Essen-Borbeck. Mehr als 100 km/h in der Tempo-30-Zone: Wo im Essener Westen auch vor einer Kita gerast wird. Und an welchen Stellen bald gemessen werden soll.

Digitale Geschwindigkeitsanzeigen sollen den Bezirk IV sicherer machen – etwa ein halbes Jahr nach ihrer Aufstellung gibt es nun eine erste Bilanz. Zu hohe Geschwindigkeiten auf Fahrradstraßen und in Tempo-30-Zonen nahe Spielplätzen, Schulen und Kindergärten hatten vielen Sorge bereitet, deshalb wurden im Sommer vier Geräte aufgestellt. Die Daten, die so erfasst wurden, liegen den Politikerinnen und Politikern im Bezirk nun vor.

„Es ist schon erschreckend, wie das Tempo 30 einfach ignoriert wird“, sagt Bezirksbürgermeisterin Margarete Roderig. „Wir hatten Ausreißer von über 100 km/h, die meisten Überschreitungen lagen bei einem Tempo zwischen 50 und 70 km/h, selbst wenn in der Nähe eine Kita oder Schule ist.“ Auffällig sei, dass viele der Überschreitungen in der Zeit zwischen 15 und 19 Uhr gemessen worden seien.

Geschwindigkeitsmessungen vor einer Borbecker Kita

Eine direkte Folge haben die Messungen für die Fahrerinnen und Fahrer nicht, sie sollen lediglich einen psychologischen Effekt haben und zu gemäßigterem Tempo verleiten. Das klappt offensichtlich bei manchen Verkehrsteilnehmern nicht. Doch von diesen Ausnahmen abgesehen sei durchaus ein positiver Effekt herauszulesen, so Roderig: „Die Anlagen bewirken etwas, wir konnten einen Tempo-Rückgang verzeichnen.“ Sowohl die Durchschnittsgeschwindigkeit habe abgenommen als auch die Zahl der Raser.

Die Wirksamkeit der Anlagen war zuvor umstritten gewesen, die Mitglieder der Bezirksvertretung hatten sie aber befürwortet und rund 30.000 Euro aus eigenen Mitteln für ein Pilotprojekt zur Verfügung gestellt, in diesem Jahr stellen sie diese Summe erneut bereit. So wie auch auf der Ruhrhalbinsel sollen die Geschwindigkeitsanzeigen im Bezirk IV zunächst für zwei Jahre getestet werden, also in den Stadtteilen Schönebeck, Bedingrade, Frintrop, Dellwig, Gerschede, Borbeck-Mitte, Bochold und Bergeborbeck.

Aufgestellt worden waren die vier digitalen Geschwindigkeitsanzeigen im Sommer 2022 an der Triftstraße, der Fürstenbergstraße, dem Breukelmannhof und an der Schloßstraße nahe der cse-Kita Mattisburg. „Bei den Eltern gab es eine sehr gute Resonanz“, sagt die kommissarische Kita-Leiterin Nicole Blocklinger. „Ich stelle auch selbst fest, dass die Autofahrer vor und hinter mir abbremsen. Die Anzeigen sind effektiver als die Verkehrsmännchen, die wir aufgestellt hatten – sie wurden uns außerdem gestohlen.“ Wünschenswert sei aus Sicht des Kita-Teams und der Familien, dass die Geschwindigkeitsanzeige an der Stelle verbleibe.

Neue Standorte für digitale Geschwindigkeitsanzeigen im Essener Westen

Doch das ist nicht in Sicht, innerhalb des zweijährigen Pilotprojekts sollen die Geräte noch mehrfach an andere Standorte im Bezirk versetzt werden. „Eigentlich müssten sie tatsächlich bleiben, wo sie sind“, meint auch Bezirksbürgermeisterin Roderig. „Aber wir haben eine lange Liste an weiteren Orten, an denen sie noch aufgestellt werden sollen.“ Die Mitglieder der Bezirksvertretung haben die Ordnungsbehörden nun aufgefordert, an den Stellen, an denen in den vergangenen Monaten Raser gemessen wurden, auch bußgeldrelevante Kontrollen durchzuführen – also zu blitzen.

Die von der Bezirksvertretung finanzierten digitalen Anzeigen sollen in Kürze an andere Standorte umgesetzt werden. Die Anlage an der Schloßstraße in Borbeck soll auf die gegenüberliegende Straßenseite wechseln, die anderen drei Geräte bekommen bald neue Standorte an der Levinstraße in Gerschede auf Höhe der Awo-Kita, an der Heißener Straße in Schönebeck nahe des Spielplatzes und am Dreigarbenfeld/Nöggerathstraße in Schönebeck. Zur zweiten Jahreshälfte sollen dann auch die dort gesammelten Daten ausgewertet werden. In der Bezirksvertretung hofft man, dass die Stadt Essen in Zukunft die Finanzierung übernimmt, langfristig sei das aus den Mitteln im Bezirk nicht möglich.