Essen-Altendorf/Bochold. Starkregen sorgte für Überschwemmungen in mehreren Essener Stadtteilen. Wie es dazu kommen konnte und was Anliegern geraten wird.
Nach dem heftigen Starkregen, der in Altendorf, Frohnhausen und Bochold zahlreiche Straßen, Keller und mehrere Kleingärten unter Wasser setzte, bleiben bei den Anliegern des Borbecker Mühlenbachs viele Fragen zurück. Sie machen sich Sorgen, was ihnen noch bevorsteht, wenn es öfter Starkregen gibt und die Wassermassen womöglich noch zunehmen.
Eine Überschwemmung wie die am 9. Juli haben die meisten noch nicht erlebt. Es war zunächst ein sonniger Sonntag, dann zog sich der Himmel langsam zu, über Wetterdienste und die Warn-App „Nina“ gingen die ersten Warnungen ein. Der Regen setzte ein, wurde immer heftiger, bis die Kanäle an vielen Stellen nichts mehr aufnehmen konnten.
Manche Kanaldeckel hoben sich durch den Druck hoch, Wassermassen strömten über Straßen und Wege, rein in die Keller. Im Bereich von Mühlengrund und Mühlenaue in Bochold zum Beispiel waren mehrere Häuser betroffen, nahe des S-Bahnhofs Frohnhausen ließen sich Menschen auf Luftmatratzen die Straße hinunter treiben.
Wassermassen überfluten Kleingärten in Essen-Altendorf
Teils dramatische Szenen erlebten die Menschen in der Kleingartenanlage an der Nöggerathstraße in Altendorf. Das Wasser überschwemmte ihre Gärten und die Lauben. Bis zur Hüfte standen die Pächter der Parzellen im Wasser, die in einer Reihe entlang des Borbecker Mühlenbachs liegen. Ein Paar, das wortwörtlich mit dem Rücken zur Wand in einem kleinen Raum stand, bekam es mit der Angst zu tun. Der Grund für die Überschwemmung waren die Abwasserkanäle, die die Massen nicht aufnehmen konnten. Der Bach selbst stieg auch stark an, trat aber nicht über den Deich. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk rückten an, um beim Abpumpen zu helfen, noch tagelang danach mussten die Kleingärtner ihre Anlagen selbst vom übrigen Wasser und von Schlamm befreien.
„Wir füllen jetzt schon den zweiten Container mit Sperrmüll“, sagt Kleingärtner Christian Mertineit, dessen eigener Garten nicht betroffen war, der aber bei den Aufräumarbeiten hilft – unter anderem weil es viele ältere Pächter getroffen hat. So manche Möbel aus den überfluteten Lauben seien nicht mehr zu gebrauchen. „Eine Versicherung gegen Elementarschäden hat kaum jemand“, sagt Achim Regin, Obmann der Kleingartenanlage. Beschädigt ist außerdem der Weg zwischen Kleingartenanlage und Borbecker Mühlenbach, der Untergrund ist teils weggespült worden.
So heftig war der Starkregen im Essener Westen
Die Kleingärtner und Hausbewohner im betroffenen Gebiet sorgen sich nun, dass es in Zukunft häufiger zu so heftigen oder gar noch heftigeren Starkregenereignissen kommen könnte. Sie fragen sich, ob Bach und Kanalsystem für das ausgelegt sind, was noch kommen könnte und wer die Schäden übernimmt.
Die Emschergenossenschaft, die für den Borbecker Mühlenbach und einige der umliegenden Kanäle zuständig ist, bestätigt die Schwere des vergangenen Unwetters. Am 9. Juli seien „innerhalb von 15 Minuten zwischen 30 und 44 Millimeter Niederschlag gefallen. Innerhalb von 60 Minuten wurden bis zu 58 Millimeter und innerhalb von 90 Minuten bis zu 60 Millimeter Niederschlag aufgezeichnet“, erklärt Meike Delang, Pressesprecherin der Emschergenossenschaft. „Dies entspricht einem Starkregenereignis, wie es statistisch nur einmal in über 100 Jahren eintritt. Kanäle werden gemäß technischem Regelwerk in Stadtzentren so dimensioniert, dass sie bei einem Starkregenereignis, welches statistisch gesehen maximal alle 30 Jahre wieder eintreten kann, überflutungssicher sind.“
Das nun eingetretene Extremereignis habe weit darüber hinaus gelegen. Daher hätten die Kanäle, die teilweise der Emschergenossenschaft und teilweise der Stadt Essen gehörten, die extremen Regenmengen nicht aufnehmen können und seien überlastet gewesen.
Starkregen: Emschergenossenschaft rät zu Vorsorgemaßnahmen
Die Hochwasserschutzmaßnahmen am Borbecker Mühlenbach hätten funktioniert. „Die Hochwasserrückhaltebecken haben sich gefüllt und so den Bach entlastet“, so Delang. Die Renaturierung des Mühlenbachs diene ebenfalls dem Hochwasserschutz, weil das Wasser danach in den Ufer- und Auenbereichen versickern oder zurückgehalten werden könne, Uferbepflanzung und natürliche Schlingen sollen die Abflussgeschwindigkeit verlangsamen.
Einen absoluten Schutz vor Hochwasser bei Extremwetterlagen werde es allerdings nicht geben können, so Delang: „Und leider bringt der Klimawandel auch mit sich, dass solche Ereignisse vermehrt auftreten werden. Deswegen ist es wichtig, dass von allen Akteuren Vorsorgemaßnahmen getroffen werden.“ Dazu gehörten zum Beispiel Versickerungsmöglichkeiten, die Installation von Rückschlagklappen in Privathäusern und eben die Renaturierung von Gewässern, zu der die Emschergenossenschaft beitrage. Über die Starkregenkarte der Stadt Essen können sich alle Bürgerinnen und Bürger darüber informieren, ob sie in einem potenziellen Überschwemmungsgebiet wohnen.
Kritiker fordern, dass Kanäle und Sicherheitsmaßnahmen stärker an Prognosen für künftige Wetterereignisse ausgerichtet werden müssten als an Daten zurückliegender Ereignisse. „Es muss berücksichtigt werden, dass sich das Klima verändert“, fordert etwa Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger (Grüne). Nach dem zurückliegenden Starkregen werden die Betroffenen, die keine entsprechende Versicherung haben, die Schäden selbst begleichen müssen. Der teils weggespülte Weg zwischen Mühlenbach und Kleingartenanlage in Altendorf gehört der Stadt. Weil die Emschergenossenschaft ihn als Wirtschaftsweg nutzt, hat sie eine Beteiligung an der Instandsetzung angekündigt.
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