Essen-Borbeck. Für mehrere Millionen Euro soll Schloss Borbeck saniert werden. Trauungen, Gastronomie, Kultur: Was sich in Zukunft in Essen ändern könnte.

Feuchtigkeit bedroht die Bausubstanz von Schloss Borbeck – wie stark das barocke Wasserschloss schon beschädigt ist, sollen weitere Untersuchungen zeigen. Fest steht schon seit Längerem: Wenn das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 14. Jahrhundert auch noch weitere Jahrzehnte oder Jahrhunderte überstehen soll, muss es dringend saniert werden. Dadurch ergeben sich auch viele Fragen nach der künftigen Nutzung.

„Ich wünsche mir ein lebendiges Kulturzentrum. Das Schloss ist ein Juwel in der Stadt, es sollten möglichst viele Gruppen nutzen können“, sagt Essens Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain. Was das im Detail bedeuten könnte, ist noch nicht endgültig entschieden. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Stand.

Wie stark ist die Bausubstanz von Schloss Borbeck beschädigt?

Das Hauptproblem für das Wasserschloss ist aktuell das, was es ausmacht: das Wasser. Es dringt nicht nur von oben durch das Dach ein, sondern zieht auch aus den Wassergräben von unten ins Mauerwerk. Von einigen Teilen des Gebäudes konnten sich die Fachleute bereits ein Bild machen. So steht zum Beispiel fest, dass das Dach saniert werden muss. An anderen Stellen könnten noch böse Überraschungen drohen.

Das Wirtschaftsgebäude (in der Mitte des Bildes) ist bereits saniert worden. Dort sollen während der Bauarbeiten am Schloss verstärkt Veranstaltungen stattfinden.
Das Wirtschaftsgebäude (in der Mitte des Bildes) ist bereits saniert worden. Dort sollen während der Bauarbeiten am Schloss verstärkt Veranstaltungen stattfinden. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Insbesondere im Bereich des Untergeschosses muss die bauliche Situation noch untersucht werden“, erklärt Al Ghusain. Kompliziert sei das vor allem, weil das Wasser für die Untersuchung abgelassen werden müsse. Allerdings dürfe dieser Zustand nicht zu lange andauern, damit die Holzpfähle, auf denen das Schloss gebaut ist, nicht trocken fallen. Auch wenn das Ausmaß der Schäden noch nicht umfassend bekannt ist, steht schon fest, dass neben Dach und Fassade unter anderem auch die Haustechnik erneuert werden muss.

Was wird die Sanierung kosten?

Die jüngste Schätzung für die Baukosten lag bei 13,6 Millionen Euro. Die Summe kann aktuell nicht mehr als eine Schätzung sein, weil der Sanierungsbedarf noch nicht umfassend geklärt ist. Außerdem können gerade bei Arbeiten an historischen Gebäuden weitere „Baustellen“ entdeckt werden, wenn zum Beispiel das Mauerwerk erst einmal offen gelegt ist.

Wann ist frühestens mit dem Baustart zu rechnen?

Bis zum Ende des Jahres 2023 sollen die Pläne für die Sanierung von Schloss Borbeck ausgearbeitet und beschlossen sein. Dann folgen weitere Planungsphasen, mit der eigentlichen Sanierung ist laut Al Ghusain in den Jahren 2026 und 2027 zu rechnen, so dass sie im Frühjahr 2028 abgeschlossen sein könne.

„Ich wünsche mir ein lebendiges Kulturzentrum. Das Schloss ist ein Juwel in der Stadt, es sollten möglichst viele Gruppen nutzen können“, sagt Essens Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain.
„Ich wünsche mir ein lebendiges Kulturzentrum. Das Schloss ist ein Juwel in der Stadt, es sollten möglichst viele Gruppen nutzen können“, sagt Essens Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Man plane eher vorsichtig, denn abgesehen von der Situation in der Baubranche könnten auch Arbeiten den Zeitplan beeinflussen, von denen man heute vielleicht noch gar nicht wisse, dass es sie geben wird. Diese Erkenntnis habe zum Beispiel die Sanierung des Bürgerhauses Oststadt in Freisenbruch gezeigt. Dort sorgen zudem die explodierenden Baukosten für Kritik, denn sie haben sich seit der ersten Schätzung bereits verfünffacht.

