Essen-Werden. Die Aktion „Gießkannenhelden“ findet viel Zuspruch in Essen. In Werden sorgen Kita-Kinder und Senioren dafür, dass dürstende Bäume versorgt sind.
Noch nie war es so einfach, ein Held oder eine Heldin zu werden. Das geht so: Gießkanne schnappen, Wasser rein, zum nächsten dürstenden Baum damit und ihn wässern. In Werden gehen die ältere und die ganz junge Generation mit gutem Beispiel voran.
Zunehmend bedrohen Hitze und Trockenheit das Stadtgrün. Dabei ist es so wichtig für unser Wohlergehen. Es kühlt, spendet Luft und schenkt Lebensqualität. Das Projekt „Gießkannenheld:innen“ will die Essener Stadtbäume vor Hitze und Dürre retten. Freiwillige sorgen dafür, dass die Bäume in ihren Straßen ausreichend Wasser bekommen. Doch woher das kühle Nass zum Gießen nehmen?
1000-Liter-Tank steht auf dem alten Postgelände
Herger Strötgen kann ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, an Wasser zu kommen. Der Senior gießt seit Jahren stark angeschlagene Straßenbäume in der Werdener Altstadt, an Brück- und Heckstraße sowie auf der Brehminsel. Gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Klimagerecht-mobil-Werden“ suchte er nach einem geeigneten Aufstellort für einen 1000-Liter-Tank.
Man musste so manche Klinke putzen. Der vorgeschlagene Standort am Gymnasium Essen-Werden kam leider nicht zustande. Aus der nahegelegen Ruhr Wasser zu entnehmen, ist streng verboten und mit Ordnungsgeldern belegt. Da kam „Platzschenker“ Franz Schleich ins Spiel. Als Initiativensprecherin Barbara Vlijt den Geschäftsführer der Jagi Immobilien GmbH ansprach, stimmte er zu, auf dem Gelände der alten Post in der Hufergasse einen Wassertank aufstellen zu lassen.
Franz Schleich betont: „Wenn wir Werden und die Werdener unterstützen können, dann machen wir das gerne. Es ist ökologisch viel sinnvoller, wenn das Regenwasser genutzt wird und nicht in den Kanal läuft. Wir baten unsere Mieter, also Musikschule und Post, um Zustimmung. Das war auch kein Problem.“
Nach dem Patenprinzip übernimmt die Klimainitiative die Verantwortung und entscheidet, ob der Tank für die Öffentlichkeit zugänglich ist oder nur von privaten Gießgruppen genutzt werden soll. Kosten entstehen ihnen dabei nicht.
Die Kita-Kinder gießen alte Baumriesen
Die Kita Lummerland an der Forstmannstraße hat gleich drei Wassertanks erhalten. Die 84 Kinder der katholischen Einrichtung gießen die Hochbeete, alte Baumriesen und frisch gepflanzte Apfelbäume auf dem Kita-Gelände, aber auch in der benachbarten Parkanlage des Alten Friedhofs. Leiterin Sabine Will strahlt: „Wir sind von Familie Galla auf die Gießkannen-Aktion hingewiesen worden. Ein tolles Projekt. Den Kindern wird klar, wie wichtig Wasser für uns alle ist.“
Herkömmliche Regentonnen stellen für kleinere Kinder eventuell eine Gefahr dar, gibt die 52-Jährige zu bedenken. Aber nicht die frei Haus gelieferten 1000-Liter-Tanks: „Es handelt sich ja um ein geschlossenes System.“ Unter tatkräftiger Mithilfe der Eltern wurden die Tanks aufgestellt: „Und dann begann es zu regnen.“
Nun startete ein beachtlicher Erkenntnisprozess: „Die Kinder waren natürlich heiß darauf, die Bäume zu gießen. Hat bei Regen aber wenig Sinn.“ Die Kinder hätten sich dennoch total gefreut, dass ihre Fässer voll werden und erkannt: „Wenn die Hitze wiederkommt, haben wir Gießwasser und müssen kein Leitungswasser nehmen.“
Fahrrad-Demo durch die Altstadt
Wer beim Projekt „Gießkannenhelden“ mitmachen will, kann sich online (www.giesskannenheldinnen.de) und telefonisch (0201 839 149 0) bei der Essener Ehrenamt-Agentur registrieren und beraten lassen.
Die Bürgerinitiative „Klimagerecht-mobil-Werden“ möchte am 23. September vormittags eine Fahrrad-Demo als Rundtour durch die Altstadt von Werden führen.
Die nächste Klimaveranstaltung steht dann am 27. September auf dem Programm. Ab 19 Uhr geht es im großen Saal von Haus Fuhr, Heckstraße 16, um die Mobilität in Werden und den vorgeschlagenen Altstadtring.
Dass Kinder den Wert des Trinkwassers als endliche Ressource kennen und schätzen lernen, liege voll im Konzept der Kita Lummerland, sagt Sabine Will: „Uns ist Partizipation wichtig. Die Kinder bestimmen mit, sie entscheiden aufgrund von Informationen. Da ist es auch wichtig, dass ihnen klar wird, wie kostbar Leitungswasser ist. Beim Händewaschen drehen sie mittlerweile den Hahn zu, wenn sie sich die Hände einseifen.“
Weitere Helfer sind beim Projekt willkommen
Zurück zum Posthof. Umweltaktivist Frank Münter fährt den Tank vor und stellt ihn auf. Nun gibt er Tipps, wie man den Hahn auswechselt und mit einem Schloss sichern kann. Ein Dachdecker schließt den Tank ans Regenfallrohr an. Ein sogenannter „Regendieb“ sichert per Ventil, dass das Wasser bei vollem Tank nicht ungebremst daneben läuft. Frank Münter hat auch Wassersäcke für Bäume, Westen und Gießkannen in drei Größen dabei. Sie bestehen aus recyceltem Plastik „Made in Germany“.
Helferin Martina Schmitz-Strehlau erklärt: „Immer mittwochs um 15.30 Uhr wird der Wasserhahn geöffnet. Wir schwärmen aus und gießen Straßenbäume, die es dringend nötig haben. Helfer sind höchst willkommen.“ Der Wassertank auf dem Posthof solle aber nicht der einzige der Werdener Altstadt bleiben, findet ihre Mitstreiterin Martina Schmitz: „Vielleicht können wir so weitere Geschäftsleute animieren, bei sich einen Tank aufzustellen. Ich könnte mir auch sehr gut einen vorm Rathaus vorstellen.“
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