Essen. Die Marienkirche in Essen-Steele ist das Zuhause von Markus Lacum. Ein Blick in die Wohnung zeigt, wie es sich in dem umgebauten Gotteshaus lebt.
Wenn Markus Lacum Gäste in seine neue Wohnung einlädt, dann bittet er schonmal scherzhaft „zur Beichte“. Denn der 52-Jährige lebt nicht in einer gewöhnlichen Wohnung sondern in der zum Wohnhaus umgebauten Marienkirche im Essener Stadtteil Steele. Im Oktober vergangenen Jahres ist der gebürtige Oberhausener zusammen mit seiner Partnerin dort eingezogen. Davor wohnte er in einem Loft in Wesel mit vier Meter hohen Decken und viel Platz, er wollte aber zurück ins Ruhrgebiet. „Eine normale Wohnung wäre mir zu langweilig gewesen“, sagt Markus Lacum, der Geschäftsführer einer Werbeagentur ist.
Eine normale Bleibe hat er nun wahrlich auch in Essen nicht. Schon im Hausflur zeugt das blaue Glasfenster davon, das der Besucher kein gewöhnliches Haus sondern eine ehemalige Kirche betritt. Auch in der Wohnung selbst wird schnell klar: Hier ist viel Raum nach oben. Über der Treppe, die in die obere Etage führt, erstrecken sich geschätzt sieben Meter hohe Wände und werden Platz für etwas Besonderes bieten: Markus Lacum hat sich bei der Essener Glaserei, die die Kirchenfenster sicherte, eines davon für seine Wohnung bestellt. Das drei Meter große Kunstwerk soll demnächst den Treppenaufgang in der Wohnung schmücken und damit schon beim Eintritt an die vormalige Funktion des Gebäudes erinnern.
„So wohnt Essen“:Ehemalige Kirchensäulen schmücken Wände
Das ist jedoch nicht das einzige Relikt, das vom Kirchenbau erhalten geblieben ist. Im Wohnzimmer sind an den gegenüberliegenden Wänden jeweils noch Kapitelle der alten Säulen zu sehen. Markus Lacums Wohnung liegt mitten im ehemaligen Kirchenschiff. Die Kapitelle waren einst farbig und in Gold gehalten. Die Lacums jedoch haben sie zurückhaltend weiß überstrichen. In den unteren Räumen setzen sich die Säulen fort, erkennbar an den noch sichtbaren Kehlen.
Eine Kirche als neues Zuhause
Die 1925 erbaute Marienkirche wurde zuletzt als Kleiderkammer genutzt, nach dem sie 2008 entweiht worden war. Bis dahin wurden hier Taufen, Eheschließungen gefeiert oder Trauergottesdienste abgehalten. Dass die Uhr am Kirchturm nun dauerhaft fünf vor zwölf anzeigt, könnte schon fast als Symbol für den Zustand der katholischen Kirche generell gewertet werden.
Gefühlt jeder, den Markus Lacum bislang im Stadtteil kennengelernt hat, „kann eine Geschichte zu dieser Kirche erzählen“. Den einen oder anderen Pizza- oder DHL-Boten verwirrt die Adresse bisweilen noch, wenn sie mit ihren Lieferungen verdutzt vor der Tür innehalten. Markus Lacum musste nicht nur einmal bestätigen, dass sie nicht vor einer Kirche sondern vor einem Wohnhaus stehen.
Beim Baden freier Blick auf die rosa Kirschblüte
Im Kirchengebäude sind mit dem Umbau zwölf Wohnungen entstanden. Markus Lacums Wohnung ist knapp 130 Quadratmeter groß und erstreckt sich über zwei Etagen. Die bodentiefen Fenster bringen viel Licht ins Innere der eher langgestreckten Räume. Das Wohnzimmer mit der offenen Küche ist mit Designerlampen und Möbeln in Schwarz und in gedeckten Grautönen eingerichtet. Mittelpunkt ist der große Holzesstisch. Der Hingucker jedoch baumelt von der Decke: eine Diskokugel, die schon bei so manchem Kochevent mit Gästen für besondere Atmosphäre gesorgt hat. An den großen Raum schließt sich eine Terrasse mit Südausrichtung an – ein Platz an der Sonne, den Markus Lacum gerne genießt.
Besonders ist auch das – nur durch eine Glasscheibe vom Schlafzimmer getrennte – Bad. Dort hat sich Markus Lacum die Wanne so einbauen lassen, dass er beim Baden freien Blick nach draußen ins Grüne hat. Momentan schlagen die Kirschbäume im satten Rosa vor seinem Fenster aus.
Die Wohnungen in der alten Kirche waren schon vor Fertigstellung verkauft, wie Nico Wilhelmi, Makler bei der Sparkasse Essen, berichtet. Alle Käufer hätten wie Markus Lacum etwas Spezielles gesucht und dies in den alten Kirchengemäuern gefunden.
Blick in die Wohnzimmer der anderen: So wohnt Essen
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