Essen. Jahrzehntelang waren Baldeneysee und Ruhr trotz mäßiger Wasserqualität beliebte Schwimmorte. Doch vor 50 Jahren beginnen vorsichtigere Zeiten.
Viele Jahrzehnte war das Baden und Schwimmen in der Ruhr und im Baldeneysee trotz hohem Bakteriengehalt des Wassers normal, vor 50 Jahren endet diese Ära: Im Freibad am Haus Scheppen und am Freibad Baldeney (heute Seaside Beach) will die Stadt Essen beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf für die Saison 1973 keine Ausnahmegenehmigung mehr beantragen. Im Freibad Baldeney ist bis zur Schließung 1984 das Schwimmen nur noch in den Betonbecken gestattet.
Bereits 1965 war das Schwimmen in der Ruhr und im Baldeneysee wegen des belasteten Wassers generell verboten worden, doch erteilte die übergeordnete Behörde auf Wunsch der Stadtverwaltung anscheinend äußerst großzügig Ausnahmen. Wer beim Schwimmen zu viel Wasser schluckte, musste mit einer gehörigen Magen-Darm-Verstimmung rechnen, was indes niemanden aufregte. War eben so. Mit den heutigen Umweltstandards ist das schwer zu vereinbaren, aber die Zeiten waren andere.
Im Jahr 1972 allerdings waren neben den üblichen Kolibakterien auch Viren der gefürchteten Polio-Krankheit (Kinderlähmung) im Wasser entdeckt worden, was das Essener Sportamt offenbar zu mehr Vorsicht veranlasste. Lediglich in den Ruhrbädern Werden und Steele-Horst will die Stadt weiterhin Sondergenehmigungen erwirken, in der letzteren Einrichtung soll sie so lange gelten, bis das neue Freibad Oststadt als Ersatz fertiggestellt ist.
Erst seit 2017 darf im Baldeneysee wieder geschwommen werden – unter Auflagen
Dank der Fortschritte in der Klärwerkstechnik verbesserte sich in den nächsten Jahrzehnten die Wasserqualität stark, der Bakterienanteil ist längst unterhalb der Schwelle ernsterer Gesundheitsgefahren, von Viren ist nichts mehr bekannt. Dennoch durfte erst im Jahr 2017 wieder offiziell an der Badestelle im Seaside Beach geschwommen werden, und das auch nur unter strengen Auflagen.
Eine laxe Ausnahmenpraxis nach dem Motto „Wird schon nicht so schlimm kommen“ wäre heute undenkbar. Nach stärkeren Regenfällen ist die Schwimmstelle tagelang geschlossen, anders als an vielen anderen Flüssen und Seen in Deutschland ist das Baden auch auf eigene Gefahr dann nicht gestattet.