Essen-Frohnhausen. Als selbst ernannter „Ruhrpott-Prolet“ fühlt sich Michael Holtschulte in Frohnhausen wohl. Seine Liveshow heißt: „Tot, aber lustig - Das Ende ist nah!“
- Der Essener Michael Holtschulte ist Autor der „Tot aber lustig“-Cartoons.
- Bis Sonntag, 2. Juni, stellt er seine Arbeiten im Verein „kunstwerden“ in Essen-Werden aus.
- Auf Livetour mit dem Programm „Tot, aber lustig - Das Ende ist nah!“ geht er ab September unter anderem in Stuttgart, Hannover und Essen.
- Wir haben den Essener im vergangenen Jahr besucht und mit ihm gesprochen, der folgende Artikel stammt ursprünglich aus April 2023.
Das Dachgeschoss in Frohnhausen ist lichtdurchflutet, der Humor, der hier gepflegt wird, könnte hingegen kaum schwärzer sein. In seinem neuen Atelier erschafft Michael Holtschulte die bekannten „Tot aber lustig“-Cartoons mit einem Sensenmann in der Hauptrolle. Gerade ist der neueste Band mit dem Titel „Feierabend!“ erschienen.
Im schwarzen Kapuzenpullover mit dem Sensenmann und der Aufschrift „Death Metal“ öffnet Holtschulte die Tür und zeigt den Weg ins Atelier, der gesäumt ist von Cartoon-Pappaufstellern und gerahmten Zeichnungen. Schon seit seiner Jugend dreht sich sein Leben um illustrierte Witze. So haben sich kiloweise Papier, Stifte und vor allem Bücher angesammelt. In Kisten verpackt mussten sie hier rauf geschafft werden, Holtschulte hat sich kurz selbst verflucht und dann geschleppt. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden, im großzügigen Atelier und benachbartem Tonstudio kann er kreativ werden.
Essen ist die Wahlheimat von Cartoonist Michael Holtschulte
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Der Hertener ist der Liebe wegen nach Essen gezogen, zunächst nach Bredeney, mit Frau und Kind hat er jetzt aber seinen neuen Lebensmittelpunkt in Frohnhausen gefunden. „Für Ruhrpott-Proleten ist es in einem Stadtteil wie diesem authentischer“, findet der 43-Jährige. Bei der morgendlichen Hunde-Runde in Joggingklamotten werde man im Essener Süden doch schonmal kritisch beäugt. Der Pott liegt ihm am Herzen, es beschäftigen ihn aber auch Politik und Weltgeschehen.
Als Jugendlicher veröffentlichte Holtschulte seine ersten Zeichnungen in der WAZ. Heute zeichnet er auch regelmäßig für die Süddeutsche, es geht um Politik, Klimawandel, Kirche, aktuelle Debatten eben. Häufig trifft er mit seinen Zeichnungen einen Nerv, mancher Leser kann sich provoziert fühlen, dann kommt schonmal eine erboste Mail im Frohnhauser Dachgeschoss an. „Insgesamt überwiegen die positiven Rückmeldungen, aber mit Humor kann man es eben nicht jedem recht machen“, sagt Holtschulte. „Humor ist hochgradig subjektiv.“
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Eine breite Fangemeinde haben seine Witze aus den „Tot aber lustig“-Cartoons. „Der Sensenmann eignet sich als Protagonist sehr gut für Ein-Bild-Witze“, erklärt Holtschulte. Im neuen Buch fragt er zum Beispiel einen am Boden liegenden Mann, der die Tasse noch in der Hand hält, ob der Kaffee denn stark genug gewesen sei. Und der Teufel stöhnt mitten im Fegefeuer: „Die hohen Heizkosten sind die Hölle“.
Cartoon-Zeichner aus Essen spricht offen über seine Depression
Holtschulte mag Comics, liebt aber vor allem Cartoons, weil sie sehr viel pointierter sein müssen. Jeden Tag setzt er neue Ideen um, die Inspiration scheint ihm nie auszugehen. „Ich laufe mit einem kindlichen Blick durch die Welt, man sollte sich über vieles wundern, um neue Ideen zu gewinnen“, sagt er. Ein wenig Sorge, dass sich seine Kreativität und sein Witz verändern könnten, hatte er vor einigen Jahren, als er sich seine Depression eingestand und eine Therapie begann.
Rückblickend sei er schon sehr lange depressiv gewesen, ohne es selbst so benennen zu können. „Es war sehr wichtig für mich, es mir einzugestehen, dadurch ist sehr viel Druck von mir abgefallen“, erklärt Holtschulte. Gleichzeitig habe ihn der nagende Gedanke beschlichen, dass er vielleicht nur aufgrund des Leidensdrucks kreativ sein konnte. Doch es stellte sich anders heraus.
Heute bezeichnet Holtschulte sich als geheilt und möchte andere ermutigen, offen mit der Erkrankung umzugehen. Deshalb hat er gemeinsam mit anderen betroffenen Künstlern wie Torsten Sträter ein Buch mit komischer Kunst über Depressionen veröffentlicht und will sich auch weiter engagieren. „Es ist eine Volkskrankheit“, sagt Holtschulte. „Ich glaube nicht, dass Leute in Kunst und Kultur häufiger betroffen sind, sie stehen nur mehr in der Öffentlichkeit als etwa die Mitarbeiterin vom Discounter um die Ecke, die ebenso leidet.“ Er wolle Menschen Mut machen, sich die Krankheit einzugestehen, darüber zu reden und Hilfe anzunehmen.
Mehr Informationen über Michael Holtschulte, sein neues Buch und Termine gibt es unter totaberlustig.de.
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