Essen. Ukrainische Rockband hat Kultstatus. In Essen hatte das Publikum trotz aller Probleme im Heimatland aber auch Lust, richtig Party zu machen.
Ein Meer blau-gelber Fahnen, die sich zahlreiche Menschen am Einlass zur Grugahalle um die Schultern gelegt hatten, signalisierte schon vor Konzertbeginn, dass es an diesem Abend nicht nur um Musik gehen würde. „Okean Elzy“, die 1994 in Lwiw gegründete ukrainische Rockgruppe mit absolutem Kultstatus, hat im Rahmen ihrer „Help for Ukraine“-Tour vor rund 4000 begeisterten Fans in Essen ein Konzert gegeben. Politik, Pathos, Patriotismus und Party verschmolzen dabei zu einer emotionalen Gemengelage mit besonderer Dimension.
Die Atmosphäre glich ein wenig früheren U2-Konzerten, bei denen Sänger und Weltverbesserer Bono auch immer ein politisches Mandat übernommen hatte. In der Tat ist Okean Elzy-Frontmann Swatoslaw Wakartschuk, der auch promovierter Physiker ist, als UN-Botschafter des Friedens tätig. Und als Gründer der ukrainischen Partei „Stimme“ hat er auch im Parlament Einfluss. Die Erlöse der Tour werden für durch den Krieg traumatisierte Kinder sowie für medizinische Einrichtungen in der Ukraine gespendet.
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In „Ecceh“ (Essen) lag der Fokus, neben den aktuellen Kriegsfolgen für die Bevölkerung, aber auch auf einem selbstbewussten Bekenntnis zu Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine sowie einem solidarischen Schulterschluss von Flüchtlingen und Exilanten.
Die Musik von „Okean Elzy“ erinnert bisweilen an Bob Dylan oder auch an BAP
Musikalisch bereitet die Band, in der gleich vier Gitarristen den Sound zwischen Classic-Rock und Rock-Pop bestimmen, die perfekte Umgebung für den lässig und zugleich charismatisch agierenden Sänger „Slawa“ Wakartschuk. Die Musik erinnert bisweilen an einen rockiger und flächiger intonierten Bob Dylan, auch Vergleiche zu BAP drängen sich auf. Dabei werden häufig Folk-Elemente in die Songs eingewoben. Es fallen aber auch klangliche Ähnlichkeiten zum Italo-Rock auf, zumal Wakartschuks kräftige Stimme, mal leicht, mal schwer angeraut, stark der von Zucchero ähnelt.
Die Probleme im Heimatland halten das Publikum nicht davon ab, mitsingend richtig Party zu machen. „Tanzen!“ kommt auf deutsch die Aufforderung von Wakartschuk, der auch sofort Folge geleistet wird. Auch die sechsjährige Arnaja, im blauen Kleidchen und die Zöpfe von zwei blau-gelben Spangen gehalten, zappelt entfesselt auf den Schultern ihrer Mutter und klatscht im Takt. „Das Konzert ist einfach großartig, ich genieße die überwältigende Stimmung“, schwärmt Anna. Die 14-Jährige ist mit Eltern und zwei Geschwistern gekommen. „Ich liebe die Band, ich kenne sie schon seit Ewigkeiten“, sagt Timor aus Amsterdam. „Das ist doch keine Entfernung für so einherausragendes Ereignis“, so der 48-Jährige.
„Vse bude dobre“ heißt auf deutsch „Alles wird gut“
„Danke Essen, danke Deutschland“ wiederholt Wakartschuk sichtlich bewegt immer wieder. „Vse bude dobre“ heißt die letzte Zugabe, auf deutsch „Alles wird gut“.