Essen. Neuste Statistik zeigt, wo die meisten Menschen in Essen von staatlicher Unterstützung leben. Die Unterschiede im Stadtgebiet sind dabei groß.

Im Kampf um die Armut kommt die Stadt Essen - wenn überhaupt - nur in sehr kleinen Schritten voran. Fast 101.500 Essenerinnen und Essener sind im vergangenen Jahr auf staatliche Unterstützung angewiesen gewesen. Das sind 17,1 Prozent der Bevölkerung und somit fast jeder Sechste. Immerhin: Vor zwei Jahren lebten noch rund 1300 Menschen mehr von staatlichen Leistungen wie Hartz IV, Grundsicherung im Alter oder von Asylgeld. Die Quote lag damals bei 17,4 Prozent.

Die Zahlen stammen aus der Sozialstatistik, die die Stadtverwaltung jetzt veröffentlicht hat. Sie zeigt, wie viele Menschen bzw. Haushalte in Essen jeweils zum 31. Dezember ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestreiten konnten.

Höchste Quote in Altendorf, niedrigste in Byfang

Wie in anderen wird auch in dieser Statistik die enorme Kluft zwischen den von Armut betroffenen Stadtteilen im Norden und dem wohlhabenden Süden überaus deutlich. So leben die meisten Hilfebedürftigen in Altendorf. Mit 35,9 Prozent ist der Anteil der betroffenen Haushalte dort stadtweit am höchsten. Aber auch im Ostviertel, Nordviertel, in Katernberg und in Altenessen-Süd liegen die Quoten über 30 Prozent. Die wenigsten Leistungsempfänger dagegen gibt es in Byfang, das gerade mal auf einen Anteil von 2,9 Prozent der Haushalte kommt. Unter vier Prozent bleiben auch Heisingen, Stadtwald, Bredeney und Haarzopf.

In der Statistik nimmt Schuir derweil eine Sonderrolle ein. Dort lebten Ende 2022 sogar 36,1 Prozent der Haushalte von staatlichen Hilfen. Der enorme Anstieg gegenüber den Vorjahren hat jedoch eine einfache Erklärung: Im ehemaligen Kloster sind mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine viele Flüchtlinge untergebracht worden, was den kleinen, ländlich geprägten Stadtteil rein statistisch an die Spitze katapultiert.

Anteil der bedürftigen Kinder in Essen weiter über 30 Prozent

Unterdessen ist die Kinderarmut nach wie vor hoch in der Stadt. Der Anteil der Kinder unter 18 Jahren, die in bedürftigen Familien lebt, ist zwar in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls leicht gesunken. Sie lag Ende vergangenen Jahres aber immer noch bei 31,2 Prozent. Essen dürfte damit auch weiterhin einen der Spitzenplätze im Land einnehmen.

Schaut man sich die einzelnen staatlichen Hilfen an, dann leben die meisten bedürftigen Essener und Essenerinnen von Hartz-IV-Leistungen (seit Anfang des Jahres Bürgergeld genannt). Über 85.000 Personen bekamen Ende 2022 Hartz IV. Sie bilden rund 41.700 sogenannte Bedarfsgemeinschaften, also auf staatliche Unterstützung angewiesene Haushalte.

Zahl der Hartz-IV-Empfänger zuletzt leicht gesunken

Immerhin überraschend ist, dass die Zahl in den vergangenen zwei Jahren trotz Corona-Krise und Flüchtlingszuzug aus der Ukraine leicht abgenommen hat. Dietmar Gutschmidt, der Chef des städtischen Jobcenters, zählt mehrere Gründe dafür auf.

Erstens: Mit Anhebung des Mindestlohnes und des Kindergeldes habe sich generell die „Einkommenssituation in verbessert“, so Gutschmidt. So manche Arbeitnehmer, die ihren bis dahin kargen Lohn aufgestockt haben, fielen nun aus der Bedürftigkeit heraus. Zweitens: Während der Corona-Krise boomten Branchen, die vor allem gering qualifizierte Arbeitskräfte nachfragten. Das waren zum Beispiel Paketdienste, das Reinigungs- oder das Überwachungsgewerbe.

Essen hätte damit durchaus einen nachhaltigen Rückgang der Bedürftigkeit erreicht, sagt Gutschmidt. Allerdings treibt nun vor allem der Flüchtlingszustrom aus der Ukraine die Zahlen wieder nach oben. Im vergangenen Jahr sei der Effekt noch nicht so deutlich gewesen. Damals habe es noch eine „Art Pendelbewegung“ gegeben. Das heißt: Ukrainer meldeten sich im deutschen Sozialsystem an und wieder ab. Mit zunehmender Kriegsdauer hat sich das laut Gutschmidt geändert. „Wir beobachten in diesem Jahr einen stetigen Zulauf“. Auch am Arbeitsmarkt läuft es verhaltener. All das könnte dazu führen, dass in diesem Jahr die Zahl der Haushalte, die von staatlichen Leistungen lebt, wieder zunimmt.

Wo leben die meisten, die wenigsten Hartz-IV-Empfänger im Stadtgebiet

Höchster Anteil (Haushalte)

  • Altendorf: 28,3 Prozent
  • Ostviertel: 24,2
  • Altenessen-Süd: 24,1
  • Nordviertel: 24,0
  • Südostviertel: 21,9

Geringster Anteil

  • Byfang: 1,9
  • Bredeney: 2,0
  • Fulerum: 2,1
  • Stadtwald: 2,1
  • Haarzopf: 2,1
  • Heisingen: 2,3
  • Burgaltendorf: 3,0

Schließlich: 12.355 Essener und Essenerinnen erhalten Hilfe im Alter oder bei Erwerbsminderung. Darunter sind über 8100 Rentner und Rentnerinnen, deren Rente unter dem Existenzminimum liegt und deshalb aufgestockt wird. Ihre Zahl ist binnen zwei Jahren um über 1000 Personen angestiegen. Asylbewerberleistungen bekommen 2790 Menschen in Essen - ein Zuwachs binnen zwei Jahren um etwas über 100.