Essen. Nach langem fruchtlosen Hin und Her ist für den leerstehenden Komplex eine Nutzung gefunden: als Lagerhaus – und als Anlaufstelle für die Tafel.

Bis vor gar nicht so langer Zeit war hier an der Söllingstraße im Ostviertel die städtische Telefon-Technik untergebracht. Ansonsten aber hat der denkmalgeschützte Backsteinbau definitiv den Anschluss verpasst: Seit eineinhalb Jahrzehnten und mehr diskutieren Stadt und Politik nun schon eine neue Nutzung, wollten mal Schulräume errichten und mal eine Flüchtlingsunterkunft. Aber nicht zuletzt angesichts der baufälligen Substanz und der erwarteten hohen Kosten winkte man doch immer wieder ab. Jetzt deutet sich eine Lösung an.

Eine, auf die man gleichwohl noch eine ganze Weile wird warten müssen: Denn das viergeschossige Verwaltungsgebäude, vor etwas mehr als 100 Jahren als städtisches Leihamt errichtet, soll von Grund auf saniert werden. Eine halbe Million Euro wird jetzt für die Planung locker gemacht, alles in allem, so schätzen die städtischen Experten, dürfte die Generalsanierung rund 15 Millionen Euro verschlingen.

Ein „Klotz am Bein“ der Stadt, der jährlich zehntausende Euro an Aufwand beschert

Viel Geld für einen Komplex, der sich mit seinen mehr als 5000 Quadratmetern Fläche auch künftig nicht groß aufdrängen wird, denn ein Großteil der Immobilie soll als schlichtes Lagerhaus dienen. Alle anderen ehrgeizigen Ideen zur Wiederbelebung etwa als Büro-Standort mussten letztlich aufgegeben werden: zu ungünstig die Raumzuschnitte, zu niedrig die Deckenhöhe, zu teuer, auch die anderen Mängel zu beheben.

Wenn die Essener Tafel in ein paar Jahren an die Söllingstraße umzieht, heißt es auch Abschied nehmen von der Ausgabe am Steeler Wasserturm.
Wenn die Essener Tafel in ein paar Jahren an die Söllingstraße umzieht, heißt es auch Abschied nehmen von der Ausgabe am Steeler Wasserturm. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Die Verwaltung versichert, sie habe alles versucht, das Gebäude loszuwerden: vergeblich. Erwogen wurde sogar die Idee, den 1989 beschlossenen Denkmalschutz, der dem typischen Baustil für Verwaltungsgebäude der 1920er Jahre in der rheinisch-westfälischen Industrieregion gilt, kurzerhand wieder zu entziehen. Doch übergeordnete Behörden winkten ab, dabei erweist sich der Bau selbst als Ruine als echter Klotz am Bein der Stadt: Die Fassade muss aufgrund sandiger Fugen nach jeder Frostperiode auf lose Steine überprüft werden, Kostenpunkt: rund 50.000 Euro jährlich. Und auch sonst bröckelt es gewaltig. Der Zugang ist schon seit 2010 wegen der Gefahr herabfallender Steine mit einem Schutztunnel gesichert.

Eine Digitalisierungsstraße als Idee – und die Essener Tafel als neue Anlaufstelle

Als Lagerhaus könnte der Bau wenigstens ansatzweise wirtschaftlich genutzt werden: für Schulmöbel genauso wie für Akten aller Art. Überlegt wird zudem, im Erdgeschoss eine Digitalisierungsstraße einzurichten: Akten würden hier dann vor ihrer Einlagerung mit einem Barcode versehen, ließen sich so leicht auffinden und für den Fall, dass sie verwaltungsintern angefordert werden, einscannen und digital versenden. Noch ist allerdings nicht klar, ob sich eine solche Scanstraße lohnt oder man für diesen Service nicht kostengünstiger externe Dienstleister beauftragt.

Fest eingeplant ist dagegen, das Erdgeschoss des Baus an der Söllingstraße nach dem Umbau an die Essener Tafel zu vermieten, die derzeit noch im Wasserturm an der Steeler Straße untergebracht ist. Die Tafel, die sich 1995 – übrigens als eine der ersten deutschlandweit – gründete, hat sich längst als feste Größe im sozialen Hilfs-Gefüge der Stadt etabliert. Sie beliefert stadtweit rund 100 soziale und karitativen Einrichtungen, unterstützt wöchentlich direkt etwa 6000 Bürgerinnen und Bürger mit einer Lebensmittelspende und versorgt indirekt weitere ca. 10.000 Menschen mit Frühstücks- oder Mittagstischen.