Essen. Namentlich identifiziert sind nach den Silvester-Ausschreitungen nur wenige Täter. Forderung nach harten Strafen dürfte schwer umzusetzen sein.
Wenige identifizierte Randalierer, aber jede Menge Anzeigen gegen Unbekannt nach Straftaten und Ordnungswidrigkeiten - das ist die polizeiliche Bilanz zwei Tage nach den Silvesterkrawallen in Essen mit drei verletzten Feuerwehrleuten, ebenso vielen Polizeikräften, die Blessuren erlitten, und einer ganzen Reihe von so mutwilligen wie massiven Sachbeschädigungen.
Wie viele Ermittlungsverfahren genau nach den Ausschreitungen vor allem in Huttrop und in Freisenbruch, aber auch am Borbecker Markt sowie in Altenessen und Katernberg eingeleitet worden sind, konnte Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato am Montag noch nicht abschließend sagen. Zumal nicht auszuschließen sei, dass Beamte der Hundertschaft, die zum Jahreswechsel im Dauereinsatz zur akuten Gefahrenabwehr waren, den ein oder anderen Vorgang nachträglich aktenkundig machen.
„Mehrere Dutzend Kleingruppen“ fielen als Krawallmacher auf
Es waren nach Erkenntnissen der Polizei jedenfalls „mehrere Dutzend Kleingruppen“, die als Störer und Krawallmacher in den Stadtteilen auftauchten - größtenteils junge Menschen, bei denen „nach dem optischen Eindruck ein Migrationshintergrund zu vermuten ist“, so der Polizeisprecher.
Sie zündeten Pyrotechnik unter geparkten Autos, beschossen vorbeifahrende Wagen, völlig egal, ob es sich um private Fahrzeuge oder die von Polizei und Feuerwehr handelte, zielten mit Raketen aber auch auf Einsatzkräfte, um danach meist unerkannt „in der Anonymität der Masse unterzutauchen“.
Gut möglich also, dass am Ende nur wenige Täter tatsächlich bestraft werden können und die aktuelle Forderung der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dass „jeder gezielte Angriff auf einen Menschen in Uniform zu Ermittlungen und einer Gerichtsverhandlung mit hartem Urteil führen“ müsse, zumindest in Essen weitgehend ins Leere laufen dürfte.
So mancher mag sich vor diesem Hintergrund an den Jahreswechsel 2020/2021 erinnern, als Jugendliche am Altenessener Markt marodierten und mit Videos ihrer Taten auf einschlägigen Internetplattformen prahlten. Die Strafe folgte alles andere als auf dem Fuß.
Wenn viel Arbeit wenig Erfolg zeitigt
Rund die Hälfte der acht danach von der Staatsanwaltschaft wegen schweren Landfriedensbruchs angeklagten Beschuldigten konnte auch zwei Jahre später noch immer nicht gerichtsfest identifiziert werden. Ein Bewegungsgutachten ist für die Strafverfolger der letzte Strohhalm.
Auch wenn dieses Beispiel veranschaulicht, dass viel Arbeit am Ende wenig Erfolg zeitigt, hat die Polizei keine Wahl. Die Ermittler werden die Strafanzeigen auch aus der jüngsten Silvesternacht abarbeiten müssen. Nach der Sicherstellung von zwei Schreckschusspistolen sind das zum einen Verstöße gegen das Waffengesetz. Zum anderen „ganz viele Körperverletzungen“, so Schwarz-Pettinato, auch versuchte gefährliche Körperverletzungen, etwa wenn Pyrotechnik gezielt gegen Menschen eingesetzt wurde, ohne sie zu verletzen, sowie eine ganze Reihe von Sachbeschädigungen.
Eine Reihe von Anzeigen nach Widerstandshandlungen
So wurden mehrere Scheiben von Haltestellenhäuschen vor allem in Katernberg und Altenessen zerstört oder Sperrmüll wie Abfallcontainer abgefackelt. Auch eine Reihe von Anzeigen nach Widerstandshandlungen gegen Beamte werden die Ermittler noch eine Weile beschäftigen.
Die größte Gruppe kam in der Nacht des Jahreswechsels übrigens nicht in Huttrop zusammen, sondern in der Innenstadt. Während die Randale vor den Augen von rund 300 überwiegend männlichen Personen am Wasserturm ihren Lauf nahm, begrüßten etwa 900 auf dem Kennedyplatz das Neue Jahr friedlich. Es habe sich dort in der großen Mehrzahl um Menschen mit arabischen Wurzeln gehandelt, weiß Schwarz-Pettinato.