Essen. Bei bestimmten Kostümen im Essener Karneval hört der Spaß auf. Was geht und was nicht: Das sagen Polizei, Kindertagesstätten und ein Gastwirt.
Karneval – das ist der Ausbruch aus dem grauen Alltag. Sich verkleiden und mal für ein paar Stunden in eine ganz andere Rolle schlüpfen: er als verwegener Pirat oder Darth Vader, sie als zauberhafte Fee oder Biene Maja. Doch bei aller Vielfalt und Verkleidungsfantasie: Bestimmte Kostüme gehen gar nicht und manche sind nicht (mehr) erwünscht. Was verboten und erlaubt ist: hier die Stimmen von Polizei, Kindertagesstätten und Gastronomie.
Polizei Essen: „Kostüme mit Nazi-Outfit sind selbstverständlich verboten“
Völlig indiskutabel sind Verkleidungen im Nazi-Outfit. „Eine SS-Uniform ist selbstverständlich verboten“, sagt Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato. Hakenkreuze, SS-Runen und dergleichen sind Symbole verfassungswidriger beziehungsweise verbotener Organisationen. Wer sie trotzdem trägt und sich auf närrische Freiheiten beruft, ist falsch gewickelt. Tatsächlich handelt es um Volksverhetzung und die erfüllt den Straftatbestand. Sich als Adolf Hitler verkleiden, ist ebenso verboten wie Kostüme mit der rechtsextremistischen Aufschrift WP für „White Power“, SGH („Sieg Heil“) oder B&H („Blut und Ehre“).
Wer damit erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe rechnen oder gar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Absolutes No-Go sind Kostüme mit einem rechtsextremistischen Hintergrund. Wer an den närrischen Tagen zum Beispiel mit einem Hakenkreuz unterwegs ist, macht sich der Volksverhetzung schuldig. Ein weiteres No-Go sind Verkleidungen als Terrorist oder Gotteskrieger („Dschihadist“).
Auch bei Polizeiuniformen hört für die Polizei der Spaß auf. „Kostüme, die unserer Uniform täuschend ähnlich sind und womöglich auch noch das Landeswappen enthalten, sind verboten“, so der Polizeisprecher. Wer Titel, Berufsbezeichnungen und Abzeichen missbraucht, verstößt gegen Paragraf 132 des Strafgesetzbuches und begeht womöglich eine Straftat.
Wer die falschen Action-Filme gesehen hat und beispielsweise meint, mit einer täuschend echten Maschinenpistole rumlaufen zu müssen, gerät ebenfalls mit dem Gesetz in Konflikt. Sogenannte „Anscheinswaffen“ werden von der Essener Polizei sofort sichergestellt, außerdem wird Anzeige erstattet. Die Person gilt keinesfalls als Feierbiest, sondern als Unruhestifter. Auch beim missbräuchlichen Einsatz von Gas- oder Schreckschusspistolen, für die der so genannte „Kleine Waffenschein“ erforderlich ist, schreitet die Polizei ein. „Die Polizei wird diese Waffen sicherstellen“, stellt Pascal Schwarz-Pettinato klar. Im Einzelfall werde geprüft, ob es sich um eine Ordnungswidrigkeit oder eine mutmaßliche Straftat handelt. Es drohen saftige Bußgelder - bis zu 10.000 Euro.
Der „Löwe“-Gastronom: „Das Dekolleté bis zum Bauchnabel – nein danke!“
Der Essener Gastronom Lars Becker ist Veranstalter der Karnevalssause „Alaaf im Pott“ in der Grugahalle und ein begeisterter Karnevalist. Der Inhaber der Gastwirtschaft „Löwe am Kopstadtplatz“ veranstaltet zwei Karnevalspartys – an Rosenmontag und am Samstag davor. Becker bezeichnet sich selbst als tolerant, allerdings schaut auch er am Einlass genau hin. Nicht nur Nazi-Kostüme sind für ihn ein No-Go. Wer auf übertrieben „billig sexy“ mache, müsse ebenfalls damit rechnen, abgewiesen zu werden. „Karneval ist weder ein Straßenstrich noch die Venus“, sagt Becker. Mit der Venus ist die größte Erotikmesse der Welt in Berlin gemeint. Becker redet Klartext und sagt: „Ein Dekolleté bis zum Bauchnabel - das muss wirklich nicht sein.“ Gegen Erotik, Charme und feinen Humor spreche hingegen gar nichts. Bei der letzten „Alaaf im Pott“-Party habe eine Frau ein T-Shirt getragen, das er pfiffig fand. Becker: „Darauf stand: Schlank würde ich dich nur noch geiler machen.“
Keinesfalls anstößig findet Lars Becker das Scheich-Kostüm oder die Aufmachung als Apachen-Häuptling Winnetou. Auch Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato stellt klar: „Das ist den Leuten frei überlassen.“
KiTa Zweckverband: „Kinder verkleiden sich gern, ein Verbot bestimmter Kostüme gibt’s nicht“
Die Essener Kindertagesstätten freuen sich nach zwei Jahren Corona darauf, dass endlich wieder ohne Einschränkungen Karneval gefeiert werden kann. „Kinder haben eine große Freude daran sich zu verkleiden“, sagt Isabell Schomberg, Leiterin der Kindertagesstätte St. Franziskus (Schlosswiese). Ihre Einrichtung gehört zum KiTa Zweckverband des Bistums Essen, der sich dem Grundgedanken der „vorurteilsbewussten Pädagogik“ verpflichtet fühlt.
„In vielen Kindertageseinrichtungen wird gemeinsam mit den Kindern in den Kinderkonferenzen entschieden, unter welchem Motto die bevorstehende Karnevalsfeier stehen soll“, sagt Lina Strafer, Sprecherin des KiTa Zweckverbandes. Viele Familien orientierten sich bei der Auswahl des Kostüms an diesem Motto. Der KiTa Zweckverband setze bei der Auswahl der Kinder-Kostüme auf die Eigenverantwortung von Familien. Generell gelte: „Ein Verbot bestimmter Kostüme gibt es nicht.“ Und was passiert, wenn der kleine Ritter zur Karnevalsfeier mit einem Holzschwert erscheint. „Dann achten wir natürlich darauf, dass er es nur symbolisch benutzt.“