Essen-Frohnhausen. Der Essener Kammerjäger Volker Skor hat mehr Bettwanzen-Einsätze denn je. Er weiß, wie man sich vor den Tieren schützt und wie man sie bekämpft.
Sie sind klein, sie sind hartnäckig und sie ernähren sich von menschlichem Blut: Bettwanzen sind aktuell ein großes Thema in den sozialen Medien. Videos auf Social-Media-Kanälen wie TikTok oder Instagram zeigen etwa U-Bahn-Sitze in Paris, auf denen die kleinen Tierchen herumkrabbeln. Doch wie ist die Lage in Deutschland, was die unwillkommenen Tierchen angeht? Wir haben mit dem Essener Kammerjäger Volker Skor gesprochen.
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Seit 25 Jahren betreibt er die Skor Schädlingsbekämpfung GmbH an der Frohnhauser Straße 387. Zu Beginn seiner Ausbildung zum Kammerjäger seien Bettwanzen noch kein großes Thema gewesen, sagt er. „Die war so ein Randthema. Die Bettwanze galt als ausgestorben in unseren Breitengraden.“
Kammerjäger Volker Skor: Erkennbarer Anstieg der Bettwanzen-Einsätze im Jahr 2023
In den vergangenen zehn Jahren sei es dann in seiner Firma zu einem erkennbaren Anstieg der Bettwanzen-Einsätze gekommen. In diesem Jahr habe es dann besonders viele Einsätze gegeben: Von Januar bis Oktober 2023 habe die Firma 30 Prozent mehr Bettwanzen-Einsätze gehabt als im ganzen Jahr 2022 zusammen. Das mache für sein Team ungefähr fünf bis acht Einsätze pro Woche, in denen seine Techniker ausrückten, um die Parasiten zu bekämpfen.
Dass die Bettwanzen speziell aus Frankreich nach Deutschland eingeschleppt werden, hält Volker Skor für ein Gerücht. Tatsächlich kämen die lästigen Parasiten hierzulande nicht bei Reiserückkehrern, sondern vor allem in Sammelunterkünften vor. „Überall da, wo eine schnelle Fluktuation an Menschen stattfindet“, sagt er. Hotels seien zum Beispiel oft betroffen. Anschließend fallen die Tierchen manchmal in die Reisetasche und werden mit nach Hause genommen.
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Dort sind die Tierchen schlecht zu lokalisieren: Tagsüber lebten sie versteckt, etwa in Verzapfungen der Betten, in Nähten oder Fugen oder irgendwelchen Ritzen, sagt Skor. Sie lebten in „geselligen Grüppchen“ zusammen. Die Lebenserwartung einer Bettwanze betrage im Schnitt zwölf Monate. Die Weibchen legten aber im Laufe ihres Lebens rund 200 Eier. Bis eine Bettwanze den Erwachsenenstatus erreicht habe, müsse sie sich fünfmal häuten – und vor jeder Häutung braucht die Bettwanze eine Blutmahlzeit.
Bettwanze: „Blutmahlzeit“ kann bis zu 20 Minuten dauern
Eine „Blutmahlzeit“, wie Skor sie nennt, heißt, dass die Wanze dem Menschen nachts Blut abzapft. Eine solche Mahlzeit kann bis zu 20 Minuten in Anspruch nehmen. Zum Vergleich: Wenn eine Mücke einen Menschen sticht, dauert das höchstens fünfzehn Sekunden. „Die pumpen sich richtig voll mit Blut, die sind anschließend mitunter doppelt so groß wie vorher“, sagt Skor. Allerdings könne eine Bettwanze nach einer ausgiebigen Mahlzeit dann auch bis zu sechs Monate komplett ohne Blutmahlzeit überleben.
Das „einzig Gute“, was man über die Bettwanze erzählen könne: Die Stiche gelten nicht als krankmachend. Ähnlich wie Flöhe stechen Bettwanzen oft in einer Reihe oder direkt nebeneinander. Im Gegensatz zu Flöhen seien die Stiche von Bettwanzen allerdings oft in höheren Körperregionen zu finden, also zum Beispiel auf der Brust oder an den Armen. Flöhe, die oft eher in Teppichen lebten, stechen laut Skor eher an den Beinen.
Die Stiche seien auch oft erst der Grund, dass Menschen herausfänden, dass sie Bettwanzen haben. „Die meisten rufen bei uns an und sagen: Hier läuft irgendwas nachts über die Bettdecke und ich hab Stiche, können Sie sich die mal angucken?“, sagt Skor. Dazu sei sein Team allerdings nicht befugt, das müsse sich ein Arzt anschauen.
