Essen. Während das Kartenhaus der Fakt einstürzt, droht Hubert Schulte-Kemper persönliches Ungemach: Schlittert der langjährige Vorstand in die Pleite?

Für ein paar Tage war sie verschwunden: die ganze Fakt-Gruppe – raus aus dem Internet. Glaubt man Insidern, lag dies schlicht daran, dass die Domain-Gebühren nicht bezahlt waren. Eine Panne, die sich noch leicht beheben ließ, was sich von anderen Außenständen dieser Tage nicht sagen lässt. Während im revierweit agierenden Immobilienkonzern weitere Gesellschaften Insolvenz anmelden mussten – acht sind es inzwischen neben der Fakt-„Mutter“ – gehen die Gläubiger von gestern jetzt Unternehmens-Gründer Hubert Schulte-Kemper persönlich an den Geldbeutel. Eine erste Millionen-Klage ist eingereicht, eine zweite droht Anfang Januar zu folgen. Schlittert der Fakt-Gründer in die Pleite?

Zumindest steht eine beängstigend hohe Summe im Raum, um die da zunächst Mitte Januar in Sitzungssaal N 205 vor der 6. Zivilkammer des Essener Landgerichts gestritten werden soll: eine Million Euro. Zuzüglich Zinsen seit Juli.

Schon ab dem dritten der zwölf Monate Laufzeit blieb man die Rate schuldig

Eingeklagt wird der stattliche Betrag durch die Frankfurter creditshelf solutions GmbH, eine 2015 gegründete Plattform zur Kreditvermittlung, die den ehemaligen Vorstandschef der Fakt AG Hubert Schulte-Kemper (hausintern nur „HSK“ genannt) höchstpersönlich zur Kasse bittet. Dieser hatte mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft für ein Darlehen der Fakt AG gebürgt, ein Darlehen, das diese offenbar nicht bediente. Jetzt soll der Vorstandschef blechen.

Große Pläne schmiedete die Fakt-Gruppe auch für das sogenannte „Hansa-Center“ in der Bottroper Innenstadt, bei dem der damalige Fakt-Chef Hubert Schulte-Kemper (links) und Bottrops Oberbürgermeister im September 2021 die Baustelle besichtigten. Am Mittwoch musste auch die dort agierende Fakt-Tochter Insolvenz anmelden.
Große Pläne schmiedete die Fakt-Gruppe auch für das sogenannte „Hansa-Center“ in der Bottroper Innenstadt, bei dem der damalige Fakt-Chef Hubert Schulte-Kemper (links) und Bottrops Oberbürgermeister im September 2021 die Baustelle besichtigten. Am Mittwoch musste auch die dort agierende Fakt-Tochter Insolvenz anmelden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wer bürgt, wird gewürgt“ weiß ja schon der Volksmund, und noch ist nicht ganz klar, warum der Fakt-Gründer, der viele Jahre mit Millionen und Abermillionen jonglierte, sich eines schönen Dezembertags 2021 dazu hinreißen ließ, einen Darlehensvertrag über drei Millionen Euro zu einem Jahreszins von 8,5 Prozent abzuschließen – um dann bereits ab dem dritten der zwölf Monate Laufzeit die monatliche Rate von exakt 261.659 Euro und 35 Cent schuldig zu bleiben. So jedenfalls schildert creditshelf den Sachverhalt.

Wo die Geldgeber Sicherheiten wollten, war HSK mit Bürgschaften schnell bei der Hand

Es macht die Sache dabei nicht gerade übersichtlicher, dass das Darlehen innerhalb kurzer Zeit gleich durch mehrere Firmenbilanzen vagabundierte: abgeschlossen mit der Raisin Bank AG in Frankfurt, übernommen von creditshelf, verkauft an den Amsterdamer Finanzinvestor Anfang B.V. und ein halbes Jahr später durchgereicht an die Obotritia Capital KGaA, auch dies ein Finanzinvestor, diesmal aus Potsdam.

Hausinterne Beobachter sehen in der Suche nach illustren Geldgebern einen weiteren Hinweis darauf, dass der nach außen hin unbeeindruckt auftrumpfenden Fakt-Gruppe schon damals das Wasser bis zum Hals stand. Und es gibt zahlreiche Belege, dass überall dort, wo sich eine Finanzlücke auftat oder Sicherheiten gefragt waren, nicht nur Grundschulden eingetragen, sondern auch persönliche Bürgschaften oder Patronatserklärungen aus dem Hut gezaubert wurden.

