Essen-Horst. Ob Ruhrbesetzung, Bergbau oder Bach: Der Heimatgeschichtskreis Eiberg hält die Historie der einstigen Ortschaft in Essen wach. Was ansteht.
Sie bieten Vorträge zur Geschichte des Hellwegs oder zum Uhlental an, sie stellen Tafeln an historischen Standorten auf, schreiben Bücher über den Bergbau, über Sagen und über die erste historische Erwähnung Eibergs im Jahr 1166: Die Mitglieder des Heimatgeschichtskreises Eiberg bewahren mit ihren Aktivitäten die Historie der einstigen Gemeinde. Jetzt haben sie das Vortragsprogramm für das zweite Halbjahr 2023 herausgebracht – ein Gespräch mit dem Vorsitzenden Christian Schlich.
Herr Schlich, der Heimatgeschichtskreis Eiberg existiert nun seit 28 Jahren. Was machen Sie eigentlich?
Sie haben Recht, der Heimatgeschichtskreis ist 1995 gegründet worden. Damals noch in sehr kleiner Runde, dann immer größer. Wir haben jetzt ungefähr 120 Mitglieder. Darüber hinaus besuchen unsere Vorträge natürlich auch andere, die nicht Mitglieder sein müssen. Die Veranstaltungen sind für jedermann frei zugänglich. Wir versuchen, die Geschichte der ehemaligen Gemeinde Eiberg nachzuzeichnen, die bis 1919 selbstständig war, bevor sie in der Großgemeinde Königssteele aufgegangen ist und dadurch die Eigenständigkeit verloren hat.
Königssteele gibt es mittlerweile aber auch nicht mehr.
Mit der Eingemeindung Königssteeles in die selbstständige Gemeinde Steele 1926 hat man Eiberg leider gedrittelt. Wie das so ist bei Eingemeindungen: Der eine muss etwas kriegen und der andere auch. Der größte Teil ist nach Steele gekommen, dieser Teil um den Bahnhof Eiberg herum existiert unter diesem Namen ja noch. Ein Teil ging nach Bochum-Dalhausen und ein dritter Teil zur damals noch selbstständigen Stadt Wattenscheid. Das Problematische und zugleich Interessante ist, dass wir versuchen, auf beiden Seiten der Stadtgrenze diese Geschichte bis in die Neuzeit hinein nachzuvollziehen. Und das, was wir erarbeiten, packen wir in Vorträge und Bücher und versuchen so, mit unserer Geschichtsinitiative diesen alten Ortsteil wach zu halten. Denn den Stadtteil Eiberg gibt es ja nicht mehr.
Sie haben gerade das Programm für das zweite Halbjahr veröffentlicht. Wie entscheiden Sie eigentlich, welche Themen in den Vorträgen behandelt werden?
Vieles richtet sich nach den historischen Terminen und ob es beispielsweise einen bestimmten runden Geburtstag gibt. In diesem Jahr ist das beispielsweise die Besetzung des Ruhrgebiets 1923, also vor 100 Jahren. Wir versuchen dann, dies zu reflektieren auf die allgemeinen Gegebenheiten in Steele und vor allem in Eiberg: Was hat sich da zugetragen?
Die Termine im 2. Halbjahr 2023
21.9., 19.30 Uhr: 1923 - Die Besetzung des Ruhrgebiets und unserer Heimat vor 100 Jahren, Christian Schlich, Begegnungsstätte Franz-Sales-Haus, Schultenweg 137
19.10., 19.30 Uhr: Das Horster Ehrenmal, Arnd Hepprich, Begegnungsstätte Franz-Sales-Haus, Schultenweg 137
26.10., 19 Uhr: 1823 - Die Urkatasteraufnahme der Gemeinde Eiberg vor 200 Jahren mit seinen Flurbezeichnungen, Christian Schlich, Gaststätte Vogelsang, In der Mecklenbecke 12, Bochum-Wattenscheid-Höntrop
16.11., 19.30 Uhr: Die Renaturierungsmaßnahme des Eibergbaches, Roy Daffinger (Unternehmenssprecher Technik) und Dipl.-Ing. Thomas Sümpelmann (Bauleiter Entwässerung), Stadtwerke Essen, Begegnungsstätte Franz-Sales-Haus, Schultenweg 137
19.11., 15 Uhr: Totengedenken zum Volkstrauertag am Friedensbildstock, Varenholzstr. 160, Obereiberg
3.12., 14.30 - 17 Uhr: Geschichtlicher Kaffeeklatsch, Begegnungsstätte Franz-Sales-Haus, Schultenweg 137
Deshalb beschäftigt sich der Vortrag am 21. September mit der Ruhrbesetzung...
