Essen-Rellinghausen. Die 23 Wohneinheiten im Rellinghauser Raumteilerhaus sind bezogen. Am 6. Mai sind Interessierte willkommen. Das erwartet sie dort.
- Wohnprojekt in Essen-Rellinghausen lädt Nachbarn und Interessierte ein.
- Bewohner leben seit einem halben Jahr im Neubau.
- Das genossenschaftliche Konzept ist ungewöhnlich.
Der Einzug ist geschafft, auch wenn es noch reichlich Baustellen im Gebäude gibt: Die Initiative „Raumteiler“, die ihr genossenschaftliches Wohnprojekt an der Oberstraße 55 in Essen-Rellinghausen verwirklicht, präsentiert sich jetzt der Öffentlichkeit und lädt für Samstag, 6. Mai, Nachbarn und Neugierige zum Kennenlernfest ein. Die Besucher bekommen interessante Einblicke.
Planung und Bau des Raumteilerhauses auf dem Gelände des ehemaligen Gemeindehauses der evangelischen Gemeinde Rellinghausen hatten mehrere Jahre gedauert. Am Anfang stand der Entschluss der Gemeinde, sich kleiner zu setzen. So wurde ihr Zentrum abgerissen und das Kirchengrundstück für 99 Jahre in Erbpacht an die Initiative übergeben.
Für Verzögerungen bei der Umsetzung des genossenschaftlichen Wohnprojekts sorgte ein alter Stollen, der zunächst mit Beton verfüllt werden musste. Die Grundsteinlegung für den Neubau erfolgte dann im September 2020, das Richtfest im Juli 2021.
Die ersten Bewohner zogen Ende 2022 in den Neubau in Essen-Rellinghausen
Die ersten Bewohner zogen im Dezember 2022 ein, die meisten im Januar 2023. „Bevor der Stollen entdeckt wurde, war ein Einzugstermin 2021 im Gespräch. Nach der neuen Planung sind wir von Sommer 2022 ausgegangen, so dass wir von einer Verzögerung von einem halben Jahr sprechen“, so Eva Zitta, Sprecherin der „Raumteiler“. Das Material sei rechtzeitig bestellt worden, so dass Lieferengpässe keine große Rolle gespielt hätten, wohl aber Ausführungsmängel, die teils in Eigenarbeit behoben worden seien. Persönliches Engagement der Bewohner gehöre zum Konzept des Hauses, wie Eva Zitta betont.
Noch wird in vielen Bereichen gearbeitet, es gibt vor allem im Treppenhaus und im Garten, der einen Spielbereich erhalten soll, noch einiges zu tun. Dennoch haben die Bewohner, die sich bewusst für ein nachhaltiges Konzept und das „Miteinanderwohnen“ entschieden haben, bereits die ersten Monate im neuen Zuhause erlebt und wollen Interessierten von ihren Erfahrungen berichten.
Alle 23 Wohneinheiten zwischen 47 und 119 Quadratmetern in den beiden „Schenkeln“ des zweistöckigen Neubaus mit Staffelgeschoss und vielen Holzelementen sind bezogen. Zwei weitere Einheiten im „Herzen“ des Gebäudes dienen als Gemeinschaftsräume. „Wir nutzen eine große Küche mit Wohn- und Essbereich und die Dachterrasse gemeinsam“, erklärt Eva Zitta.
Tische und Stühle aus dem Bestand der Bewohner im Gemeinschaftsraum
Der Gemeinschaftsraum ist aktuell mit Tischen und Stühlen aus dem Bestand der Bewohner gestaltet. Dort finden die monatlichen Genossenschaftstreffen und Feste statt, am Sonntagabend wird gemeinsam „Tatort“ geschaut. Wie die Nutzung der Gemeinschaftsflächen in Zukunft genau geregelt werde, sei noch offen, so Eva Zitta. Vorerst hängen die Regeln dafür handschriftlich an der Tür.
In der Tiefgarage ist Platz für rund 20 Fahrzeuge, im sogenannten „Fahrradschloss“ für 100 Räder. „Das gehört zu unserem Mobilitätskonzept“, erklärt Eva Zitta. Weil die Fahrradgarage einen Teil des Gartens einnimmt, haben einige Bewohner ein Stück Grabeland vom Schloss Schellenberg in der Nähe gepachtet, um Gemüse anzubauen. Die Außengänge des Gebäudes werden als Balkone benutzt und können individuell gestaltet werden.
Durch das genossenschaftliche Konzept sind die Bewohner des Hauses weder Mieter noch Eigentümer im klassischen Sinn. „Sie sind Anteilseigner am Raumteiler-Projekt, erwerben kein Eigentum, sondern das Recht auf Wohnen“, so die Sprecherin. Wer ausziehe, gebe seine Anteile zurück.
Insgesamt leben 36 Erwachsene plus Kinder im Neubau, das Alter der Bewohner liegt zwischen zwei und 76 Jahren. Wolfgang Nötzold ist der älteste Bewohner und lebt in der kleinsten Wohnung. Eine richtige Küche habe und brauche er nicht: Er könne ja die Gemeinschaftsküche nutzen. Nicht nur im Haus, sondern auch im Umfeld sei immer Leben: Der Schulhof der Ardeyschule grenzt unmittelbar an das Grundstück, man schaut auf die benachbarte Kita des Diakoniewerks und die evangelische Kirche Rellinghausen.
„Es gefällt mir hier sehr gut. Wenn man Hilfe braucht, zum Beispiel beim Anbringen der Fußleisten, findet man immer jemanden“ sagt der 76-Jährige, der schon Erfahrung mit ähnlichen Wohnprojekten hat. Der Quadratmeter-Preis in dem energieoptimierten und barrierearmen Haus liege bei knapp 9,70 Euro plus Umlage für die Gemeinschaftsräume. Das Geld diene vorerst für die Rückzahlung des Baukredits. „Beim Gesamtprojekt sprechen wir von einem Volumen von rund sieben Millionen Euro“, sagt Eva Zitta zu den Kosten.
Das Wohnprojekt will sich zum Stadtteil öffnen
Das Raumteilerhaus verfügt über einen Musikraum, der noch schallisoliert werden soll, sowie über einen Multifunktionsraum, in dem Yogakurse oder ähnliche Angebote, auch für die Bürger im Stadtteil, stattfinden können. Im Co-Working-Raum können die Bewohner Schreibtische anmieten – neben Räumen, in denen bald Physiotherapie und Energiearbeit angeboten werden. Auch zwei Gästewohnungen werden gerade eingerichtet.
Ganz bewusst habe für den Kennenlerntag den Termin gewählt, an dem auch die Hofflohmärkte in Rellinghausen stattfinden. Auf die Gäste warten am Samstag, 6. Mai, 10 bis 16 Uhr, Kaffee, Kuchen, Kaltgetränke, Live-Musik, Hausführungen und Darbietungen der benachbarten Tanzschule.