Kultur, Trauungen, Gastronomie: Inwiefern könnte sich die Nutzung des Schlosses verändern?

Zur Debatte steht noch, was in Zukunft wo im Schloss untergebracht wird. Klar sei bereits, dass das Gebäude nach wie vor Platz für Konzerte, Trauungen und Versammlungen sein solle, so Al Ghusain. „Konzeptionell wird man weiter überlegen müssen, was der Stadtteil braucht. Dazu führen wir Gespräche mit den Akteuren vor Ort“, sagt der Kulturdezernent. Ganz grundsätzlich werde sich nichts ändern: „Es ist wichtig, dass sowohl der Schloss-Saal als auch der Residenzsaal weiterhin für größere Veranstaltungen zur Verfügung stehen.“

Trauungen sollen im Schloss Borbeck auch nach der Sanierung möglich sein.
Trauungen sollen im Schloss Borbeck auch nach der Sanierung möglich sein. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Jedoch gibt es Überlegungen, ob das Trauzimmer vom zweiten Obergeschoss ins Erdgeschoss verlegt werden könnte. Dieser Vorschlag kam bei der jüngsten öffentlichen Veranstaltung nicht bei allen im Stadtteil gut an. Doch die Überlegungen seien noch offen, von einem Dissens wollen weder der Kulturdezernent noch die Vorsitzende des Borbecker Bürger- und Verkehrsvereins sprechen. Susanne Asche sagt: „Wir wollen ja alle, dass das Schloss als Denkmal erhalten bleibt und dass es ein Haus der Kultur ist. Aber es soll auch ein Haus aller Bürger bleiben, das ist uns ganz wichtig.“ Hochzeiten, Familienfeiern, Vereinsaktivitäten und Versammlungen müssten weiterhin möglich sein.

Groß ist der Wunsch nach einer Wiederbelebung der Gastronomie im Schloss. Geprüft werden muss noch, wie die baulichen Bedingungen dafür sind. Und aus Sicht von Al Ghusain ist es auch entscheidend, genau die richtige Person dafür zu finden: „Jemand, der im Schloss eine Gastronomie betreibt, muss einfach wissen, wie das Haus tickt.“

Wie wird sich das Schloss baulich verändern?

„Ich kann mir vorstellen, dass sich gerade im Erdgeschoss optisch einiges verändern wird“, sagt Al Ghusain.„Man wird eine andere Anmutung im Eingangsbereich brauchen.“ Vor allem die Eingangstür müsse erneuert werden, er plädiere für eine insgesamt offenere und großzügigere Gestaltung des Foyers. Darüber hinaus bleiben die Grundzüge im Schloss wohl erhalten: „Klar ist, dass wir die Grundstruktur in den Obergeschossen beibehalten werden. Gerade der Residenzsaal ist ja das Schmuckstück des Schlosses.“

Im Zuge der kürzlichen Benennung des Vorplatzes in „Schlossplatz“ hatte sich der Vorsitzende des Fördervereins, Franz Josef Gründges, auch dafür ausgesprochen zumindest einen Teil der historischen Pflasterung von Zufahrt und Vorplatz wiederherzustellen. Bisher ist dieser Bereich noch nicht in der konkreten Planung.

Wie geht es weiter?

In Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit sollen die Pläne für die Sanierung von Schloss Borbeck bis zum Jahresende 2023 weiter besprochen und auch beschlossen werden. Das Ziel von Kulturdezernent Al Ghusain ist ein Konsens zu Umgestaltung und künftigen Nutzung des historischen Gebäudes: „Das Beste ist, wenn es ein möglichst großes Einvernehmen vor Ort gibt.“

Wenn es dann zur eigentlichen Bauphase kommt, soll das bereits sanierte Wirtschaftsgebäude verstärkt für kulturelle Zwecke genutzt werden. Denn das Schloss werde in dieser Zeit „nur eingeschränkt“ zur Verfügung stehen.

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig & Werden + Borbeck & West | Alle Artikel aus Essen]