtreiben, als er jüngst einen „radikalen Paradigmenwechsel“ in der Einwanderungspolitik forderte und dies mit dem Schock der Islamisten-Demo begründete. Sicher, in den Städten wird darüber nicht entschieden, hier wird die falsche Politik nur erlitten. Doch wenn die Kommunalpolitiker nicht laut und deutlich warnen, am besten im Verbund, dann wird auch auf der Bundesebene nichts oder zu wenig passieren.
Zu Recht problematisiert OB Thomas Kufen die Gedenk-Rituale
Zu Recht hat Kufen zudem am 9. November in der Alten Synagoge das ritualhafte Gedenken an den NS-Terror problematisiert, das nicht die erreicht, die es angeht. Man könnte noch spitzer fragen: Wie heuchlerisch ist es eigentlich, zwar die damals ermordeten Juden zu ehren, jedoch die heute in Deutschland lebenden weitgehend allein zu lassen, ihnen Mitschuld an dem Hass zu geben, der über sie hereinbricht und den eingewanderten Antisemitismus nicht endlich zu begrenzen?
Am Sonntag (12.11) will Essen mit einer Lichterkette an der Alten Synagoge ein symbolisches Signal geben. Das ist gut. Aber nur, wenn es nicht bei gut gemeinter Symbolik bleibt.