Essen-Stadtwald. Eigentlich sollte sie helfen, die Coronazeit zu überbrücken. Warum die Grillhütte am „Wirtshaus Zur Heimlichen Liebe“ erst jetzt im Einsatz ist.
Von draußen wirkt sie wie eine gemütliche kleine Hütte, die – etwas größer vielleicht – auch irgendwo in den Bergen stehen könnte. Drinnen lodert ein warmes Feuer, darüber brutzeln bereits die ersten Steaks, Würstchen, Fisch und Gemüse. Ein idealer Ort, in dem man auch im tiefsten Winter mit Freunden gemütlich grillen könnte. Für Stefan Romberg, Geschäftsführer im „Wirtshaus Zur Heimlichen Liebe“, sollte die so genannte Grillkota die Geschäftsidee sein, die ihn über die Coronazeit mit drohenden Lockdowns und weiteren Einschränkungen tragen sollte. Doch ein schier endloser Gang durch die Bürokratie sorgte dafür, dass er erst jetzt eröffnen kann.
„Ich habe vor einigen Jahren bei einem Freund in Bayern dessen 50. Geburtstag gefeiert“, erzählt Romberg, wie er auf die Idee gekommen ist. „Wir haben da mitten im Winter gegrillt. Und zwar in genauso einer Hütte, wie sie jetzt hier bei uns steht. Wir haben da drinnen einen feucht-fröhlichen Abend erlebt, und ich habe schon nach einer Minute gesagt: So ein Ding will ich in unserem Biergarten haben.“ Mit einem Feuerchen in der Mitte und einem Kamin, über den der Rauch abzieht. „Ein paar Monate später war ich mit einem Freund in Finnland, da steht diese Grillkota an jeder Ecke“, erzählt er weiter. „Wir saßen da in dieser Hütte und haben Konzepte gemacht, was man alles wie anbieten kann.“ Es war der Beginn der Coronazeit, und die Idee, draußen zu grillen und einen warmen Ort für geschlossene Gesellschaften anbieten zu können, schien ideal. Romberg: „Das ist einzigartig im Ruhrgebiet.“
8000 Euro in eine Grillkota investiert
Gesagt, getan: Im April 2020 investierte Romberg 8000 Euro in eine finnische Grillkota mit Platz für 14 Personen. Ein Ort am Ende des Biergartens gleich neben dem Spielplatz war schnell gefunden. Wie sieht es mit Genehmigungen aus? „Mein Vater ist Architekt. Der hat recherchiert und herausgefunden, dass man für so eine Hütte keine Baugenehmigung braucht. Eine Grillkota ist nicht genehmigungs-, sondern nur anzeigepflichtig.“ Eine schlüsselfertige Hütte, die sich andere in den heimischen Garten stellen, benötige keine Baugenehmigung.
Allerdings: Das „Wirtshaus Zur Heimlichen Liebe“ grenzt direkt an ein Landschaftsschutzgebiet. Will sagen: Die Untere Landschaftsbehörde muss einer Feuerstelle in einem Umkreis von 100 Metern zustimmen. Romberg: „Leider ist dazu ein Ortstermin notwendig, und der war wegen Corona zehn Monate lang nicht möglich. Selbst alleine und draußen wollte man sich nicht mit uns treffen.“ Auf mehrfache Nachfrage habe man dann erklärt, eine Genehmigung sei nur dann möglich, wenn ein Bauantrag gestellt werde. „Also haben wir das Unmögliche versucht, einen Architekten gesucht, der uns half, einen 80-seitigen Bauantrag zu stellen für eine Grillkota, die in Finnland hundertfach im Wald steht.“
Bauantrag zieht sich über eineinhalb Jahre
Und auch der Bauantrag zog sich hin. Die Untere Landschaftsbehörde verwies mehrfach auf grobe Mängel im Antrag. „Es tauchten Fragen auf, die ich nicht nachvollziehen konnte“, wundert sich Romberg. „Zum Beispiel wie die Abluft funktioniert, denn es gab ja keine elektrische Esse. Aber es gibt doch einen Kamin, das funktioniert seit Hunderten von Jahren. Egal, wir haben eine elektrische Abluft für 700 Euro einbauen lassen. Dann wollten die wissen, wie viele Fluchtwege es pro Etage gibt. Ich habe gesagt: Sie haben die Hütte doch gesehen. Es gibt nur eine Ebene, und die hat nicht mal zehn Quadratmeter. Ja, wissen wir, hieß es, aber beantworten Sie bitte die Frage. Das alles erinnerte mich doch sehr an einen Schildbürgerstreich.“
Weitere eineinhalb Jahre gingen ins Land. Brandschutzkonzepte wurden entwickelt, Fragen zur Barrierefreiheit beantwortet für einen Biergarten, der ohnehin nur über eine Treppe zu erreichen ist. Schließlich musste Romberg nachweisen, dass die Hütte auf dem Terrassenboden steht und nicht auf Lehmboden. „Alle, denen ich im Laufe der Jahre von dem Projekt erzählt habe, haben gesagt: Das kriegt ihr niemals durch.“
Grillkota an der „Heimlichen Liebe“
Ab November kann die Grillkota für bis zu 14 Personen gebucht werden: 0201 435200.
Preise bewegen sich je nach Wünschen zwischen 40 Euro pro Person für Selbstgriller und 150 Euro pro Person für das All-inclusive-Paket. Begleitende Weine und Wasser sind inklusive.
Das Wirtshaus bietet im Biergarten weitere Events an wie „Auf Kohle geboren“ und „Flammlachs grillen“. Informationen unter www.heimliche-liebe.de.
Und nun ist es doch so weit. „Nach insgesamt drei Jahren haben wir jetzt endlich die Baugenehmigung und die Befreiung von der Unteren Landschaftsbehörde. Es kann losgehen.“ Im November, wenn die ersten kalten Tage über das Ruhrgebiet hereinzubrechen drohen, startet das „Wirtshaus Zur Heimlichen Liebe“ das Angebot. „Wir haben hier ohnehin viele Outdoor-Events, auch im Winter“, erzählt Romberg. „Das ist ja bei uns wie in den Bergen, nur mit Blick auf den Baldeneysee. Es gibt im Winter Glühwein, und es wird draußen gegrillt. Und jetzt gibt es für Gruppen auch noch die Grillkota.“
Vom Steak bis zur Muschel: Grillkota wird zelebriert
Und die wird regelrecht zelebriert - wenn die Gäste denn wollen. „Die Leute können von uns Fleisch und Getränke bekommen und selbst grillen. Oder sie überlassen es uns.“ Der so genannte „Grill Thrill“ ist die exklusivere Variante. In sieben Gängen bereitet Romberg dann immer neue Kleinigkeiten zu: Tomahawk- und Porterhouse-Steak, Fisch, Wildtaube, Flammlachs, Gemüse, sogar Muscheln. Dazu werden verschiedene Weine serviert. „Das wird alles sehr langsam und schonend gegart. Wenn die Gäste kommen, dann liegt so ein Steak oder ein Fisch teilweise schon sieben Stunden auf dem Grill.“ Stolz ist Romberg auch auf die Soßen: „Es gibt da eine asiatische Geschichte, da tunkt man das Fleisch erst in Eigelb und dann in eine Sojasoße mit Wasabi oder Chili, das kann man alles vorbestellen.“
Ab November ist die Grillkota an der „Heimlichen Liebe“ in Betrieb, erste Reservierungen gibt es bereits. Für Romberg kann der Winter kommen.