Essen. Für die Stadt Essen wird die Sanierung noch teurer, und die Zeit drängt – schon 2025 ist der Umzug des Sozialamts zur Altendorfer Straße geplant.
Die Stahlsparte auszugliedern, so wie Thyssenkrupp das derzeit plant – früher wäre eine solche Entscheidung wohl in diesem äußerlich schmucklosen Backstein-Bau an der Altendorfer Straße 103 gefallen. Die Bilder vom holzgetäfelten Sitzungszimmer, dem gewienerten Linoleumboden im Foyer und der dezenten Wanduhr hievte Sozialdezernent Peter Renzel vor einigen Tagen auf seine Facebook-Seite. Er wird hier demnächst des öfteren ein- und ausgehen, denn die alte Hauptverwaltung von Krupp verwandelt sich zum neuen Sozialamt.
Das war, man muss das so klar sagen, ursprünglich etwas anders geplant. Die 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialamtes, derzeit noch in Teilen an der Steubenstraße, zum anderen Teil in einem Bürokomplex an der Klinkestraße untergebracht, sollten gemeinsam unter das Dach des Bürgerrathauses schlüpfen, gleich neben der Alten Synagoge. Große Pläne.
Im Sommer 2025 läuft der Mietvertrag an der Steubenstraße endgültig aus
Und ein Satz mit X: Es wurde nix draus, weil die Baukosten für den Vorzeige-Verwaltungsbau mit mehr als 200 Millionen Euro völlig aus dem Leim gingen und nun völlig neu überarbeitet werden müssen. Welches Büro-Quartier auch immer auf dem Gelände des ehemaligen Hauptbades entsteht, ist noch offen, der Zeitdruck für das Team des Sozialamtes aber blieb beim Alten. Denn im Sommer 2025 läuft der Mietvertrag an der Steubenstraße aus, Verlängerung nicht möglich.
Also müssen, nachdem der Stadtrat am vergangenen Mittwoch seinen Segen gab, erst die Planer und später dann die Bau-Handwerker bei der Sanierung ein ziemliches Tempo vorlegen, damit der Umzug in zwei Jahren problemlos über die Bühne gehen kann.
Aus der „moderaten Modernisierung“ wird nichts, die Sanierung geht tiefer
Fest steht dabei, dass es bei einer überschaubaren „moderaten Modernisierung“, so wie man sie sich im Rathaus anfangs vorgestellt hatte, nicht bleiben kann. So ist jetzt ausgemachte Sache, dass wegen mehrerer Lecks im System die gesamte Heizungsanlage erneuert werden muss. Da in einigen Trakten eine „veraltete und energetisch nicht vertretbare“ Deckenheizung verbaut wurde, sind dort tiefe Eingriffe in die Bausubstanz unumgänglich.
Mit entsprechenden Auswirkungen auf die Oberböden versteht sich. Die höhere Belegungsdichte der Räume macht nach Angaben der Stadt auch einen deutlichen Ausbau der Elektroverkabelung erforderlich, es wird mit Blick auf den Publikumsverkehr mehr Toiletten geben müssen und eine nagelneue IT-Verkabelung. Einen Paternoster gibt es auch noch. Von ihm geht die Sage, dass Berthold Beitz seine Geschwindigkeit erhöhen wollte, weil ihm das Tempo der „Krupp-Beamten“ zu betulich war.
Exorbitante Preissteigerungen im Bausektor machen vor Amtsstuben nicht Halt
Schon jetzt kommt die Stadt auf Sanierungskosten in einer Größenordnung von über 14 Millionen Euro – das sind sechs Millionen mehr, als zum Zeitpunkt des Kaufs kalkuliert. Und es ist womöglich noch nicht das Ende der Fahnenstange: Eine abschließende Einschätzung des Sanierungsbedarfs lasse sich erst am Ende der Planungsphase geben, heißt es, und zudem machen die exorbitanten Preissteigerungen auf dem Bausektor auch vor den städtischen Amtsstuben nicht Halt.
Immerhin kann die Stadt durch eine so umfangreiche Sanierung auch ihre Vorstellungen der Restnutzungsdauer der alten Krupp-Hauptverwaltung nach oben korrigieren: 40 statt statt 20 Jahre, das relativiere den Kostenaufwand. Beginnen soll der Umbau im Herbst diesen Jahres.
Ob die Stadt eine belastete Teilfläche dazukauft, ist noch nicht entschieden
Offen lässt die Stadt vorerst, ob sie eine 11.300 Quadratmeter große unbebaute Teilfläche in der Mitte des Grundstücks an der Westendstraße dazukaufen will. Im Kaufvertrag hat man sich ein bis Ende des Jahres 2024 befristetes Ankaufsrecht einräumen lassen, und auch der Preis steht schon fest: Er liegt bei einem Euro, plus Kaufnebenkosten.
Der Spottpreis relativiert sich, wenn man weiß, dass unter der Krume nicht nur der berühmte „Kruppsche Mutterboden“, durchsetzt mit seinen oft unkartierten Fundamenten und Bunkeranlagen liegt. Vielmehr stand hier bis in die 1930er Jahre hinein ein Gaswerk. Entsprechende Altlasten sind schon registriert. Ob aus dem Areal am Ende mehr werden kann, als ein Parkgelände oder ein Parkplatz, wird sich zeigen.