Essen. Alfried Krupp und der Nationalsozialismus – viel Neues gibt es erst mal nicht. Interessant ist, was sich daraus für die Stiftung entwickelte.

Wer suchet, der findet, heißt es so schön. Nun, sensationell Neues gefunden haben die Historiker nicht, die sich auf Initiative der Krupp-Stiftung mit teils unbekannten historischen Quellen und Dokumenten zu „Alfried Krupp und der Nationalsozialismus“ beschäftigten. Dass der Alleineigentümer in der NS-Zeit im Sinne des Regimes funktioniert hat, dass dies bei einem riesigen Stahlkonzern eine andere Form von Schuld nach sich zieht als in einem Tante-Emma-Laden, dass er wissentlich Zwangsarbeiter beschäftigen ließ, zeitlebens ein großer Schweiger war und nach seiner Haftentlassung stiekum und persönliche Schuld verdrängend einfach weitermachte, all das ist altbekannt.

Vielleicht findet sich noch ein flammendes ideologisches Bekenntnis

Das heißt nicht, dass sich die Krupp-Stiftung den Aufwand eines neuen Rechercheprojekts hätte sparen können. Erkenntnis kann auch in die Tiefe gehen, meist ist sie dann allerdings nur noch für wissenschaftliche Feinschmecker interessant. Oder der Leiter des Projekts, Eckart Conze, findet bei Alfried Krupp noch den „rauchenden Colt“, ein flammendes ideologisches Bekenntnis zum Nationalsozialismus, das dann mehr wäre als eine Anpassung an politische Verhältnisse.

Diese ist zwar selbstredend keine Bagatelle, aber eben doch eine andere Ebene. Wer in der NS-Zeit meinte, in so exponierter Position verbleiben zu müssen, konnte allenfalls mit sehr viel Mut einiges richtig machen. Alfried Krupp jedenfalls gelang das nicht.

Krupp-Stiftung gerät durch ihre eigene Initiative unter Druck

Das Problem mit NS-Verstrickungen und ihrer Enthüllung ist nun allerdings, dass sie eine schwer kalkulierbare Eigendynamik entwickeln, und das gilt selbst dann, wenn es wenig Neues gibt und das wenige – wie hier – wissenschaftlich sauber dargelegt wird. Deshalb kam die Krupp-Stiftung heute umgehend durch ihre eigene Initiative unter Druck, ihren Namen zu ändern, denn, nicht wahr, wer möchte schon heißen wie ein „Nazi“?

Zwar hat Fachmann Conze diese Wortwahl in Bezug auf Alfried Krupp zu Recht als „unterkomplex“ einsortiert. Doch da Stiftungschefin Ursula Gather sich auf die „Nazi“-Logik einließ und die Umbenennung als Option in den Raum stellte, dürfte es schwierig sein, diese Dynamik wieder einzufangen. Zu Ende gedacht, müssten übrigens weitere Umbenennungen folgen, etwa des Alfried-Krupp-Krankenhauses und des großen Saals der Essener Philharmonie, der ebenfalls nach Alfried Krupp benannt ist.

Eine Name ist leicht eliminiert, die Geschichte dahinter aber bleibt

Dabei gilt hier das gleiche wie bei umstrittenen Persönlichkeiten als Straßennamen: Ein Name ist leicht eliminiert, die oftmals komplexe Geschichte dahinter ist damit aber nicht weg. Alfried Krupp und sein falsches Handeln sollten weiterhin als „produktive Irritation“ dienen, zumal sich spätestens mit Gründung der Stiftung dank seines gestifteten Privatvermögens auch viel richtiges Handeln anschloss. Das sollte bei aller Aufregung nicht plötzlich vergessen werden.