Essen. Im Nordviertel soll ein großer Büropark entstehen. Nun aber muss der Projektentwickler von den Plänen erstmal Abstand nehmen. Das ist der Grund.
Eigentlich sollten sich die Baukräne an der Herzogstraße und Graf-Beust-Allee in Essen längst drehen und der neue „Bürocampus Beust“ emporwachsen. Doch der Projektentwickler Sassenscheidt aus Düsseldorf hat das millionenschwere Bauprojekt erstmal auf Eis gelegt. Momentan ist nicht klar, wann es einen Baustart geben könnte. Allerdings stellt der geschäftsführende Gesellschafter Erik Sassenscheidt im Gespräch mit der Redaktion klar: „Wir glauben an das Projekt und halten daran fest.“ Ein Verkauf des Geländes sei nicht geplant.
Das Immobilienunternehmen hatte Ende 2019 die Fläche auf dem Graf-Beust-Areal vom Stahlhändler Knauf Interfer erworben und plant dort mehrere neue Bürogebäude. Bestandsgebäude wie die historische Kleineisenhalle sollen zudem saniert werden. Die Dimensionen des Campus klingen gewaltig: 28.000 Quadratmeter Bürofläche sind vorgesehen – die Investitionen sollen rund 100 Millionen Euro betragen. Der Bauantrag ist seit Mai vergangenen Jahres genehmigt, die Planungen und Ausschreibungsunterlagen liegen fertig in den Schubladen, sagt Sassenscheidt.
Sassenscheidt fehlen Mieter für den neuen Essener Campus „Beust“
Flexible Büroflächen, grüne Fassaden, viel Aufenthaltsqualität, energiesparende Gebäude: Sassenscheidt wähnte sich trotz – oder gar wegen – der Corona-Pandemie auf dem richtigen Weg mit seinem Konzept. Dieses sei auch nach wie vor zukunftsträchtig und trotz gestiegener Baupreise und Zinsen weiterhin wirtschaftlich umzusetzen, betont er. Allerdings fehlt es am Entscheidenden: Der Projektentwickler hat bislang keinen Mieter gefunden. „Leider fehlt derzeit das Interesse gerade an größeren Flächen“, so der Geschäftsführer.
Besonders Konzerne, die als sogenannte Ankermieter in Frage kämen, seien momentan sehr zurückhaltend. Um das Projekt anzugehen, müsste das Immobilienunternehmen allerdings etwa die Hälfte der Bürofläche schon im Vorfeld vermietet haben, um Banken für die Finanzierung zu gewinnen. Eine solch hohe Vorvermietungsquote allerdings scheint in der momentanen Bürokrise utopisch.
Sassenscheidt sieht gleich mehrere Gründe dafür, warum sich Unternehmen aktuell mit der Anmietung neuer Büros schwertun: Schlechte Konjunkturaussichten, Krisenherde wie der Krieg in der Ukraine oder in Israel verunsichern die Wirtschaft. Hinzu komme, dass viele Betriebe immer noch eine Antwort darauf suchen würden, wie hoch ihre Homeoffice-Quote künftig sein wird und wie viel Bürofläche sie noch brauchen. „Angesichts all dieser Fragen verlängern Unternehmen ihre laufenden Mietverträge und warten lieber erstmal ab“, glaubt Sassenscheidt.
Essener Büromarkt tut sich mit Neubauprojekten schwer
Auch die Lage im Nordviertel spielt Büroanbietern in der derzeitigen Krisensituation möglicherweise nicht gerade in die Karten. Hinzu kommt im Essener Markt, dass sich große Konzerne bereits entweder kleiner gesetzt haben, mit der Folge, dass viele Büroflächen leer stehen, oder erst in der jüngeren Vergangenheit neue Zentralen errichtet haben. Außerdem, so ist auch von anderen Projektentwicklern zu hören, würden Unternehmen ihre Entscheidungen für einen Umzug lieber zeitnah fällen, anstatt Jahre zu warten, bis ein Neubau fertiggestellt ist. Auch deshalb treffe die aktuelle Zurückhaltung gerade Neubauprojekte. In bestehenden Büroimmobilien läuft das Vermietungsgeschäft in Essen derweil noch ordentlich.
Erik Sassenscheidt glaubt, dass sich die Lage am Büromarkt so schnell nicht erholen wird. Statt ein bis zwei Jahre werde das Marktumfeld wohl eher mindestens fünf Jahre schwierig bleiben. Der Projektentwickler hat sich daher dazu entschlossen, sein Areal im Gewerbegebiet übergangsweise zu vermieten. Wer der neue Nutzer sein wird, sagte Sassenscheidt noch nicht – auch nicht, wie lange ein möglicher Interims-Mietvertrag laufen wird.
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