Essen. Landschaftsarchitekt Andreas Kipar prägt das dritte Forum zu Essens Innenstadt mit einer Vision. Warum zur Umsetzung aber nicht viel Zeit bleibt.
Wenn es nach Andreas Kipar geht, bleibt der Essener Innenstadt nicht mehr viel Zeit. 2027 wird das Ruhrgebiet Austragungsort der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA). „Dann kommt Europa hierher“, sagt er. 17 Jahre nach dem letzten Großprojekt des Reviers, der Kulturhauptstadt 2010. Eine große Chance, sich von seiner besten Seite zu zeigen – und nachhaltig davon etwas zu haben.
Der Landschaftsarchitekt ist beim dritten Teil der Debattenreihe im FUNKE Media Office am Montagabend (6. 3.) der Mann für die großen Worte, derjenige, der eine „Gesamtvision“ fordert, damit sich die Innenstadt zum Besseren entwickelt. „Natur und Mensch, das ist die Klammer der heutigen Zeit. Es gibt eine Sehnsucht nach dem Ursprünglichen“, sagt er. Mehr Grün soll in die Innenstadt, mehr Wasserläufe, mehr natürlicher Boden, auf dem Bäume wachsen können. „Man muss auf 15-Minuten-zu-Fuß-Wegen nicht leiden“, sagt er. Dafür brauche es eine „gewisse Radikalität“ und nicht „noch einen Kübel und noch einen Kübel“. Sein Motto: „Break it up – aufbrechen!“ Und das bitteschön schnell, 2027 ist schon bald.
Metropolen wie New York, Paris und Mailand machten es vor
Andere Städte machten es doch vor: New York hat seine High Line – einen Park auf einer nicht mehr genutzten Güterzugtrasse. Paris will seine Champs-Élysées aufbrechen, Bürgermeisterin Anne Hidalgo treibt dort den Umbau der Prachtstraße zu einem Park voran. Und Mailand verwandelt seinen Piazzale Loreto in eine nachhaltige, grüne Oase – mit moderner Architektur, die Andreas Kipar dem Publikum am Montagabend anschaulich als „Lasagne“ – also aus mehreren Schichten bestehend – beschreibt.
Dabei sei Mailand „doch auch eine graue Maus“, sagt Kipar. Der 62-Jährige lebt selbst dort. Studiert hat der 62-Jährige aber in den 1980er Jahren in Essen, kennt sich also aus in der Stadt. Entworfen hat der gebürtige Gelsenkirchener hier den Krupp-Park, der im Sommer aus der Luft gesehen sogar ein wenig an die Toskana erinnert.
Essener wünschen sich mehr Aufenthaltsqualität in der City
Können die Essener mit solch einer Vision etwas anfangen? Unstrittig ist, dass es den Bürgern aktuell in der Innenstadt vor allem an Aufenthaltsqualität fehlt. Das hat auch die Umfrage unserer Redaktion mit fast 10.000 Teilnehmern gezeigt. Untermauert wurde das auch bei den beiden ersten Innenstadtforen im FUNKE Media Office in diesem Jahr. Eine Straßenumfrage von Radio-Essen-Moderatorin Anna Bartl, die sie am Montag auf der Bühne vorstellt, zeigt das ebenfalls. Die Forderung der Menschen: mehr Sitzmöglichkeiten, mehr inhabergeführte Gastronomie, Sicherheit, mehr Spielplätze. Aufenthaltsqualität eben.
Wie man das konkret erreichen möchte, wird am Montagabend nicht geklärt. Es ist eher ein Abend der Gefühle, der Emotionen, einer Zustandsbeschreibung. „Hand aufs Herz“, sagt etwa Richard Röhrhoff, Geschäftsführer der Essen Marketing GmbH, „wenn wir in Essen Besuch haben, gehen wir dann in die Stadt? Essener fahren auf Zollverein, zum Baldeneysee.“ Das sei beispielsweise in Düsseldorf anders. Dort gingen die Menschen auf die Kö, trinken in der Altstadt ein Bier. Damit sich in Essen etwas ändert, müssten Investoren und Eigentümer sowie die Stadt an einem Strang ziehen: „Alle müssen sich beteiligen.“
Gastronom: „Der Burgplatz wird nur für das Riesenrad genutzt“
In den Fokus werden auf dem Podium am Abend die Plätze in der Innenstadt gerückt, besonders wichtig scheint dem Publikum der Kennedyplatz zu sein. Auch andere sind aber Thema: „Der Kopstadtplatz ist völlig ungenutzt“, sagt etwa Röhrhoff von der EMG. Valentin Brambrink, Geschäftsführer des Restaurants „RoseMarie“ neben der Lichtburg, wird von Radio-Essen-Chefredakteur Christian Pflug zum Burgplatz befragt. Der Gastronom sagt unter Beifall des Publikums: „Der Burgplatz wird nur für das Riesenrad genutzt, an den anderen elf Monaten ist er leer.“ Das sei schade. Was er selbst für eine Verbesserung tun könne? Er bringt die Idee des Außerhaus-Geschäfts ins Spiel, Picknick-Körbe könnten künftig beispielsweise im „RoseMarie“ gekauft werden. Für die Sauberkeit würde man sich dann vor Ort engagieren.
Ebenfalls auf dem Podium steht Anastasios Meliopoulos, Centermanager des Einkaufszentrums Limbecker Platz. Er appelliert an die Essener: „Ihr müsst ein bisschen stolzer auf eure Stadt sein und nicht alles schlechter reden als es ist.“ Meliopoulos stammt aus Thessaloniki. Er sagt augenzwinkernd zum Publikum: „In Griechenland bauen wir hässlich. Da rettet das Meer die Optik.“ Der Centermanager ergänzt: „Da ist die Mall der Destination Point.“ Sprich, das Einkaufszentrum sei dort das Freizeitziel der Menschen.
Landschaftsarchitekt bringt „Sonderprogramm 2027 plus“ in Spiel
Zurück zum Landschaftsarchitekten Andreas Kipar. Der wird auch am Ende des Abends nicht müde das Jahr 2027 und die dann stattfindende Gartenbauausstellung (IGA) als Chance für Essen ins Spiel zu bringen. Damit bis dahin viel im Stadtbild realisiert werden kann, fordert er ein „Sonderprogramm 2027 plus“. Ziemlich ambitioniert, schließlich müsste dieses mit konkretem Inhalt gefüllt werden. Kipar gibt sich optimistisch und fordert: „Mutig sein!“
>>> INFO: Die Reihe #ZukunftEssenInnenstadt
- Die Essen Marketing Gesellschaft (EMG), die Stadtverwaltung und die FUNKE Medien NRW veranstalten die Debattenreihe gemeinsam.
- Das vierte und letzte Diskussionsforum nimmt am Donnerstag, 16. März, „Mobile City: Gut unterwegs zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem ÖPNV oder im Auto“ unter die Lupe: Einlass ab 17.15 Uhr, Beginn 18 Uhr, FUNKE Media Office, Jakob-Funke-Platz 1.
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