Essen-Bedingrade. Der im März 1963 gegründete Kegelverein „Club der Paare“ trifft sich noch heute in Essen. Was die lange Freundschaft ausmacht.

Freundschaft und treue Beharrlichkeit halten den „Kegelclub der Paare“ zusammen: Die Gründungsmitglieder gehen seit 60 Jahren gemeinsam durch Wohl und Wehe. Die ersten 30 Jahre kegelten sie bei „Töne Mies“ in Borbeck und bei „Tante Liesken“. Danach ging es in diversen Lokalen rund. Seit 2014 machen die Senioren in der Bedingrader Traditionsgaststätte „Zum Scharpen Eck“ alle vier Wochen die Bundeskegelbahn unsicher.

Heute leben und kegeln noch vier der Frauen und fünf der Männer. Sie wohnen inzwischen in Bergeborbeck, Bottrop, Haarzopf, Huttrop und Frintrop. Alfriede Thonen als älteste der Damen wird demnächst 85, der älteste Kegler Hubert Schlagkamp feiert noch in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag. Ihr Clubgetränk ist der perfekt eingeschenkte „Samtkragen“, die erste Runde der Schnapsmischung gibt diesmal Alfriede aus.

Essener Kegelclub entsteht in den 60ern

Beim Getränk schwelgt die Gruppe in Erinnerungen an die Club-Gründung: Nach der Eröffnung des Stadtbads Borbeck im Jahr 1962 fand sich eine Gruppe von Schwimmern, die dort regelmäßig dienstagabends ihre Bahnen zogen. Drei junge Kruppianer schwammen sich nach der Maloche die Müdigkeit aus den Knochen, danach löschten sie an der Bar der Sportlerdurst. Die Chemie stimmte. Arno van Beek erinnert sich: „Wir fanden, dass wir gut zusammen passen. Irgendwer kam mit dem Vorschlag, mit unseren Bräuten zu kegeln. So probeweise.“

Auch nach 60 Jahren halten sie in ihrem Kegelclub zusammen: Ingrid Backwinkel, Christel Kowitz, Alfriede Thonen, Mechthild van Beek, Hubert Schlagkamp, Manfred Kowitz, Rolf Backwinkel, Arno van Beek und Willi Henrichs (von links).
Auch nach 60 Jahren halten sie in ihrem Kegelclub zusammen: Ingrid Backwinkel, Christel Kowitz, Alfriede Thonen, Mechthild van Beek, Hubert Schlagkamp, Manfred Kowitz, Rolf Backwinkel, Arno van Beek und Willi Henrichs (von links). © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Christel Kowitz erzählt es so: Ihr Manfred sei nach Hause gekommen und habe gemeint: „Jetzt hör mir erst mal zu und sag nicht sofort Nein.“ Es wurde ein Ja: „Wir Frauen sind bis heute dabei.“ Im März 1963 wurde der Kegelverein „Club der Paare“ gegründet. Nach und nach landeten alle Paare im Hafen der Ehe. Alterspräsident und damit zugleich auch „Vorsitzender“ war der damals 29-jährige Hubert Schlagkamp. Ein Püttologe, der zu den Kruppianern wie die Faust aufs Auge passte. Manfred Kowitz sagt: „Der Hubert hat den Laden zusammengehalten. Er war der Boss.“

Gemeinsame Erlebnisse verbinden den „Kegelclub der Paare“

Rolf Backwinkel ist der Jüngste mit seinen fast 80 Jahren: „Ursprünglich waren meine Schwester und mein Schwager Mitglieder und ich nur als Kegeljunge dabei. Kegel wieder aufstellen und so. Dann sind die beiden aber weggezogen und meine Ingrid und ich sind für sie eingesprungen.“ Backwinkel hat das ehrenvolle Amt, mögliche „Strafen“ zu notieren: „Zum Beispiel, wenn bestimmte Bilder gekegelt werden.“ Zusätzlich zum Grundbeitrag von fünf Euro pro Kegelabend werden die Strafen penibel abgerechnet. Manfred Kowitz hat auch ein höchst wichtiges Vereinsamt inne: „Ich betätige seit 45 Jahren die Bimmel.“ Sollte ein Kegler seinen Einsatz verpassen oder andere Missgeschicke passieren, wird dies lautstark durch die Glocke mitgeteilt.

Derweil hat sich Arno van Beek bereits an der Tafel positioniert, um die ersten Spielstände zu notieren. Drei Stunden lang wird gekegelt, gespeist, getrunken, gequatscht und viel gelacht. Willi Henrichs witzelt: „Hier reden immer alle laut durcheinander. Da stelle ich manchmal einfach die Hörgeräte aus. Dann habe ich meine Ruhe.“

Inzwischen hat wegen des Alters die sportliche Intensität beim Kegeln etwas nachgelassen. Dafür wird noch mehr über die vielen schönen Erlebnisse der langen Vereinsgeschichte und die vielen gemeinsamen Feiern mit den Familien gesprochen. Gefeiert wurden und werden Geburtstage, früher Polterabende und Hochzeiten. Mechthild van Beek erklärt: „Zu jedem Jubeltag wird etwas Witziges vorgetragen und Programm gemacht.“ Ingrid Backwinkel ergänzt: „Bei uns wird viel gesungen. Nicht alles jugendfrei.“

Zusammenhalt hilft im hohen Alter

Anfangs wurden Kegeltouren über zwei Tage mit dem Fahrrad, dem Auto oder per Zug in Regionen wie Niederrhein, Sauerland, Mosel unternommen. Arno van Beek lächelt: „Im Abstand von etwa sieben, acht Jahren unternahmen wir Wochentouren. Diese führten uns nach Berlin, München, Trier, Straßburg und Dresden.“ Hubert Schlagkamp schwärmt: „Die schönste Tour war die zum 30-Jährigen nach Wien.“ Der südlich der Donaumetropole gelegene Weinort Perchtoldsdorf war Ausgangspunkt für Exkursionen.

An die Kegeltour nach Lindlar und viele weitere haben die Mitglieder des Essener „Club der Paare“ gute Erinnerungen.
An die Kegeltour nach Lindlar und viele weitere haben die Mitglieder des Essener „Club der Paare“ gute Erinnerungen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Bleibende Erinnerungen an so manches „Vorkommnis“ haben sich eingebrannt. Zum Beispiel, als 1977 im bergischen Lindlar der Pferdeplanwagen streikte. Die gesamte Truppe musste aussteigen und anschieben. Oder als die munteren Kegler fast vom Ausflugsschiff geschmissen worden wären. Arno van Beek versucht seinen unschuldigsten Blick: „Dabei haben wir nur gesungen.“

Gekegelt wird auch heute noch durchaus ordentlich, obwohl die Augen nachlassen und die Knie nicht mehr wollen. So ein Kegelclub steht auch in schweren Zeiten zusammen. Alfriedes Mann Theo und Willis Gattin Ursula mussten vorzeitig gehen, Huberts Frau Renate nach 63 Jahren Ehe. Das gesellige Miteinander und der soziale Austausch helfen. Die immer wieder aufgebrühten Anekdoten gehören mindestens genauso dazu und wirken für die Senioren offenbar wie ein wahrer Jungbrunnen.