Essen-Rüttenscheid. Stellen im Handwerk sind derzeit schwierig zu besetzen. Warum sich eine junge Essenerin bewusst für die Lehre zur Hutmacherin entschieden hat.

  • Genäht hat die Essenerin Lina Blümer schon mit elf Jahren gerne. Nach dem Schulabschluss entschied sie sich bewusst für eine Ausbildung im Handwerk.
  • Ihre Lehre machte sie bei der Hutmanufaktur Ulrike Strelow in Essen-Rüttenscheid – und schloss sie in diesem Jahr als Landessiegerin der Innung ab.
  • An ihrem Beruf mag die junge Essenerin besonders das präzise Arbeiten: „Hüte sind oft sehr filigran.“

Mützen nähen, aufwendige Verzierungen an Haarreifen anbringen, Hüte für Hochzeiten oder Pferderennen fertigen: All das hat Lina Blümer in ihrer Ausbildung zur Hutmacherin gelernt. In einer Zeit, in der viele Lehrstellen nicht besetzt werden können, hat sich die 22-Jährige bewusst für einen Handwerksberuf entschieden. In diesem Jahr schloss sie ihre Ausbildung als Landessiegerin der Innung ab. Gelernt hat Blümer bei der Hutmanufaktur Ulrike Strelow in Rüttenscheid.

Die Arbeit mit den Händen mochte Blümer schon immer. „Ich habe schon mit elf Jahren gerne genäht“, erzählt sie. Ihre Mutter habe ihr damals beigebracht, mit der Nähmaschine umzugehen. Schnell war der jungen Frau klar, dass sie in diese Richtung auch beruflich gehen wollte: „Ich wollte Schneiderin werden.“ Auf der Suche nach einem potenziellen Lehrbetrieb telefonierte sie die Firmen ab, die bei der Innung gelistet waren. Wie es der Zufall wollte, tauchte in dieser Kategorie auch Ulrike Strelow auf. Statt Kleider und Hosen fertigte Blümer also in den vergangenen Jahren Hüte und Kopfschmuck.

Essenerin näht gerne Stoffkappen oder Kopfbedeckungen mit Filz

Die korrekte Bezeichnung für den Beruf, den man im Rahmen einer ganz gewöhnlichen, dreijährigen Ausbildung samt Berufsschulbesuch erlernen kann, lautet Modistin. Traditionell wird nämlich unterschieden zwischen Modistinnen, die kunstvolle Kopfbedeckungen – meist für Damen – fertigten und verzierten, und Hutmachern, die sich der eher einfachen, industriell hergestellten Ware widmeten. Die meisten Menschen dürften allerdings eher letztere Bezeichnung kennen.

Bei der Arbeit an Hüten und Stoffkappen müssen Modistinnen äußerst filigran vorgehen. Genau das mag die Essenerin Lina Blümer an dem Beruf.
Bei der Arbeit an Hüten und Stoffkappen müssen Modistinnen äußerst filigran vorgehen. Genau das mag die Essenerin Lina Blümer an dem Beruf. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Hüte sind oft sehr filigran, man muss extrem ordentlich arbeiten“, sagt Blümer über ihren Lehrberuf. Genau das sei es, was ihr an dem Job so gut gefalle. Die Leidenschaft fürs Nähen hat sich die 22-Jährige erhalten. Entsprechend fertigt sie besonders gern Stoffkappen. Auch die Arbeit mit Filz mag sie. Während ihrer Ausbildung hat sie häufig Auftragsarbeiten für Kundinnen und Kunden angefertigt, konnte ab und an aber auch selbst etwas entwerfen – zum Beispiel als Ausstellungs- oder Übungsstück: „Da habe ich immer zuerst viel recherchiert und mich bei anderen Hutmachern umgeschaut.“

Berufsschulunterricht findet nicht mehr in Essen statt

Die Modistinnen-Lehrlinge in Nordrhein-Westfalen sind ein überschaubares Grüppchen. „In meiner Berufsschulklasse waren zuletzt fünf Auszubildende in verschiedenen Lehrjahren“, berichtet Blümer. Die geringe Zahl führte dazu, dass sie nach Düsseldorf verlegt wurden, um dort zusammen mit den Schneider-Azubis zu lernen. Zu Beginn ihrer Lehre wurden Blümer und ihre Kolleginnen allerdings noch am Essener Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg unterrichtet – auch von Ulrike Strelow: „Wir standen dann oft in der ersten Stunde im Geschäft in Rüttenscheid und hatten Materialkunde.“ Gemeinsam mit einer Mitschülerin aus Iserlohn absolvierte sie in diesem Jahr die theoretische und praktische Abschlussprüfung. Bei letzterer galt es, einen Strohhut, eine Kopfbedeckung aus Stoff und einen Filzhut herzustellen.

Und wie geht es nun für Blümer weiter? Sich mit ihrem eigenen Hutgeschäft selbstständig zu machen, kam für die 22-Jährige erst einmal nicht in Frage. „Ich will noch weiter lernen“, sagt sie. Aktuell holt sie ihre Allgemeine Hochschulreife nach, zuvor hatte sie ein Fachabitur gemacht. Danach würde sie gerne noch studieren. Zum Beispiel Kostümbild oder einen Studiengang, der sich mit Textilien beschäftigt: „Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann mal am Theater zu arbeiten.“ Ein neuer Ausbildungsplatz in der Hutmanufaktur Ulrike Strelow ist indes jetzt frei.