Essen. Wegen Mängeln verzögert sich die Auslieferung neuer Niederflurbahnen an die Ruhrbahn in Essen um ein Jahr. Was das für die Fahrgäste bedeutet.
Sein Weg führt Dirk Leier in diesen Tagen oft nach Bautzen, wo der Straßenbahn-Hersteller Bombardier ein großes Werk unterhält. Ob der Gast aus Essen dort gerngesehen ist, sei dahingestellt. Leier ist bei der Ruhrbahn für die Qualitätskontrolle der neuen Niederflurbahnen zuständig. Und als solcher hat er in Bautzen gut zu tun, was nicht nur an den 22.000 Bauteilen liegt, aus denen eine NF4 zusammengesetzt wird.
32 Niederflurbahnen der neuesten Baureihe NF4 hat die Ruhrbahn bei Bombardier bestellt. 90 Millionen Euro investiert das kommunale Nahverkehrsunternehmen in die Modernisierung ihres Straßenbahn-Fuhrparks. Die neuen Bahnen sollten seit Jahresbeginn auf Essens Gleisen unterwegs sein. Doch geliefert wurden erst sieben der knallgelb lackierten Fahrzeuge.
Die neuen Niederflurbahnen der Baureihe NF4 sollen in Essen 30 Jahre lang fahren
25 Niederflurbahnen lassen weiter auf sich warten. Das liegt an der DIN-Norm 15085, welche die bestellten Straßenbahnen leider nicht erfüllen, wie Dirk Leier erläutert. Konkret geht es um eine Schweißnaht im Boden der Fahrzeuge. Diese könnte der Belastung nicht standhalten, welche die 30 Meter lange Tram bei der Fahrt ausgesetzt ist. Im schlimmsten Fall könnte die Schweißnaht reißen. Die Sache sei ernst. „Wir befördern Menschenleben“, betont Dirk Leier. Außerdem soll eine Niederflurbahn 30 Jahre halten.
Bei der Ruhrbahn soll die NF4 die letzten M-Wagen ablösen, Fahrgästen sind die Straßenbahnen aus den 1980er Jahren durch ihre Klappstufen bestens bekannt. Auf der Südstrecke zwischen dem Hauptbahnhof und Bredeney werden die alten Möhrchen nun weiterhin eingesetzt.
Die U-Bahnhöfe entlang der Südstrecke wurden für die Niederflurbahnen umgebaut
Zur Erinnerung: Die Ruhrbahn hat die U-Bahnhöfe entlang der Südstrecke umgebaut. Damit auf der gesamten Strecke Niederflurbahnen halten können, wurden die Bahnsteige abgesenkt. Denn die Einstiegshöhe der Bahnen ist geringer, ein Schritt genügt.
An den U-Bahnhöfen „Philharmonie“, „Rüttenscheider Stern“ und „Martinstraße“ gibt es nun unterschiedlich hohe Bahnsteige. An den hohen Bahnsteigen halten U-Stadtbahnen und die alten M-Wagen, die ihre Trittstufen nicht ausklappen müssen.
Am U-Bahnhof „Florastraße“ wurden die Bahnsteige hingegen auf der kompletten Länge abgesenkt, denn dort halten ausschließlich Straßenbahnen. Die U-Stadtbahnen biegen im Tunnel vorher in Richtung Messe Essen ab.
Am U-Bahnhof Florastraße bietet die Ruhrbahn nicht mehr Komfort, sondern weniger
Weil die bei Bombardier bestellten Niederflurbahnen noch nicht in Essen eingetroffen sind, halten auch an der Florastraße die alten M-Wagen. Wegen der abgesenkten Bahnsteige müssen die Bahnen ihre Klappstufen aber ausfahren. Das heißt: Ironischerweise bietet die Ruhrbahn ihren Kunden nach dem Umbau des U-Bahnhofs nicht mehr Komfort, sondern weniger – wenn auch nur vorübergehend.
Wegen der Verzögerung beim Bau der Niederflurbahnen ist dem Vernehmen nach seitens des Herstellers eine satte Konventionalstrafe in Millionenhöhe fällig, welche die Bilanz der Ruhrbahn aufpolieren würde. Dazu äußern will man sich dort nicht.
Die Niederflurbahnen aus Bautzen werden bis zum Ende des Jahres in Essen erwartet, sofern die beanstandeten Mängel bis dahin beseitigt sind. Ruhrbahn-Ingenieur Dirk Leier wird darauf achten. Kommende Woche macht er sich wieder auf den Weg gen Osten.