Essen. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen zu einem Clan-Tumult eingestellt, obwohl es offenkundig Straftaten gab. Ein verheerendes Signal.

Obwohl es objektiv zu Straftaten kam, hat die Staatsanwaltschaft alle Verfahren rund um die Clan-Krawalle in der Essener Innenstadt eingestellt, weil man niemanden klar als Täter habe ausmachen können. Dieses niederschmetternde Ergebnis hat nicht nur viele Essener Bürger erbost, auch Oberbürgermeister Thomas Kufen fand in einem Brief an das NRW-Justizministerium klare Worte. Die Kernsätze verdienen es, noch einmal zitiert zu werden:

„Die Einstellung aller Verfahren ist ein fatales Signal in Richtung der Täter, Sympathisanten, Clans und auch in Richtung der Bevölkerung“, stellt der OB fest. Und: „Bei den Bürgerinnen und Bürgern entsteht der Eindruck, dass der Staat am Ende nicht in der Lage ist, die Kriminalität und in diesem besonderen Fall die Clans effektiv zu bekämpfen. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass keine Zuordnung, keine Ahndung, beispielsweise von Körperverletzungen, dem Tragen von Waffen oder Landfriedensbruch möglich ist, die es offenkundig gab.“

Clan-Ermittlungen: OB Kufen steht nach diesem Ergebnis da wie ein Sprücheklopfer

Exakt so ist es. Kufen, das spürt man, ist stinksauer, auch weil er selbst nach den Krawallen Entschlossenheit demonstrierte und nun wie ein Sprücheklopfer dasteht: „Polizei und Stadt dulden solche Tumultszenen nicht“, ließ er damals wissen. Wie nun aber leider klar wurde, mussten die Clans das keineswegs als Drohung auffassen, es wirkt im Nachhinein wie ein hilfloses Pfeifen im dunklen Wald.

Das Signal, das der Staat da sendet – da hat der OB Recht, – ist fatal. Wer nach einer solchen Aktion mit immerhin 169 Beteiligten ungestraft davonkommt, wird wenig Hemmungen haben, Ähnliches zu wiederholen und bei Gelegenheit weiter zu eskalieren. Bei der Tumultlage im Juni wurden acht Polizisten „nur“ verletzt. Das Waffenarsenal, das beschlagnahmt wurde, hätte aber noch weit Schlimmeres ermöglicht.

Wann ist die Video-Überwachung des öffentlichen Raums endlich leichter realisierbar?

Offensichtlich gibt es auch technische Gründe, weshalb nach vier Monaten Ermittlungsarbeit nicht mehr Beweismaterial zusammenkam. Videoaufnahmen waren entweder zu schlecht oder gar nicht vorhanden. Höchste Zeit, daran endlich etwas zu ändern, denn es kann nicht sein, dass sich Kriminelle immer wieder einen völlig überzogenen Datenschutz für ihre Zwecke einkalkulieren und nutzen können.

Die überwältigende Mehrheit der Bürger sieht Kameras im öffentlichen Raum nicht als Bedrohung, sondern als Verbesserung ihrer Sicherheit an. Wer als potenzieller Straftäter fürchten muss, dass er gefilmt wird, verhält sich vielleicht vorsichtiger. Und wenn nicht, ist er zumindest leichter überführbar. Wo liegt hier eigentlich ein Problem?

Der ganze Vorgang ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage katastrophal. Radikale Israel-Feinde – die Schnittmengen mit dem Clan-Milieu sind groß und fließend – werden die Einstellung der Ermittlungen mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Es ist durchaus möglich, dass auch in Essen in nächster Zeit gewalttätige Demos losbrechen. Kann die Justiz dann mehr auf die Waagschale legen, um Recht und Gesetz durchzusetzen und Straftäter zu überführen? Nach dieser Pleite ist das sehr zweifelhaft.