Essen-Altenessen. Im Umkreis einer Essener Grundschule wird es im kommenden Jahr Elterntaxi-Haltestellen geben. Von dort laufen Kinder. Das steckt dahinter.
Die Bückmannshofschule in Altenessen kämpft seit Jahren mit Elterntaxis. Ein Problem, das sämtliche Grund- und zum Teil auch weiterführende Schulen in Essen und anderen Städten umtreibt. „Die Eltern wollen ihre Kinder zur Schule fahren“, weiß Sabine Barkhoff-Pleines, Leiterin der Montessorischule. Viele kommen aufgrund dieses Konzeptes nicht aus der unmittelbaren Umgebung, sondern auch aus anderen Stadtteilen – mit dem Auto. Als Folge verstopfen die Eltern allmorgendlich die Straße direkt an der Schule, es kommt zu gefährlichen Situationen und Anwohner sind verärgert und beschweren sich. Die Schulleiterin erzählt, dass es erst kürzlich beim Martinsumzug wieder Anwohner-Beschwerden gegeben hätte.
Schulexpress-Haltestellen dienen als Treffpunkte
Das soll im kommenden Jahr ein Ende haben, denn dann startet der Schulexpress – ein Projekt, dass in anderen Städten Deutschlands bereits erfolgreich umgesetzt wurde. Die Idee: Um die Grundschule herum werden fünf gut sichtbare Haltestellen eingerichtet, von denen die Kinder maximal 15 Minuten zu Fuß zur Schule gehen. Die Haltestellen dienen als Treffpunkte für Kinder, die in Kleingruppen zur Schule laufen wollen und in der Nähe einer Haltestelle wohnen. Und wenn der Schulweg doch etwas länger ist, können die Treffpunkte auch als Elternhaltestelle genutzt werden. In dem Fall bringen Eltern ihre Kinder mit dem Auto dorthin und die Kinder laufen den restlichen Weg zur Schule.
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Seit Anfang des Jahres wird die Schule bei der Umsetzung von Schulexpress-Organisatorin Verena Nölle begleitet, die das Projekt bereits in verschiedenen Bundesländern umgesetzt hat und für ihren Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Mit im Boot sind auch Bezirksvertretung und Stadt, Polizei sowie die Eltern der rund 220 Schüler und Schülerinnen.
Das kostet der Schulexpress
Die Umsetzung des Schulexpress-Projektes kostet nach Angaben der Schulleiterin einmalig 4200 Euro. Davon bezahlt werden unter anderem die Beratung, Schilder und Flyer. Wenn das Projekt einmal läuft, kostet es nichts mehr.
Die Bückmannshofschule wurde bei der Umsetzung unter anderem von der Bezirksvertretung, dem Förderverein und Lidl unterstützt. Weitere Infos: www.schulexpress.de
Der größte Teil der Organisation ist jetzt abgeschlossen und am Mittwoch, 3. Mai 2023, soll der Schulexpress starten. Barkhoff-Pleines erklärt, dass es dann morgens hell ist und die Erstklässler schon echte Schulkinder sind. An diesem Tag werden sich die Kinder erstmals an den Haltestellen sammeln, die durch ein spezielles Schild erkennbar sind. „Stehen, sehen und miteinander gehen“ heißt es darauf. Zu finden sind die Haltestellen voraussichtlich auf Parkplätzen am Kaiser-Wilhelm-Park, an der Krabler- und Altenessener Straße (Höhe Pielstickerstraße), an der Gladbecker Straße südlich der Kreuzung Vogelheimer Straße und am Janstweg. Letzte Absprachen mit der Stadt laufen diesbezüglich nach Angaben von Barkhoff-Pleines noch. Außerdem sollen einige Ampelphasen noch angepasst werden.
Schulexpress in Essen wird zwei Wochen lang von Eltern begleitet
Die Schulleiterin hofft, dass Gruppen von sechs bis acht Kindern sich von dort auf den Weg zur Schule im Bückmannshof machen. Zu Beginn sollen sie noch von Eltern begleitet werden, nach zwei Wochen gilt: „Ihr schafft das.“ Verena Nölle: „Kinder, die zur Schule gehen, sind alt genug, um in aller Regel ihren Schulweg alleine zu bestreiten.“ Sie plädiert explizit dafür, auch bei schlechtem Wetter den Schulexpress zu nutzen: Gerade dann sei der Fußweg zur Schule und zurück oft die einzige Bewegung an der frischen Luft. Zum Start ist zudem ein Verkehrs-Projekttag geplant, an dem die Kinder für Gefahren im Straßenverkehr, wie etwa den toten Winkel bei Lkw, sensibilisiert werden sollen.
„Der Schulexpress ist ein Angebot“, sagt Barkhoff-Pleines wohlwissend, dass manche Eltern ihre Kinder trotzdem bis ins Klassenzimmer bringen wollen und werden. Aber: „Jedes Kind mehr, das zur Schule läuft, ist ein Erfolg.“ Nicht nur die Verkehrssituation an der Schule entspannt sich im besten Fall, sondern auch die Kinder selbst: Schulexpress-Erfahrungen aus den anderen Bundesländern haben laut Nölle gezeigt, dass Kinder, die ihn nutzen, ausgeglichener und konzentrierter sind, da sie vor und nach der Schule Bewegung und Sauerstoff tanken. Bewegung wirke sich zudem positiv auf Krankheiten und Körperkoordination aus – Kinder, die zur Schule laufen, sind aktiver. Weitere Vorteile: Die Welt werde intensiver wahrgenommen und erlebt. Auch Details auf dem Schulweg würden aktiv erlebt. Dies fördere die geistige Entwicklung. Ein Schulweg, der von Kindern allein zurückgelegt wird, stärke das Selbstbewusstsein und diene als praktische Verkehrserziehung.
Ein Modell, das sich andere Essener Schulen abgucken können? Die Schulleiterin erklärt: „Uns ist der Schulexpress wichtig und wir machen es zunächst für unsere Schule. Aber wir freuen uns, wenn andere das Projekt übernehmen.“