… die ja tatsächlich Auswirkungen auf Eiberg gehabt hat, vor allem auf die Zechen und auf das Gewerbe, weil das ja alles beschlagnahmt worden ist. Und das sind die Dinge, die wir da in einem Vortrag zusammenzuführen.
Halten Sie diese Vorträge?
Den Vortrag zur Ruhrbesetzung halte ich. Aber dann haben wir natürlich auch andere Referenten wie Arnd Hepprich vom Steeler Archiv, der am 19. Oktober etwa über das Horster Ehrenmal berichtet. Das greift ebenfalls in die Zeit der Ruhrkämpfe ein. Das Denkmal ist umstritten, weil es zur Zeit des NS-Regimes geschaffen worden ist. Ein weiteres Datum ist die erste Aufnahme Eibergs ins Urkataster vor 200 Jahren, wo ich wiederum versuche darzustellen, wie die Gemeinde damals ausgesehen hat. Das Schöne an diesem Urkataster sind die vielen Flurbezeichnungen. Das kennt man heute gar nicht mehr. Heute gibt es Straße und Hausnummer, aber diese Häuser standen auf so genannten Fluren, die die Landwirte bewirtschaftet haben. Die Begrifflichkeiten, die dahinter sich verbergen, deuten darauf hin, wie etwa im Mittelalter die Nutzung dieses Grundstücks war.
Ein deutlich aktuelleres Thema ist dagegen die Renaturierung des Eibergbaches.
Da haben wir ein Thema aufgegriffen, das aus einer unserer Mitgliederversammlungen heraus entstanden ist. Es tauchte der Wunsch auf, etwas über den Eibergbach zu hören, der ja historisch gesehen eigentlich Mecklenbecke hieß und von Höntrop über Eiberg und Horst in die Ruhr floss. Dieser Bach ist ähnlich wie die Emscher in frühen Jahren als Kloake benutzt worden und jetzt renaturiert worden. Unsere Mitglieder haben diese Maßnahme hautnah mitbekommen: Straßen konnten nicht befahren werden, weil da riesige Schächte angelegt wurden. Man hat ja als Laie nur diese großen Löcher in der Straße gesehen. Also haben wir die Stadtwerke Essen gebeten, darüber mal einen Vortrag zu halten. Es kommt der ehemalige Bauleiter, der uns interessante Einblicke geben wird.
Welche Veranstaltungen stehen in diesem Jahr noch an?
Jedes Jahr im November machen wir am Volkstrauertag ein Totengedenken am Hof Hinderfeld bei Bauer Heinrichs. Das findet im Bochumer Teil von Eiberg statt. Obereiberg war die alte Flurbezeichnung, also „oben im Eiberg“. Aber im Volksmund wurde das immer als Obereiberg bezeichnet. Da ist von den Landwirten einst ein Friedensbildstock aufgestellt worden. Und da machen wir eine Gedenkfeier mit einem Priester und einer kleinen Ansprache.
Gucken wir weiter ins Programm: Was ist eigentlich ein geschichtlicher Kaffeeklatsch?
Das machen wir in jedem Jahr immer um den Ersten Advent herum. Dann gehen wir mal raus aus der Vortragsform, setzen uns einfach zusammen, trinken Kaffee im Eiberger Café oben in der ehemaligen Kirche und machen Smalltalk. Der ein oder andere bringt auch schon mal alte Bilder mit oder erzählt Dönekes von früher.
Gibt es eigentlich noch richtige Eiberger?
Viele Menschen hier fühlen sich als Eiberger und bezeichnen sich auch noch so. Wir wollen nicht die Stadtgeschichte umschreiben oder einen Stadtteil Eiberg haben. Aber es soll auch nicht vollständig in Vergessenheit geraten, dass es Eiberg gibt.