Das Ultimatum läuft am 2. Januar aus – danach droht Klage Nummer 2

So wie bei creditshelf. Und so wie bei der luxemburgischen Fasanara Investments SA, deren Anlagefonds ein Fakt-Projekt in Bochum mit einem üppigen Darlehen bedachte, sich dafür aber – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – beim Fakt-Chef absicherte: HSK bürgt hier, wie interne Papiere zeigen, mit 1.156.128 Euro und 2 Cent. Mit der noch in diesem Herbst geplanten Rückzahlung aber haperte es, wie ein Brief der Hamburger Rechtsanwalts-Kanzlei Michow & Ulbricht an die Marler Privatadresse Schulte-Kempers zeigt.

Welche Werte stecken wirklich in den Fakt-Immobilien wie hier dem Ruhrturm in Huttrop, wenn womöglich die Zerschlagung des Unternehmens ansteht? Eine Rechtsanwalts-Kanzlei warnt: Mit deutlichen Abschlägen sei zu rechnen.
Welche Werte stecken wirklich in den Fakt-Immobilien wie hier dem Ruhrturm in Huttrop, wenn womöglich die Zerschlagung des Unternehmens ansteht? Eine Rechtsanwalts-Kanzlei warnt: Mit deutlichen Abschlägen sei zu rechnen. © www.blossey.eu | Luftbildfotograf Hans Blossey

Spätestens bis zum 12. Dezember möge dieser doch den noch ausstehenden Betrag in Höhe von mehr als 550.000 Euro berappen, heißt es da. „Nach fruchtlosem Fristablauf muss ich leider meiner Mandantin zur sofortigen Klageerhebung raten...“ Die Frist, sie verstrich ungenutzt, das Ultimatum wurde gleichwohl noch einmal verlängert: Bis zum 2. Januar soll das Geld nun eingehen, ansonsten „werden wir tatsächlich Klage einreichen müssen, die weitere Kosten verursacht“.

Eine Kanzlei lehnt das Mandat ab: zu unübersichtlich die Lage, zu verworren das Dickicht

Ob noch weitere Gläubiger mit Bürgschaften auf der Matte stehen, wie viele und mit welcher fälligen Forderungshöhe, muss einstweilen offen bleiben. Fakt ist: Allein einem Hamburger Geschäftsmann gegenüber gaben Schulte-Kemper und ein weiteres Vorstandsmitglied noch im Mai dieses Jahres eine gemeinsame Patronatserklärung über bis zu 16 Millionen Euro ab.

Sind also die eingereichte Klage von creditshelf und die angedrohte von Fasanara erst der Anfang? Eine auf Insolvenzfälle spezialisierte Anwaltskanzlei aus dem westlichen Münsterland, lehnte dem Vernehmen nach das Mandat, für HSK aufzutreten, ab: zu unübersichtlich die Lage, zu verworren das Dickicht aus Firmen und Rechtsbeziehungen, Bürgschaften und Haftungen zwischen dem Fakt-Chef von einst und dem Privatmann Hubert Schulte-Kemper.

Im Falle der Zerschlagung werden die Millionen-Werte der Immobilien deutlich gestutzt

Klar sei nur dies: Für die Vielzahl von Immobilien ergäben sich im Insolvenz- und Krisenfall Bewertungen deutlich unter jenen Zahlen, die bei einer Fortführung des Geschäftsbetriebs im Raum stünden, schreibt der angefragte Rechtsanwalt: „Hier sind Zerschlagungswerte anzusetzen und die Prämisse ist die kurzfristige Beschaffung von Liquidität“, erhebliche Abschläge seien also wahrscheinlich.

Dazu gab die Kanzlei HSK den dringenden Rat, die Frage der Insolvenz auch für seine private HSK Finanzmanagement GmbH einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Es könnte sonst noch teurer werden für Schulte-Kemper, auch mit Blick auf den möglichen Vorwurf der Insolvenzverschleppung.

Immerhin, den Tipp gab’s – „entgegenkommenderweise“ – kostenlos.