Allerdings gebe er den Anrufern dann in der Regel den Auftrag, ein Foto des Tiers zu machen, wenn es mal zu sehen sei, ob tot oder lebendig. Wenn auch das nicht möglich sei, müsse vor der Bekämpfung eine sogenannte Befallserhebung durchgeführt werden. Woran man Bettwanzen auch feststellen könne, sei ihr Kot: Er sehe aus wie dunkles Kaffeepulver und werde leicht rötlich, wenn man ihn zerreibt. Den findet man oft in den Verzapfungen des Bettes oder am Lattenrost, sagt der Kammerjäger.
Kammerjäger in Essen: Mit diesen Methoden können Sie sich schützen
Wenn Bettwanzen festgestellt wurden, rückt sein Team aus, um die lästigen Tierchen zu bekämpfen. Das funktioniert entweder über Insektizide, die gezielt auf die befallenen Stellen gesprüht werden. Oder das ganze Zimmer wird auf 60 Grad erhitzt, denn das ist die Temperatur, bei der die Tiere sterben. Dafür steht in Skors Firma auch ein sogenanntes Wärmezelt: Reiserückkehrer, die glauben, Bettwanzen mitgebracht zu haben, können im Wärmezelt ihr Reisegepäck abstellen. Dann wird es über einen Zeitraum von zwölf Stunden auf 60 Grad erhitzt, um die Parasiten zu töten.
Tatsächlich sei der Bettwanzen-Befall vielen Anrufern sehr unangenehm – dabei könne man bei diesen Schädlingen sicher sagen, dass sie nichts mit mangelnder Hygiene in einem Haushalt zu tun haben, sagt Skor. „Bettwanzen ist Hygiene tatsächlich egal.“ Es gebe allerdings trotzdem einige Präventiv-Maßnahmen, die Menschen ergreifen könnten, um sich vor Bettwanzen zu schützen: So könne man die Bettpfosten in Wassereimer stellen: „Da kommen die nicht drüber“, sagt er. So hätten viele Menschen sich schon während und nach dem Zweiten Weltkrieg gegen die Tiere geschützt.
Außerdem könne es helfen, das Bett frei im Raum aufzustellen. Die Bettwäsche sollte man regelmäßig waschen, mindestens bei 60 Grad, da sonst die Tiere nicht sterben. Es gebe auch spezielle Bettbezüge, auf denen Bettwanzen nicht gut krabbeln können. Viel staubsaugen könne als Präventionsmaßnahme auch helfen.
Kammerjäger aus Essen erklärt: Was tun, wenn man Bettwanzen bei sich feststellt?
Wenn alles nichts helfe und man doch Bettwanzen bei sich feststelle, gebe es nur noch einen Ausweg: „Wenn Sie merken, Sie haben Bettwanzen, dann ist es im Prinzip zu spät. Dann muss ein Fachmann her“, sagt Skor. Denn nur der könne die Tiere ordnungsgemäß entfernen. Er rät davon ab, sich selbst mit Insektiziden an der Beseitigung der Tiere zu versuchen. Die Giftstoffe könnten extrem schädlich sein, zumal man im Schlafzimmer viel Zeit verbringe und den Giften dort direkt ausgesetzt sei.
Auch Florian Kuhlmey, Pressesprecher beim Umweltbundesamt, sagt: „Bettwanzen zu bekämpfen, ist eine große Herausforderung, auch für professionelle Schädlingsbekämpfer*innen und dauert, je nach Stärke des Befalls, meist mehrere Wochen.“ Fehlerhafte Bekämpfungsmaßnahmen in Eigenregie könnten Kuhlmey zufolge die Situation noch verschlimmern und einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben.
Zur allgemeinen Situation der Bettwanzen in Deutschland sagt er: „Wir haben nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland ein Problem mit Bettwanzen.“ Es gebe dazu jedoch keine offiziellen Statistiken und es sei „nicht sehr wahrscheinlich, dass durch Bettwanzenbefälle in Frankreich die Zahl der Befälle in Deutschland zunimmt.“
Umweltbundesamt über Bettwanzen: „Rasant gestiegene öffentliche Wahrnehmung des Problems“
Dass das Bettwanzen-Thema erhöhte Aufmerksamkeit genieße, liege an „erhöhter Medienaufmerksamkeit, die durch soziale Netzwerke ausgelöst wurde“, sagt Kuhlmey. „Das bedeutet nicht, dass es in Frankreich kein Bettwanzenproblem gibt. Es hat aber nicht plötzlich einen Befallsausbruch gegeben, sondern vor allem eine rasant gestiegene öffentliche Wahrnehmung des Problems.“ Ein Bettwanzen-Befall könne vollkommen unabhängig von jeglichen hygienischen Bedingungen auftreten. Meldepflichtig sind Bettwanzen-Bisse übrigens nicht: Laut NRW-Gesundheitsministerium werden durch die Tiere keine Krankheiten übertragen.
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