Essen. Die Auslieferung von Tablet-Computern an Essener Schulen ist abgeschlossen: Alle Kinder und Jugendlichen haben jetzt ein Gerät.

An den Schulen im Essener Stadtgebiet hat mittlerweile jede Schülerin und jeder Schüler einen Tablet-Computer (iPad). Die Stadt Essen hat die Auslieferung von etwa 70.000 Geräten für insgesamt 26.67 Millionen Euro abgeschlossen.

Das Geld stammt aus unterschiedlichen Fördertöpfen; die flächendeckende Ausstattung machte zuletzt ein EU-Programm möglich. Zuvor waren bereits bedürftige Kinder und Jugendliche mit den Apple-Tablets ausgestattet worden – als direkte Reaktion auf die „Homeschooling“-Phasen während der Corona-Pandemie, in denen sichtbar wurde, wie schlecht vor allem ärmere Haushalte mit digitalen Endgeräten ausgestattet sind.

„Eins-zu-Eins-Ausstattung“ ist gelungen

„Dem Schulträger ist es gelungen, eine Eins-zu-Eins-Ausstattung der Schülerinnen und Schüler aller allgemeinbildenden Schulen sowie der allgemeinen Bildungsgänge der Berufskollegs zu erreichen“, heißt es aus dem Alfred-Krupp-Schulmedienzentrum (AKSMZ), das die Beschaffung und Verteilung der Geräte organisiert hatte. „Die Verteilung der aktuellen Geräte wurde nach den Sommerferien gestartet und bis Ende November komplett abgeschlossen.“ Teilweise seien vier Schulen am Tag beliefert worden.

„Im Vergleich zu anderen Städten steht Essen sehr gut da, was die Verteilung der Geräte angeht“, lobt entsprechend Berthold Urch, Leiter des Alfred-Krupp-Gymnasiums in Holsterhausen und Sprecher der Leiter der Gymnasien in Essen.

Digitalisierung ist offiziell ein Bildungsauftrag der Schulen in NRW

Urch weist darauf hin, dass NRW im März als erstes Bundesland die Digitalisierung ins Schulgesetz geschrieben hat – als unumstößlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag. „Gleichwohl müssen die Schulen die Konzepte, wie man Tablets in den Unterricht einbauen kann, noch entwickeln. Der vernünftige Umgang mit den Geräten stellt die Schulen im Alltag vor neue Herausforderungen.“

So berichten einige Schulleiter hinter vorgehaltener Hand, dass die Geräte die Atmosphäre im Klassenzimmer entscheidend verändern – und zwar nicht nur zum Guten. „Jeder starrt nur noch auf seinen Bildschirm, es findet kaum noch Diskussion und Kommunikation statt“, bemängelt eine erfahrene Pädagogin. Andererseits sorgen die Geräte bisweilen für Ablenkung und machten die Konzentration auf Unterrichtsinhalte schwierig.

Darüber hinaus fehlt es überall an kundigen Lehrerinnen und Lehrern, die selbst die technische Handhabbarkeit dauerhaft sicherstellen könnten. „Mit der Umsetzung“, klagt der Leiter einer Realschule im Essener Norden, „werden wir weitgehend alleingelassen, vor allem bei der dünnen Personaldecke.“

Frank Witzke, Leiter der Gesamtschule Holsterhausen, und Sprecher der Gesamtschul-Leiter in Essen, ergänzt: „Schulintern sind die Herausforderungen bestimmt maßgeblich davon abhängig, ob und wie viele Experten für die notwendigen administrativen Tätigkeiten vor Ort sind. Abgesehen davon sind die Schulen natürlich auch gut beraten gewesen, wenn sie sehr rechtzeitig auch die Fortbildungsmöglichkeiten der Schulen genutzt haben und noch nutzen.“

Schulen mit „iPad-Jahrgängen“, Konzepte binden Schüler ein

Viele Schulen sind schon lange damit beschäftigt, die Geräte regelhaft einzubinden – Helmholtz- und Maria-Wächtler-Gymnasium richteten sogar ganze Klassen oder Jahrgänge ein, in denen die Schülerinnen und Schüler mit Geräten ausgestattet wurden, noch bevor das EU-Förderprogramm für eine flächendeckende Verteilung von iPads an alle sorgen konnte. Die Einführung der Tablets war verbunden mit einem entsprechenden „Führerschein“, den die Schüler erst machen mussten, und der Umgang mit dem Gerät wurde strukturiert geübt. Am Leibniz-Gymnasium in Altenessen werden kundige Schülerinnen und Schüler gezielt als Informatikhelfer und Medienscouts eingesetzt.

Viele Pädagogen berichten darüber hinaus, dass die iPads Schülerinnen und Schüler erkennbar dazu motivieren, sich mit digital aufbereiteten Unterrichtsinhalten zu beschäftigen – anders als die althergebrachten Bücher.

Die iPads, die die Schüler von der Stadt dauerhaft ausgeliehen haben und dafür – mit den Eltern – einen Nutzungsvertrag unterschreiben mussten, haben viele grundlegende Voreinstellungen, die unter anderem das unkontrollierte Downloaden von Spielen oder anderen unerlaubten Apps unmöglich machen soll. Praktiker berichten aber, dass findige Schülerinnen und Schüler sehr schnell technische Sperren umgehen können. Permanente Ortung und die Einbindung ins städtische Netzwerk sollen Diebstähle verhindern. Tatsächlich ist seit den ersten Auslieferungen der Geräte an Schülerinnen und Schüler die Zahl der gestohlenen oder komplett zerstörten Geräten ausgesprochen überschaubar – damals 50 Fälle bei 20.000 Geräten im Jahr 2021.