Essen-Überruhr. Als Unesco-Schule pflegt das Gymnasium Essen-Überruhr den internationalen Schüleraustausch. Was die Gäste aus Israel alles zu erzählen hatten.

Als Unesco-Schule interessiert sich das Gymnasium Essen-Überruhr für das Leben der Menschen in fremden Ländern und möchte andere Kulturen durch Schulfahrten und Schulpartnerschaften kennenlernen. Dazu hatte sich das Gymnasium besondere Gäste aus Israel eingeladen: „Wir möchten das Land Israel aus einem anderen Blickwinkel betrachten“, erklärt Schulleiterin Ina Delank. Sie begrüßte drei junge Frauen: eine Drusin, eine Jüdin und eine Muslima.

Auch Unesco-Koordinatorin Dorothee Vierth-Heitkämper freute sich, dass Rima Bushnaq, Kamar Ibraheem und Seba Safadi von ihrem Leben berichten konnten. Sie stammen von den Golanhöhen in Israels Norden. International anerkannt als Teil Syriens, doch im Sechstagekrieg 1967 von Israel besetzt und 1981 annektiert.

Trio aus Israel spricht über Geschichte, Kultur und Sprache seiner Heimat

Als die Gäste aus Israel auf dem Podium aus ihrem Leben erzählten, hörte der Jahrgang 10 genau hin. So unterschiedlich ihre Herkunft, ihre Kultur, ihre Sprache und Geschichte auch sein mag, so nennen sie doch alle Israel ihre Heimat. Begleitet wurden das Trio von Amit Kossover. Die ist Englischlehrerin in Israel und sammelte bereits intensive Erfahrungen mit Schüleraustauschen und EU-Projekten.

Die israelische Schülerin Kamar Ibraheem berichtet über ihre Heimat Israel.
Die israelische Schülerin Kamar Ibraheem berichtet über ihre Heimat Israel. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Petra Hemming ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft von Ganey Tikva und Bergisch Gladbach und erinnert sich: „Als ich so alt war wie ihr jetzt, war ich im Schüleraustausch im Haifa. Wir waren einer der ersten Gruppen, die nach Israel gereist sind. Für uns völlig überraschend waren da nicht nur jüdische Kinder. Israel hat nämlich eine sehr vielfältige Gesellschaft.“

Politische Fragen werden nur zögernd beantwortet

Fast 25 Prozent der israelischen Bevölkerung seien nicht jüdisch, sondern gehörten anderen Religionsgemeinschaften an. Wenn Aussagen wie „Unterdrückung von nicht-jüdischer Minderheiten“ oder „Apartheidstaat“ kursierten, würden viele Israelis ihren Staat nicht wieder erkennen. Doch wie kompliziert die Gemengelage ist, wurde spätestens nach einer zu erwartenden Schülerfrage klar: „Was haltet ihr vom Slogan Free Palästina?“ Seba Safadi wich aus: „Wir wurden gebeten, nicht über politische Fragen zu sprechen.“

Axel Bolte ist 2. Vorsitzender des Ganey-Tikva-Vereins und versuchte eine Deutung. Es sei zu viel verlangt von 17- und 18-jährigen jungen Frauen, mal so eben in ein, zwei Sätzen noch jüngeren Deutschen die komplizierten Zusammenhänge zu erklären. Schließlich engagiere sich der Verein für ein faires Israelbild. Man wolle informieren, nicht indoktrinieren.

Überruher Schüler stellen Fragen zum Verhältnis von Juden zu anderen Religionen

Und doch kam dieser Vormittag nicht ohne Politik aus. Die Überruhrer Schüler hatten sich vorbereitet und stellten gezielte Fragen. Wird das schlechte Verhältnis zwischen Juden und anderen Religionen in deutschen Medien übertrieben? Auch dieser Frage wich die Drusin aus: „Wir leben ein privilegiertes Leben. Ich möchte nirgendwo anders leben als in Israel.“ Sie gab aber zu: „Sehr religiöse Juden haben schon ein Problem mit meinem Glauben.“ Aber sie stehe zu ihrer Identität.

Die Schülerinnen und Schüler lauschten mit Interesse dem Vortrag ihrer Gäste aus Israel. Viele hatten sich vorbereitet und stellten später konkrete Fragen zum Leben in Israel und auch zur politischen Situation des Landes.
Die Schülerinnen und Schüler lauschten mit Interesse dem Vortrag ihrer Gäste aus Israel. Viele hatten sich vorbereitet und stellten später konkrete Fragen zum Leben in Israel und auch zur politischen Situation des Landes. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Nicht schwer fiel es den drei jungen Israelis, über ihr Engagement als Feministinnen zu sprechen. Rima Bushnaq betonte: „Es ist gerade als Frau schwer, in Israel zu leben.“ Seba Safadi hielt fest, dass Israel eine der höchsten Raten bei Gewalt gegen Frauen habe: „Aber in Israel kannst du frei sprechen und dagegen protestieren.“ Diese Freiheit gelte auch für die LGBTQIA*-Szene: „Tel Aviv wurde zur City of Gays gewählt. Selbst in den Dörfern wird es mittlerweile akzeptiert.“

Tradition der Besuche in Israel soll wieder aufleben

Zum Abschluss luden die drei jungen Israelis ein auf die Golanhöhen, und Kamar Ibraheem machte so richtig Appetit auf einen Besuch: „Die blühende Natur, die Wüste, der Schnee auf dem Mount Hermon. Morgens Skifahren und nachmittags ans Meer.“ Das fiel bei den Überruhrer Zehntklässlern und auch bei Schulleiterin Ina Delank auf fruchtbaren Boden: „Es gab Schüleraustausche mit Israel bis in die 1990er Jahre hinein. Wir bemühen uns, das wieder zu beleben. Vielleicht gibt es schon in diesem Jahr Besuche und Gegenbesuche?“

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