Essen-Altenessen. Neuntklässler aus Altenessen haben im Physik-Kurs eine Sonde gebaut und diese ins Weltall geschickt. Mit auf die Reise ging auch ein Schokokuss.

„Zehn, neun, acht, sieben….“ Eine Menschentraube hat sich auf dem Schulhof der Gertrud-Bäumer-Realschule in Essen-Altenessen versammelt. Bis null zählen die Schüler im Chor herunter, dann lässt der Physiklehrer der Klasse die Sonde los und sie steigt, an einem Heliumballon befestigt, in den wolkenlosen Himmel auf. Innerhalb von Sekunden ist die Sonde in den Himmel und aus dem Blickfeld der Schüler verschwunden.

In den kommenden anderthalb Stunden wird die Sonde bis auf rund 40.000 Meter ins Weltall aufsteigen. Das ist das Drei- bis Vierfache der Höhe, die Verkehrsflugzeuge erreichen. Von dort oben wird die Sonde über zwei außen befestigte Kameras Fotos von der Sonne, der Erde und dem Weltall machen. Schließlich wird der Heliumballon platzen und einen Fallschirm öffnen lassen, der die Sonde innerhalb von rund 90 Minuten wieder auf den Erdboden zurückbringt.

Realschule in Altenessen: Schüler bauen Sonde und schicken sie ins Weltall

Im vierten Jahr in Folge haben die Schülerinnen und Schüler der Gertrud-Bäumer-Realschule in Essen-Altenessen eine Sonde gebaut und diese ins All geschickt. Die 18 ausgewählten Neuntklässler der Realschule haben die Sonde innerhalb von zwei Tagen aus Styropor gebaut. Styropor eignet sich als Material, weil es auf der Wasseroberfläche schwimmt – falls die Sonde nach ihrem Flug auf dem Wasser landet.

In einem fertig gebauten Styroporquader haben die Jugendlichen einen Datenlogger und einen GPS-Sender verstaut und Kameras an der Außenseite angebracht. Die Sonde liefert auch Informationen wie Temperatur und Luftdruck und übermittelt diese direkt an den Physikkurs der Schule.

Stolz zeigen die Schülerinnen und Schüler der Gertrud-Bäumer-Realschule den Styroporquader, den sie gebaut haben, um ihn ins Weltall zu schicken.
Stolz zeigen die Schülerinnen und Schüler der Gertrud-Bäumer-Realschule den Styroporquader, den sie gebaut haben, um ihn ins Weltall zu schicken. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Initiiert wurde das Projekt von Mehmet Dalar, Lehrer für Mathematik und Physik an der Realschule in Altenessen. Dalars Ziel ist es, seine Schülerinnen und Schüler für MINT-Fächer wie Physik und Mathematik zu begeistern. Gerade in diesem Bereich und besonders auch in Ausbildungsberufen mit Technikbezug sei der Fachkräftemangel groß. „Ich kümmere mich darum, dass wir in Schwung kommen bei dem Thema“, sagt Dalar.

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Die Schülerinnen und Schüler der Realschule sind begeistert von dem Projekt: „Wir haben viel zusammengearbeitet“, sagt etwa eine 14-jährige Teilnehmerin. Mathe sei ihr Lieblingsfach. „Ich könnte mir gut vorstellen, später im technischen Bereich zu arbeiten.“ Eine andere Teilnehmerin beschreibt es als ein „krasses Gefühl“, die Sonde ins Weltall steigen zu sehen.

Physiklehrer Mehmet Dalar möchte Realschüler für MINT-Themen begeistern

Beim Bau der Sonde mussten die Schülerinnen und Schüler sich mit verschiedenen technischen Punkten auseinandersetzen. Zum Beispiel mussten sie die richtige Heliummenge und den Auftrieb des Ballons berechnen. Sie fanden Antworten auf Fragen wie: Wieso nimmt der Luftdruck mit zunehmender Höhe ab? Wie funktioniert Schwerkraft und wo beginnt der Weltraum? Warum ist Helium leichter als Luft und warum klingt die eigene Stimme wie Mickey Maus, wenn man es einatmet? Die Jugendlichen mussten außerdem den Technikkasten so programmieren, dass er die gewünschten Werte liefern konnte.

Eine Besonderheit in diesem Jahr: Die Schüler haben auf ihrer selbstgebauten Sonde einen Schokokuss befestigt. Ziel der Jugendlichen sei es, den Schokokuss ins Weltall zu schicken und zu sehen, was mit ihm passiert: Dehnt er sich aus? Platzt er? Kann man ihn danach noch essen?

Wo die Sonde nach ihrem kurzen Trip ins Weltall landen wird, ist bei ihrem Start am Mittwochmorgen (23. August) noch unklar. Im vergangenen Jahr landete sie laut Mehmet Dalar in Hannover. Die Berechnungen von Wetterbedingungen und Windströmungen hätten ergeben, dass die Sonde dieses Jahr im Sauerland landen könnte.

Nach dreistündigem Flug: Sonde und Schokokuss stecken im Baum fest

Und tatsächlich: Als Mehmet Dalar sich am Nachmittag bei unserer Redaktion meldet, erzählt er, dass die Sonde in der Nähe von Soest mitten auf einem Baum gelandet sei. Eine ungünstige Situation: „Ich habe keinen Kletterschein, wir müssen tatsächlich einen Baumkletterer holen“, sagt der Physiklehrer lachend.

In den kommenden Tagen werde die Sonde dann vom Baum geholt. Anfang September werden die Fotos und Daten gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern ausgewertet. Ob auch der Schokokuss die Landung im Baum überlebt hat, werde man dann sehen.

Finanzierung des Projekts

Gefördert wird das Projekt seit knapp drei Jahren durch „ZDI“ (Zukunft durch Innovation), eine Gemeinschaftsoffensive zur Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses in Nordrhein-Westfalen.

Die Institution finanziert MINT-Projekte – Projekte, die im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik liegen.

Das „ZDI NRW“ hat den Schülerinnen und Schülern auch das Material zum Bau der Sonde zur Verfügung gestellt

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