Essen-Horst. Ältere, Verwitwete, Alleinstehende kommen in die warme Kirche der ev. Gemeinde in Essen-Horst. Was dahinter steckt und welche Hilfe nötig ist.

Ein scharfer Wind und null Grad – ungemütlicher kann es an diesem Freitagmittag kaum sein. Doch im evangelischen Bonhoeffer-Haus in Horst ist es warm und behaglich. Hier wartet die Leiterin Ursula Rühl mit Kaffee, Tee und Plätzchen auf Besucher, die sich ein bisschen aufwärmen möchten. Die „warme Kirche“ direkt am Mierendorffweg hinter dem Netto-Laden hat jeden Wochentag von 12 bis 16 Uhr geöffnet.

„Als im vergangenen Jahr klar wurde, dass die Lebenshaltungs- und besonders die Energiekosten dramatisch ansteigen, haben wir uns in der Gemeinde Gedanken gemacht, wie wir in der kalten Jahreszeit den Menschen in Horst unkompliziert helfen können“, sagt Ursula Rühl. Herausgekommen sei dann die „warme Kirche“ im Bonhoeffer-Haus – ein Raum, der in der Gemeinde eh schon für viele Begegnungen und Kurse genutzt wird. „Kinderballett, Plauderzeit, Nähkurs und Singgruppen“, zählt Ursula Rühl auf. Dazu noch vormittags Fördergruppen aus der benachbarten Kita. Da passte die Idee mit der warmen Kirche gut ins Konzept.

Weitere Kirchen öffnen ihre Türen in Essen

Drei weitere evangelische Kirchen im Innenstadt-Bereich bieten seit Januar täglich Mahlzeiten, Getränke und Gespräche an und haben angekündigt, das bis Ende Februar tun zu wollen. Außer in der Kreuzeskirche (mittwochs, ab 12 Uhr) in der Marktkirche (dienstags, ab 15 Uhr) und in der Auferstehungskirche (donnerstags, ab 12 Uhr) gibt es auch in Bergerhausen (Johanneskirche, Elbestraße), in der Altendorfer Lutherkirchengemeinde sowie in Borbeck-Vogelheim entsprechende Angebote.

Auf die Menschen, die in die warme Kirche kommen, wartet nicht nur Kaffee, sondern auch ein offenes Ohr.
Auf die Menschen, die in die warme Kirche kommen, wartet nicht nur Kaffee, sondern auch ein offenes Ohr. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Die Anzahl der Menschen, die das Angebot der Nächstenliebe, so wie es die evangelische Kirche versteht, in Horst annehmen, sei von Tag zu Tag verschieden, berichtet die 69-Jährige, die seit sieben Jahren für das Bonhoeffer-Haus verantwortlich zeichnet. Mal seien es fünf, dann zehn, in Spitzenzeiten auch mehr als 15 Besucher, die vorbeischauen. Das hinge vom Wetter aber auch von den Abgabezeiten der benachbarten Tafel ab. „Manche suchen das Gespräch, andere wollen einfach nur in Ruhe im Warmen sitzen und einen Kaffee trinken.“

Einsamkeit, Trauer, Krankheit und Armut sind die Themen in der warmen Kirche

Es kommen vor allen Dingen ältere Menschen, viele alleinstehend oder verwitwet. Und bei vielen reicht die kleine Rente gerade so zum Überleben. „Genau diese Klientel trifft die erhöhten Heizkosten besonders hart“, weiß Ursula Rühl. Aber sie würde niemals nachfragen, sondern, wenn gewünscht, zuhören. Schließlich sei die „warme Kirche“ auch ein Ort, in dem der Schutz der Persönlichkeit an erster Stelle stehe, „und die Menschen, die hierhin kommen, müssen die Sicherheit haben, dass sie mir vertrauen können und nichts nach außen dringt“.

Meist braucht es mehrere Besuche, bevor sich ein Gast öffnen würde. „Aber wenn sich jemand anvertraut, dann empfinde ich das immer als große Ehre“, sagt sie. Einsamkeit, Trauer, Krankheit und Armut seien die Themen, die viele, die in die warme Kirche kommen, bewegen. „Da ist es doch schön, in der Nähe einen Ort zu haben, an dem man einfach sein kann.“

Und so wartet die engagierte Christin von Montag bis Freitag auf die spontanen Besucher. Aber noch tut sie das ganz alleine, schultert sie das Projekt ohne Mithilfe. „Ich würde mich sehr freuen, wenn sich noch Menschen finden würden, die mich ehrenamtlich unterstützen. Dann können wir den Winter gut überbrücken.“

Interessenten können sich bei Ursula Rühl unter 0162-3864484 oder urpungel@gmx.de melden. Bonhoeffer-Haus, Mierendorffweg 4 in Horst.